Der Schwergewichts-Boxprofi gewinnt seinen “Neubeginn“ in der CU-Arena nur mit Mühe. Dennoch hofft er auf schnelle EM-Chance.

Hamburg. Vanja Dimitrenko wollte nicht mehr zuschauen. Die Hände, eben noch für ein Stoßgebet gefaltet, verdeckten ihr Gesicht, und wer sie so sitzen sah in der ersten Reihe, der konnte die Belastung erahnen, die die 27-Jährige ertragen musste, während sie dem Treiben im Ring zusah. Dort stand Alexander Dimitrenko und hatte seine Hände ebenso wenig unter Kontrolle wie seine Ehefrau. Drei Runden lang hatte der ehemalige Europameister im Schwergewicht gegen den Kroaten Ivica Perkovic, 38, seine Arbeit sehr ordentlich verrichtet. Aufbauend auf einem schnellen Jab hatte er versucht, mit der rechten Schlaghand Druck zu erzeugen. "Wenn ich nur die ersten drei Runden betrachte, dann würde ich ihn sofort gegen Wladimir Klitschko antreten lassen", sollte Dimitrenkos US-Trainer Tommy Brooks nach dem einstimmigen Punktsieg sagen.

Profiboxkämpfe dauern jedoch selten nur drei Runden. Jener als Neubeginn für den 30 Jahre alten Hamburger proklamierte Aufbaukampf war auf acht Durchgänge angesetzt. In der vierten Runde erwischte Perkovic Dimitrenko mit einem Kopfhaken, der den Zweimeterhünen taumeln und auf die Knie gehen ließ. Der gewohnt souveräne Hamburger Ringrichter Timo Habighorst zählte ihn an, und es war das Glück des gebürtigen Ukrainers, dass die Runde anschließend beendet war.

Aus dem Rhythmus hatte ihn der Niederschlag dennoch gebracht. In der zweiten Kampfhälfte stand Perkovic ein anderer Mann gegenüber; einer, der die in den ersten drei Runden ausgestrahlte Dominanz völlig vermissen ließ, der in alte Fehler zurückfiel und sich auf das Niveau seines höchstens durchschnittlichen Kontrahenten herunterziehen ließ. "Nach dem Niederschlag bin ich fest geworden, wollte es ihm heimzahlen und ihn mit einem Schlag ausknocken. Diese Fehler darf ich nicht mehr machen, deshalb kann ich nicht zufrieden sein", gab Dimitrenko ehrlich zu.

Weil er sie aber immer noch macht, ist dieser Alexander Dimitrenko, der vor ein paar Jahren als der kommende Star des Schwergewichts galt, derzeit nur einer von vielen, die auf den Durchbruch hoffen. Deshalb muss er, anstatt in großen Hallen und vor millionenstarkem TV-Publikum, in der Diaspora boxen wie am Sonnabend, als rund 500 Zuschauer in der CU-Arena am S-Bahnhof Neugraben und rund 50.000 Nutzer auf der Internetseite boxen-heute.tv seine Bemühungen live erlebten. Es war die Premiere der ITS Promotion, die sich als Veranstalter versteht und die Plattform zur Verfügung stellt. Die Boxer bezahlen sogar ihre Gegner selbst.

Natürlich hofft Dimitrenko, dass er bald bessere Angebote erhält. Ein Rückkampf gegen den Bulgaren Kubrat Pulev vom Berliner Sauerland-Team, der ihm im vergangenen Jahr den EM-Titel entrissen hatte, wäre sein Wunsch. Er hält es für möglich, schon im Mai gegen Pulev anzutreten. "Gegen starke Gegner boxt man besser als gegen schwache", sagte er in der Nacht zu Sonntag, als der vorangegangene Auftritt eher den Eindruck verstärkt hatte, dass ihm ein, zwei weitere Aufbaukämpfe gut täten. Trainer Brooks war es deshalb vorbehalten, die Situation passend zu analysieren. "Auf einer Skala von eins bis zehn liegt er derzeit bei vier. Wir haben noch sehr viel Arbeit und werden deshalb nach drei Wochen Urlaub ins Gym zurückkehren", sagte er.

Alexander Dimitrenko ist am Montag (20.15 Uhr) Gast in der Hamburg-1-Sportsendung "Rasant"