Der Coach von 1899 Hoffenheim hat die schlechteste Bilanz aller bisherigen 1899-Trainer und macht Fehler.

Sinsheim. Markus Babbel saß mit hochrotem Kopf vor der Presse, nur sehr kurze Sätze kamen ihm über seine ungewohnt verkniffenen Lippen. Nach dem 1:2 (0:2) von 1899 Hoffenheim gegen Bayer Leverkusen, der bereits siebten Niederlage der TSG im 13. Spiel der aktuellen Saison in der Fußball-Bundesliga, weiß der Trainer, was die Stunde geschlagen hat. Die auf den Relegationsplatz abgerutschte Mannschaft und vor allem er selbst stehen vor den Partien in Nürnberg am Mittwoch und gegen Werder Bremen am Sonntag mächtig unter Druck.

Babbels persönlich größtes Problem könnte daraus entstehen, dass die Mannschaft den Ernst der Lage offensichtlich nicht begriffen hat, die Vereinsführung und Manager Andreas Müller hingegen schon. „Es zählt jetzt nur der Verein, die handelnden Personen sind zweitrangig“, sagte Müller am Sonntag nach der Partie. Eine Binsenweisheit, zwischen deren Zeilen sich alles außer Rückendeckung für Babbel finden lässt.

Arbeit an den lange bekannten Problemen ohne Erfolg

Babbel selbst, der unter der Woche schon prophezeit hatte, dass es bald „eng“ für ihn werden könnte, gestand ehrlich ein: „Im Moment bin ich ein schlechter Trainer.“ Er bezog dies aber allein auf die Punkteausbeute. Hoffenheim ist mit nur zwölf Punkten aus 13 Spielen auf Platz 16 angekommen. Für Babbel stehen saisonübergreifend gar zwölf Niederlagen in 27 Partien zu Buche. Der 40 Jahre alte Ex-Profi von Bayern München hat damit zwar die schlechteste Bilanz aller bisherigen Hoffenheimer Bundesliga-Trainer, glaubt aber weiterhin, sich mit der Mannschaft aus dem Keller befreien zu können.

„Die Jungs müssen nur langsam lernen, sich auch für ihren Aufwand zu belohnen“, sagte Babbel. Zuvor hatte er ein Spiel gesehen, dass ein Abziehbild der 1:3-Heimniederlage gegen den VfL Wolfsburg war. Einer unsäglich schlechten ersten Halbzeit gegen wenig zwingende Leverkusener folgte eine deutliche Steigerung im zweiten Durchgang, in dem die Hoffenheimer jedoch beste Chancen ausließen.

Während Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler sich mit der Partie zufrieden zeigte („Du musst auch mal genauso ein Spiel gewinnen, in dem du nicht gut auftrittst“), war Müller sauer: „Eine Halbzeit reicht eben nicht.“ Babbel hingegen sagte, man könne auf der gezeigten Leistung für die Zukunft aufbauen. Wie lang diese Zukunft für ihn persönlich ist, wird sich zeigen. Manager Müller sagte zwar, dass Babbel bereits „seit Wochen“ die Fehlerketten ausgemacht hätte und akribisch „Woche für Woche, Tag für Tag mit Video-Analyse und auf dem Trainingsplatz“ an einer Verbesserung arbeite, dies aber „nach wie vor nicht von Erfolg gekrönt“ sei.

Manager Müller: „Haben keine Zeit“

Babbel läuft die Zeit davon. „Wie viel Zeit hast du im Fußball?“ fragte Müller, um sich die für Babbel unschöne Antwort selbst zu geben: „Keine. Du brauchst Ergebnisse.“ Man fahre aber auf jeden Fall mit Babbel als Coach nach Franken zum FCN. Jedoch ging er gleichzeitig auf Distanz zu Babbel: „Wenn wir den Eindruck haben, das wir die Ergebnisse mit dem Trainerteam über die Dauer der Saison nicht erreichen können, dann bist du natürlich in der Pflicht.“ Mit „du“ und „Pflicht“ meinte er in diesem Fall sich.

Und die Mannschaft? Hier darf bezweifelt werden, ob die Profis des von Mäzen Dietmar Hopp stattlich alimentierten Klubs den Ernst der Lage begriffen haben. „Es ist noch früh in der Saison. Mit zwei Siegen geht es auch wieder nach oben“, sagte der zumindest äußerlich wenig angespannte Mittelfeld-Regisseur Sejad Salihovic. Vincenzo Grifo sah es ähnlich: „Wir haben genügend Qualität, um da unten wieder rauszukommen.“ Babbel machte jedoch deutlich: „Potenzial haben wir viel. Qualität ist es eben, dies Woche für Woche auf den Platz zu bringen.“ Er kann dazu ebenso wenig konstant animieren wie seine glücklosen Vorgänger Holger Stanislawski und Marco Pezzaiuoli.

Babbel hat die eigene Linie noch nicht gefunden

Zudem unterlaufen Babbel Fehler. Wie schon gegen den VfL Wolfsburg ging Babbel vom sonst favorisierten 4-4-2-System auf ein 4-2-3-1. Zur Halbzeit beendete er das Experiment, da lief 1899 aber bereits einem Zwei-Tore-Rückstand hinterher. Das Team fühlte sich nun sicherer, die Laufwege und die Raumaufteilung stimmten. Des Weiteren ist Babbels Führungsstil umstritten. Disziplinarische Strafen sind an der Tagesordnung, zuletzt gegen Tobias Weis; davor traf es den langjährigen Kapitän Andreas Beck.

Vollkommen ohne Not schoss Babbel nun auch noch gegen den verletzten Ex-Nationaltorwart Tim Wiese. Babbel habe über einen Torwartwechsel nachgedacht, erzählte er ungewöhnlich freimütig: „Leider hat sich der Tim verletzt“, dadurch sei ihm „die Entscheidung ein Stück weit abgenommen“ worden. Durch solche Aussagen ist niemandem geholfen. Dennoch, so versicherte Grifo, die Mannschaft stehe hinter Babbel: „Der Trainer ist nicht an allem schuld.“

Er ist aber derjenige, der vor der Saison das Ziel Europa League ausgerufen hat, in der zwischenzeitlichen Doppelfunktion als Manager Millionen in neue Spieler investiert hat und nun bereits vor dem Scherbenhaufen seiner zehnmonatigen Amtszeit steht.