BVB-Juwel Götze wechselt für 37 Millionen Euro nach München. Der Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Transfers vor den Champions-League-Spielen ist allerdings unglücklich gewählt.

München. Bayern München und Borussia Dortmund stehen vor den wohl größten Spielen in der laufenden Saison. Der deutsche Meister versucht in der Champions League auf dem Weg ins Finale Barcelona auszuschalten, der BVB kämpft mit Real Madrid um den Einzug in das Endspiel der Königsklasse. Doch am Tag des Halbfinal-Hinspiels der Bayern (20.45 Uhr/Sky und im Liveticker auf abendblatt.de) spricht Fußball-Deutschland überwiegend über ein Thema: den spektakulären Wechsel von BVB-Juwel Mario Götze zum deutschen Rekordmeister.

+++ Götze vereint alles: Neuner, Zehner und Messi-Gen +++

Einen ungünstigeren Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Transfers hätte es besonders für Borussia Dortmund nicht geben können, dementsprechend verärgert äußerte sich BVB-Trainer Jürgen Klopp: „Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist nicht günstig“, sagte er auf einer Pressekonferenz einen Tag vor dem Halbfinal-Hinspiel der Champions League gegen Real Madrid. „Wer immer es gewollt hat, dass unsere Vorbereitung gestört wird, wird keinen Erfolg haben“, fügte er hinzu.

Allerdings hat er generell Verständnis, dass der 20-jährige Ausnahmefußballer Götze eine Ausstiegsklausel in seinem Vertrag nutzt. „Wir haben auch vor einem Jahr Marco Reus von Borussia Mönchengladbach für eine festgelegte Ablösesumme geholt. Er hat danach auch noch gute Spiele für Gladbach gemacht“, meinte Klopp. „Wenn wir damit gut umgehen, wird uns Mario helfen, unsere Ziele zu erreichen.“ Der Weggang von Götze sei enttäuschend. „Die Zeit heilt nicht alle Wunden, aber sie hilft beim Heilen auf jeden Fall“, sagte der BVB-Coach.

Götze wird Dortmund für die festgeschriebene Ablösesumme von 37 Millionen Euro Richtung München verlassen und dort einen Vertrag bis 2017 unterschreiben. „Der FC Bayern ist bereit, die zwischen Borussia Dortmund und Mario Götze vereinbarte Ausstiegsklausel zu erfüllen“, teilte der deutsche Rekordmeister mit. BVB-Boss Hans-Joachim Watzke zeigte sich unterdessen enttäuscht, dass "sich bis zum heutigen Tag in dieser Angelegenheit kein Offizieller des FC Bayern bei uns gemeldet hat“.

Götze galt als unverkäuflich

2011 war Götze für Watzke noch unverkäuflich. Für „kein Geld der Welt“ werde der Junge hergegeben, versicherte der Geschäftsführer von Borussia Dortmund. Das war im September 2011, der FC Arsenal hatte da gerade 40 Millionen Euro geboten. Nur ein paar Monate später, im April 2012, verlängerte Götze vorzeitig seinen Vertrag bis 2016, doch seitdem war „kein Geld der Welt“ nur noch die festgeschriebene Ablösesumme von 37 Millionen Euro. „Wir hätten ihn gerne behalten. Ohne die Ausstiegsklausel hätte Mario bei uns nicht verlängert“, erklärte Klopp.

Der FC Bayern München kann „kein Geld der Welt“ problemlos bezahlen. Im Sommer hat der FC Bayern 40 Millionen Euro in Javi Martinez investiert und den teuersten Spieler der Bundesliga verpflichtet. Nun kommt der teuerste Transfer innerhalb der Bundesliga dazu - und es darf als gesichert gelten, dass Götze ein Wunschspieler von Pep Guardiola ist, der im Sommer Trainer beim FC Bayern wird. Und noch steht zudem im Raum, dass auch Robert Lewandowski von Dortmund nach München wechselt, allerdings, beteuerte Watzke am Dienstag erneut, werde das nicht in diesem Sommer passieren.

Vor einem Jahr, als er seinen Vertrag verlängert hatte, sagte Götze im typischen Bundesliga-Jargon, jeder wisse, wie wohl er sich in Dortmund fühle, und er wolle weiter Teil dieser Entwicklung sein, die da bei der Borussia vor sich gehe. Nun allerdings denkt Götze, den Franz Beckenbauer mal als „neuen Messi“ bezeichnet hat, an die ganz persönliche Entwicklung. Er wird in München mehr verdienen als in Dortmund, er wird aber auch für einen Trainer spielen, unter dem sich Messi zum „Weltfußballer“ entwickelt hat.

Bei Borussia Dortmund wirkten sie am Dienstagvormittag vor dem Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid am Mittwoch ein wenig verstört, nachdem die „Bild“ den sensationellen Transfer über Nacht publik gemacht hatte. Bei aller Enttäuschung stellte Watzke freilich auch klar, dass sich Götze „absolut vertragskonform“ verhalten habe bei seinem Wechsel. Trainer Jürgen Klopp ergänzte auf der Pressekonferenz: „Mario ist der Wunschspieler von Pep Guardiola. Und es ist für ihn die Chance, mit einem außergewöhnlichen Trainer zusammenzuarbeiten.“ Außerdem sprach der BVB-Coach von einer „Jetzt-erst-recht-Situation“ für sein Team.

Bayern wollte den Transfer noch nicht publik machen

Der FC Bayern wurde vom Bekanntwerden des Wechsels allerdings auch überrascht. Geplant war eine Publikmachung am Donnerstag oder Freitag, also erst nach den Spielen des FC Bayern und der Dortmunder in der Champions League. Bis zum Rückspiel der Borussia gegen Real Madrid am kommenden Dienstag hätten die Münchner aber nicht warten wollen und können - die Ausstiegsklausel im Vertrag von Götze musste bis zum 30. April gezogen werden. Was für ein Juwel da in Dortmund spielt, das war den Münchnern bald klar.

Spätestens wohl seit Götze, schon für die deutsche U15, U16 und U17 aktiv, am 10. August 2011 einen reichlich denkwürdigen Auftritt für die A-Nationalmannschaft hatte: Beim begeisternden 3:2 gegen Brasilien in Stuttgart spielte der damals 19-Jährige erstmals von Beginn an, ein Tor und 90 Minuten später bekam er das Etikett: „Götzinho - der weiße Brasilianer“. Matthias Sammer bezeichnete ihn als „Jahrhundertalent“. Jener Matthias Sammer ist mittlerweile Sportvorstand beim FC Bayern. Er hält sich dezent im Hintergrund, aber er wäre wohl ein schlechter Sportvorstand, beschäftigte er sich nicht in Abstimmung mit Guardiola auch schon mit der kommenden Saison.

Für das offensive Mittelfeld hat der neue Trainer nun bereits ein Überangebot: Götze, Franck Ribery, Arjen Robben, Thomas Müller, Xherdan Shaqiri und den derzeit verletzten Toni Kroos. Der Konkurrenzkampf wird noch härter werden in München, und vielleicht wird ja auch jemand gehen. In Götze bekommen die Münchner einen Verehrer. Der kleine Mario, geboren am 3. Juni 1992, aufgewachsen mit zwei Brüdern in Memmingen im Allgäu, spielte nach einem berufsbedingten Umzug des Vaters seit dem neunten Lebensjahr für Dortmund - geschlafen aber hat er früher in Bettwäsche vom FC Bayern, wie Opa Willi mal verriet. Der Opa hat auch gesagt, „es ist meine größte Hoffnung, dass er bloß nicht zu den Bayern geht. Was will er da?“ Auch das sind allerdings Aussagen aus dem August 2011.