Hockey-Nationaltorhüterin Kristina Reynolds gibt ihren Sport auf, weil er ihr keinen Spaß mehr macht

Hamburg. Am Ende war es nur noch Quälerei. "Mich hat das Torwartdasein seit Jahren genervt. Diese stinkende Ausrüstung, an der man so schwer schleppen muss! Und diese Langeweile, wenn man nichts zu tun hat. Ich will mich bewegen und nicht in dieser blöden Kiste vereinsamen, das waren die Gedanken, die ich immer öfter hatte." Gesagt hat diese Sätze Kristina Reynolds, und für eine wie sie, die über Jahre zu den zwei besten Torhüterinnen im deutschen Hockeysport gezählt hat, sind das erstaunliche Aussagen. Und ebenso erstaunlich ist die radikale Konsequenz, die sie zieht: Spätestens im Sommer ist komplett Schluss mit Hockey. Der Nationalmannschaft steht sie ab sofort nicht mehr zur Verfügung.

Kristina Reynolds, 28, Vater Brite, Mutter Deutsche, ist zielstrebig und ehrgeizig, nicht besonders extrovertiert oder geltungssüchtig. Dass sie ihr bevorstehendes Karriereende nur intern angekündigt hat, passt bestens zu ihr. Der neue Nationaltrainer Jamilon Mülders erfuhr es durch eine kurze E-Mail. Peter Krueger, ihr Förderer und Vereinstrainer beim Klipper THC, weiß seit einem Jahr über ihre Gedanken Bescheid. Weil es ihm bislang nicht gelungen ist, adäquaten Ersatz zu finden, will Reynolds noch maximal bis zum Sommer für den Club auflaufen, an diesem Sonntag (14.30 Uhr) hat sie bei ihrem Exclub Harvestehuder THC den letzten Halleneinsatz. Zum Training geht sie allerdings seit Wochen nicht mehr. "Ich schaffe es einfach nicht, mich dafür zu motivieren, auch wenn ich deshalb ein schlechtes Gewissen dem Team gegenüber habe", sagt sie.

Es gibt zwei Gründe für den radikalen Sinneswandel. Da ist zum einen der Beruf. Reynolds hat im November 2012 eine volle Stelle als Assistenzärztin in der Inneren Medizin am UKE angenommen. 60 Wochenstunden sind keine Seltenheit, ein geregelter Trainingsbetrieb ist da nur schwer möglich. Zum anderen aber, und das wiegt schwerer, hat sie über die Jahre den Spaß am Hockey verloren, weil sie das Gefühl hatte, nicht optimal gefördert zu werden.

"In der Nationalmannschaft gab es leider nie ein effektives Torwarttraining", sagt sie. Auch auf Vereinsebene fühlte sie sich bisweilen unterfordert, was sie allerdings nicht als Vorwurf verstanden wissen möchte. "Bei Klipper ist eben das Niveau im Training nicht so hoch, und auch in der Bundesliga gibt es viele Spiele, in denen man als Torhüterin nicht richtig gefordert wird", sagt sie. Um gegenzusteuern, nahm sie Extraunterricht beim spanischen Torwarttrainer Jaume Borras, den sie bei ihrem Auslandsintermezzo in Barcelona kennengelernt hatte. So oft es finanziell und zeitlich möglich war, flog sie nach Spanien.

Hamburg dauerhaft zu verlassen ist wegen ihres Berufs nicht möglich, und beim besten Hamburger Club, dem Uhlenhorster HC, ist die Stelle im Tor mit ihrer Nationalmannschafts-Rivalin Yvonne Frank besetzt. So scheint es konsequent, dass sie nun einen Schlussstrich zieht, auch wenn sie mit dem Zeitpunkt ihres Abschieds unglücklich ist. "Ich bin traurig darüber, weil ich glaube, dass ich meinen Leistungshöhepunkt noch längst nicht erreicht habe", sagt sie. Aber in einem Sport zu bleiben, den die Athleten mangels finanziellen Anreizes vor allem zum Spaß betreiben, wenn einem ebendieser Spaß abhanden gekommen ist, mache keinen Sinn. "Viele versuchen, mich umzustimmen. Aber ich merke, dass ich es einfach nicht mehr will", sagt sie.

Sie fühlt sich jetzt befreit, hat an Lebensqualität dazugewonnen, seit sie dann trainieren kann, wann sie es will. Sie hat angefangen, bei den Landesligafrauen von Grün-Weiß Eimsbüttel Fußball zu spielen, sie geht ins Fitnessstudio, Sport bleibt ein wichtiger Ausgleich. Die letzten Hockeyspiele ihres Lebens will sie nun genießen, aber danach nur noch als Zuschauerin den Kontakt zu dem Sport halten, der lange ein großer Teil ihres Lebens war, bis er zur Quälerei wurde.