Der Motorsportchef verliert seinen Job. Jetzt gilt Niki Lauda als neuer starker Mann

Stuttgart. Norbert Haug räumt das Feld für Niki Lauda, nach fast 1000 Rennen und 22 Jahren als Motorsport-Chef von Mercedes muss der 60-Jährige gehen. "Ich bedanke mich für über 22 Jahre bei der besten Automobilmarke der Welt. Diese Zeit hatte keine Sekunde ohne Leidenschaft für mich parat", sagte Haug, der seit 1990 die Geschicke der Silberpfeile im Motorsport geleitet hatte. Der Vertrag des 60-Jährigen werde "in gegenseitigem Einvernehmen" zum Ende des Jahres aufgelöst, teilte der Konzern am Donnerstag mit.

Damit endet eine überaus erfolgreiche Ära bei Mercedes. Unter Haugs Leitung hat die Marke mit dem Stern über 400 Rennen und 56 Titel gewonnen - alleine sechs in der Formel 1, gemeinsam mit McLaren, und 32 in der DTM. Doch der ehemalige Journalist war auch für das bislang nicht sonderlich erfolgreiche Formel-1-Projekt des Werkteams in den vergangenen drei Jahren verantwortlich. Haug holte Rekordweltmeister Michael Schumacher aus dem Ruhestand und gab den WM-Titel als Ziel aus. Seitdem gab es allerdings nur einen Grand-Prix-Sieg durch Nico Rosberg im April 2012 in Shanghai.

Zum Abschied stellte Haug noch einmal klar, dass "wir seit der Gründung unseres eigenen F1-Werksteams seit 2010 unsere eigenen Erwartungen mit einem Sieg 2012 noch nicht erfüllen" konnten, "aber die Weichen sind für Erfolge gestellt, und das Team wird alles geben, diese zu erreichen".

Niki Lauda stellte klar, dass er nicht in die Trennung von Haug involviert gewesen sei. "Ich bin total überrascht und habe erst heute davon erfahren. Es tut mir sehr leid, denn ich hätte mit Norbert gerne weitergearbeitet", sagte er Sky Sport News HD. Er habe stets ein gutes privates und Arbeitsverhältnis zu Haug gepflegt. Der bestätigte: "Niki hatte damit absolut nichts zu tun."

Marc Surer, Formel-1-Experte bei Sky, mag das nicht so recht glauben. "Ich denke schon, dass Niki Lauda da Einfluss hatte, der will vielleicht neuen Wind in die Geschichte bringen", sagte der frühere Formel-1-Fahrer im Telefon-Interview mit Sky Sport News HD: "Norbert Haug war jetzt 22 Jahre der Chef und hat viel gewonnen. Zuletzt lief es aber nicht gut. Er hat in der Formel 1 das nicht umsetzen können, was so vielversprechend begann. Nach dem Sieg in China wurde es schlechter. Dann hat er noch den DTM-Titel an Neueinsteiger BMW verloren. Das hat natürlich wehgetan und seine Stellung geschwächt."

Haugs sofortiger Abschied kommt allerdings trotz der jüngsten Rückschläge durchaus überraschend. Beim Formel-1-Finale der Saison 2012 in São Paulo hatte sich der 60-Jährige noch kämpferisch gegeben. "Ich bin so fit, motiviert und engagiert wie eh und je", sagte der von Schumacher nur "Nobby" genannte Haug. Mit dem Aufhören wollte sich das "Urgestein" (Schumacher über Haug) da noch längst nicht beschäftigen. Doch am Ende hat er den Machtkampf mit Niki Lauda jetzt wohl verloren.

Der dreimalige Weltmeister war ihm zuletzt als Aufsichtsratschef des Formel-1-Teams in den Augen vieler Experten vor die Nase gesetzt worden, auch wenn Haug diese Personalentscheidung aus Stuttgart nicht als Herabstufung sehen wollte. "Bei uns gibt es keine Personality-Show", beteuerte er: "Wenn wir uns stärken können mit Kompetenz, dann ist das wunderbar und vollkommen richtig."

Allerdings hatte Lauda zu seiner neuen Aufgabe auch gesagt: "Ich muss hingehen, alles aufnehmen und fragen: Wo gibt's Stärken, wo gibt's Schwächen?" Der 63-Jährige fädelte bereits die Verpflichtung von Lewis Hamilton als Schumacher-Nachfolger für die neue Saison ein. Er ist jetzt der ganz starke Mann bei Mercedes.