Die Berater des Stürmers, der den BVB zum 4:1-Sieg über Real Madrid schoss, sprechen von Abschied. Doch Clubchef Watzke will standhaft bleiben.

Dortmund. Von ungetrübter Freude über den historischen Triumph und das Vier-Tore-Spektakel von Robert Lewandowski konnte wahrlich keine Rede sein. Unliebsame Nachrichten über den drohenden Verlust eines weiteren Leistungsträgers brachten die Dortmunder um die Chance, das famose 4:1 über Real Madrid gebührend auszukosten. Demnach soll nicht nur Mario Götze, sondern auch Lewandowski in diesem Sommer nach München wechseln. Verärgert sprach Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke via „Sky“ ein Machtwort: „Diese Störfeuer aus anderen Teilen der Republik interessieren uns nicht. Anders als Mario hat Robert keinen Exit im Vertrag.“

Wie schon einen Tag vor dem Champions-League-Halbfinale gegen den spanischen Rekordmeister überschlugen sich auch am Tag danach die Ereignisse. „Robert Lewandowski spielt in dem großen Verein Borussia Dortmund, und Robert wird in einem noch größeren Verein spielen. Einem noch besseren als Borussia Dortmund. Die Funktionäre von Borussia Dortmund wissen, wo er spielen wird“, sagte Lewandowski-Manager Cezary Kucharski im staatlichen polnischen Nachrichtensender „TVP Info“. Angeblich liegt eine 25-Millionen-Euro-Offerte vor.

Kucharski-Mitarbeiter Maik Barthel ließ „Spiegel Online“ mitteilen: „Es gibt ein sehr interessantes Angebot für Robert, welches den vom BVB auferlegten Kriterien in vollem Umfang entspricht. Der BVB hat uns zugesichert, dass Robert unter diesen Bedingungen am Ende der Saison wechseln darf. Wir halten uns an Absprachen. Nun müssen die Vereine für Klarheit sorgen.“

Doch so leicht wie bei Götze, dessen Klausel im Vertrag den Transfer für 37 Millionen Euro ermöglichte, wird es der FC Bayern diesmal nicht haben. Watzke will hart bleiben und die Freigabe verweigern: „Es ist mein expliziter Wunsch, dass Robert auch in der kommenden Saison bei uns spielt. Dafür verzichten wir auch auf eine Ablösesumme.“ Eine erste Stellungnahme von Ausnahmestürmer Lewandowski zu den jüngsten Spekulationen klang jedoch nicht nach einem Treuebekenntnis: „Ich sage gar nichts. Was nach der Saison passiert – da müssen wir noch ein bisschen warten.“

Wie schmerzlich der Verlust von Lewandowski für den BVB wäre, wurde in der magischen Fußball-Nacht am Mittwoch deutlich. Binnen 59 Minuten wurde der Angreifer mit vier Treffern (8./50./55./67./ Foulelfmeter) endgültig zum „Tor-Titanen“ und stieß so die Tür zum möglichen deutschen Finale gegen den FC Bayern in Wembley weit auf. An ein ähnlich erfolgreiches Spiel konnte sich der von den Fans auf den Tribünen in Sprechchören gehuldigte Matchwinner nicht erinnern: „Ich denke, das war das erste Mal. Und dann im Semifinale der Champions League – geil.“

Lewandowski gehört damit dem erlesenen Kreis jener neun Spieler an, denen dieses Kunststück in dem Wettbewerb ebenfalls gelang. Nur einer war bisher besser: Weltfußballer Lionel Messi, der im März 2012 beim 7:1 von Barcelona über Leverkusen fünf Mal getroffen hatte. Die One-Man-Show versetzte nicht nur das Publikum, sondern auch Trainer Jürgen Klopp in Euphorie: „Allein das 3:1 von Lewi war jeden Cent wert, den Sky und das ZDF für die Übertragungsrechte zahlen.“

Nur zwei Wochen nach dem „Wunder von Dortmund“, als die Borussia beim 3:2 über Malaga mit zwei Treffern in der Nachspielzeit den Viertelfinal-Knockout abwendete, erlebte der BVB erneut Verwunderliches. Dank einer famosen zweiten Spielhälfte schuf er eine fast perfekte Ausgangslage für das Rückspiel am kommenden Dienstag in Madrid. Mit leuchtenden Augen stimmte Klopp eine Lobeshymne auf sein Team an: „Selbst wenn es in Madrid noch schiefgehen sollte, diesen Tag kann uns keiner mehr nehmen. Er wird definitiv in die Vereinsgeschichte eingehen.“

Wie schon der FC Bayern 24 Stunden zuvor beim famosen 4:0 über den FC Barcelona demütigte auch der BVB ein spanisches Spitzenteam. Derzeit spricht viel für ein deutsches Champions-League-Finale in Wembley. „Real erhält eine Tracht Prügelowski“, schrieb die spanische Zeitung „Marca“. Und auch das polnische Blatt „Gazeta Wyborcza“ huldigte Lewandowski: „Der unREALe Lewandowski – vier Tore im Halbfinale der Champions League gegen den am meisten mit Titeln versehenen Club der Welt. Das schafften weder Messi noch Ronaldo.“

Trotz denkbar ungünstiger Voraussetzungen spielte der auch in der elften Champions-League-Partie unbezwungene BVB das spanische Starensemble um die deutschen Nationalspieler Mesut Özil und Sami Khedira in den zweiten 45 Minuten an die Wand. Ganz so, als hätte es das Tohuwabohu um den erst einen Tag zuvor bekanntgewordenen Wechsel von Mario Götze im Sommer zum FC Bayern nie gegeben. „Warum sollten wir uns so eine Chance kaputt machen lassen, nur weil jemand eine Information nicht für sich behalten konnte“, sagte Außenverteidiger Marcel Schmelzer.

Einzig der Gegentreffer von Cristiano Ronaldo (43.) zum zwischenzeitlichen 1:1 trübte die Freude ein wenig. Ein kapitaler Abwehrfehler von Nationalspieler Mats Hummels, der als einziger Borusse weit unter Normalform blieb, brachte Dortmund um das perfekte Ergebnis. Nicht zuletzt deshalb warnte Geschäftsführer Watzke vor verfrühter Euphorie: „Noch ist nichts entschieden. Wir haben die Tür zum Finale zwar weit aufgestoßen, müssen aber erst noch durchrutschen.“ Watzke stimmte alle Beteiligten auf ein weiteren Kraftakt im Stadion Bernabeu ein: „In sechs Tagen wird die Welt neu definiert.“