Ein Kommentar von Rainer Grünberg

Dass Geld den Charakter verdirbt, ist eine bislang unbewiesene Behauptung. Stichhaltiger ist schon eher die These, dass Sportvereine gern ihre Nachwuchsarbeit vernachlässigen, wenn das Sponsorengeld besonders laut in der Kasse klingelt. Dann ist in den Clubs nicht mehr Geduld, sondern Erfolg gefragt, und der bitte sofort. Talente haben in diesen Momenten hinten anzustehen. Was passiert, wenn der Nachwuchs nicht mehr systematisch ausgebildet wird und keine Spielpraxis in den höchsten Ligen erhält, war in den vergangenen 15 Jahren in Deutschland in beinahe allen Mannschaftssportarten zu beobachten. Die Nationalteams, ob nun Fußballer, Handballer oder Volleyballer, schwächelten. Das bisher letzte Beispiel: Vor zwei Wochen verpassten die deutschen Eishockeyspieler erstmals seit 1948 ein olympisches Turnier.

Dass Vereine immer dann die Nachwuchsarbeit neu entdecken, wenn ihnen die finanziellen Mittel auszugehen drohen, hat im deutschen Sport fast schon Tradition. Warum zuvor aber selbst der letzte Ersatzspieler - wie einst bei den HSV-Handballern, den Hamburg Freezers oder immer noch bei den Volleyballerinnen des VT Aurubis - ein gestandener Profi sein musste, ist nur mit mangelndem Mut zu erklären. Sportlich notwendig war das nie. Schuld haben auch die Sponsoren. Nachhaltig bleibt ihr Engagement in der Regel nur, wenn alle Leistungssportbereiche eines Vereins von ihm profitieren. Das in den Verträgen festzuschreiben wäre ein kleiner Schritt, aber ein großer Fortschritt für den deutschen Sport.