Real Madrid und Trainer Jose Mourinho haben durch den 3:1-Sieg im Clasico gegen den großen Rivalen FC Barcelona viel Rückenwind bekommen. Bei Barça droht dagegen die erste Krise seit langer Zeit.

Barcelona/Hamburg. Den Erzrivalen gedemütigt, Lionel Messi klar ausgestochen und seinem Trainer den Job gerettet: Gründe hätte Cristiano Ronaldo zuhauf gehabt, doch Real Madrids Superstar dachte gar nicht daran, den Pokaltriumph beim FC Barcelona verbal auszuschlachten. Nur wenige Minuten, nachdem Barças Demütigung perfekt gewesen war, richtete der Matchwinner den Blick schon wieder nach vorne.

„Ein Sieg im Camp Nou gibt unglaubliches Selbstvertrauen und pusht uns ungemein für das Spiel gegen Manchester“, sagte Ronaldo, der das Halbfinal-Rückspiel des spanischen Königspokals mit seinem Doppelpack fast im Alleingang entschieden hatte.

Während Barças blass gebliebener Superstar Messi in den Katakomben des katalanischen Fußball-Tempels am späten Dienstagabend konsterniert nach Erklärungen für die 1:3-Schmach im eigenen Stadion suchte, zog der Portugiese mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen von dannen. Wohlwissend, dass er seinem Trainer José Mourinho womöglich gerade vor einer Entlassung bewahrt und Barcelona endgültig den Glanz der vergangenen Jahre geraubt hatte.

Unterm Strich eine Blamage für die Katalanen

„Madrid demütigt Barcelona. Cristiano regiert im Hause Messis“, titelte die „Marca“ am Mittwoch und lobte den Teamgeist der Königlichen in den höchsten Tönen. Nach dem 1:1 aus dem Hinspiel präsentierte sich das Team um die deutschen Nationalspieler Mesut Özil und Sami Khedira so stark wie lange nicht mehr. Nach den beiden Toren Ronaldos (13., Foulelfmeter/57.) und dem 3:0 durch Frankreichs Jungstar Raphael Varane (68.) nach Vorlage von Özil war das Spiel früh entschieden. Barças Anschlusstreffer des spanischen Europameisters Jordi Alba (89.) konnte die Blamage der Blau-Roten nicht schmälern.

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Durch den souveränen und mit eiskalter Effizienz herausgespielten Erfolg im 255. Clasico (89 Real-Siege, 87 für Barça) schöpfte Real neuen Mut für die schwere Aufgabe im Achtelfinale der Champions League. Bei Manchester United muss Madrid am kommenden Dienstag nach dem 1:1 im Hinspiel unbedingt gewinnen.

Immer stärker unter Druck gerät derweil der FC Barcelona, der auch gegen Real ohne ihren an Krebs erkrankten Trainer Tito Vilanova auskommen musste. Die zweite blutleere Vorstellung binnen einer Woche wirft etliche Fragen auf. Zwar liegen die Katalanen in der spanischen Meisterschaft mit zwölf Punkten Vorsprung quasi uneinholbar vorne, doch nach der Pokal-Blamage droht auch in der Champions League das Aus. Vor Wochenfrist hatte schon der AC Mailand dem Messi-Klub beim 2:0 deutlich die Grenzen aufgezeigt.

„Das Team sollte schnell genesen“

„Das Spiel gegen Madrid war ein Desaster, aber jetzt gilt es aufzuwachen“, mahnte die katalanische Zeitung „Sport“ in ungewohnter Schärfe: „Das Team sollte schnell genesen, um das Spiel gegen Milan noch umzubiegen.“ Geschieht das nicht, könnte es für das Starensemle und vor allem für den Interimscoach Jordi Roura Konsequenzen geben. Einige Kritiker beschwören sogar schon das Ende der inzwischen viereinhalb Jahre andauernden Barça-Ära.

Selbst beim Präsidenten herrscht angesichts der schwierigen Situation und der ersten Heimpleite nach 22 Spielen Ratlosigkeit. „Die Niederlage gegen Real haben wir so nicht erwartet. Aber dieses Team verdient es, an es zu glauben“, sagte Sandro Rosell: „Ich weiß, dass es schwer ist, aber wir dürfen nicht vergessen, was sie geleistet haben.“

Die erste Chance zur Wiedergutmachung haben Messi und Co. am kommenden Wochenende. Nur ein Sieg in der Liga dürfte die Gemüter in der katalanischen Hauptstadt wieder beruhigen. Barcelona muss am Sonnabend allerdings auswärts ran - bei Real Madrid.