Der Deutscher Tennis-Bund zieht die Bewerbung für die Neuordnung des Rothenbaum-Turniers zurück. Direktor Michael Stich zeigt sich davon irritiert.

Hamburg. Die Pressemitteilung, die der Deutsche Tennis-Bund (DTB) am Mittwochmittag verschickte, umfasste nur wenige Sätze und war dennoch voller Brisanz. Man habe, hieß es in der Verlautbarung des Verbands, die zum Jahreswechsel bei der Herrentennis-Organisation ATP abgegebene Bewerbung um ein Rasenturnier am Hamburger Rothenbaum zurückgezogen. "In Gesprächen mit unserem Vertragspartner Michael Stich war kein Ansatz für eine einvernehmliche Lösung erkennbar", begründete DTB-Präsident Karl-Georg Altenburg die Entscheidung. "Wir stehen zu unseren Verträgen, deshalb können wir unsere Bewerbung ohne die Unterstützung des Partners nicht aufrecht erhalten."

Stich, Turnierdirektor am Rothenbaum und mit seinen Partnern von der Agentur HSE seit 2009 als Ausrichter tätig, zeigte sich vom Inhalt der Pressemitteilung und den darin enthaltenen Vorwürfen gegen seine Person überrascht. Am 26. Februar habe es auf sein Betreiben ein 90-minütiges Vieraugengespräch mit Altenburg in Frankfurt am Main gegeben. "Dort ist mir zugesagt worden, dass man uns ein Konzept für ein Rasenturnier vorlegen würde, das wir seit Monaten erbeten hatten", sagt er, "stattdessen erfahre ich heute, dass die Bewerbung zurückgezogen wird".

Zudem weise er die Vorwürfe, er habe einer einvernehmlichen Lösung im Weg gestanden, ausdrücklich zurück. "Ich habe immer gesagt, dass wir uns keiner Zukunftsvision verschließen. Allerdings wollen wir als Geschäftspartner des DTB wissen, wie wir bei einer Neuordnung eingebunden oder entsprechend abgefunden werden sollen. Das ist nie passiert", sagte er. Dass der DTB nun unterstreiche, dass er zu seinen Verträgen stehe, klinge wie ein Hohn. "Dass sie das nicht tun, haben sie doch gezeigt, als sie sich ohne unsere Zustimmung bei der ATP beworben haben, obwohl wir unsere Option bis 2018 fristgerecht gezogen hatten."

Hintergrund der Überlegungen des DTB war die Absicht der ATP, eine Rasenturnier-Serie vor dem Grand-Slam-Turnier in Wimbledon zu etablieren, das von 2015 an um eine Woche auf Anfang Juli nach hinten verschoben wird. Dadurch wird zwischen den French Open in Paris und dem Londoner Event eine Woche frei. Mit Gstaad (Schweiz), s'Hertogenbosch (Niederlande) und Stuttgart stehen drei Bewerber für ein großes Rasenturnier fest. Der DTB will nun Stuttgart unterstützen.

Stichs Argumentation, in Hamburg am Status quo festzuhalten, basiert auf der positiven Entwicklung, die das Turnier unter seiner Ägide genommen hat. Eine wirtschaftliche Verbesserung durch die Umstellung auf Rasen könne er nicht erkennen. Zwar sei ein Turnier im Juni möglicherweise zuschauerträchtiger als mitten in den Sommerferien wie derzeit, dagegen stünden jedoch die Investitionskosten. Der Club an der Alster als Rothenbaum-Hausherr hatte deshalb intern ein Rasenturnier abgelehnt. Auch der Verlust des bisherigen Status eines 500er-Turniers, den das westfälische Halle übernommen und dafür seine 250er-Lizenz mit Hamburg getauscht hätte, würde für Folgekosten sorgen. Topspieler, die auf Sand nicht in Hamburg spielen, wären dann auch auf Rasen nur gegen hohe Antrittsgage zu verpflichten gewesen.

Die vom DTB kolportierte Drohung der ATP, Hamburg von 2019 an komplett aus dem Turnierkalender zu streichen, sollte dort nicht auf Rasen gespielt werden, hält Stich für vorgeschoben. "Ich bin in gutem Kontakt mit der ATP. Die sind mit der Entwicklung des Turniers sehr zufrieden", sagte er. Dass sich alle Turniere im Fünfjahresturnus einer Prüfung unterziehen, ist Pflicht. Die Streichung von Lizenzen könne aber nicht ohne Grund und nie ohne Entschädigungsleistung vollzogen werden. "Unser Bestreben bleibt, das Turnier bis 2018 und darüber hinaus in Hamburg zu halten", sagte Stich.