Rückkehrer Gomez befeuert den Konkurrenzkampf. Dazu platzte der Knoten von Rekordtransfer Martínez. Sonnabend geht’s gegen Dortmund.

München. Den Ball hätten nach dem 5:0 (3:0) gegen Hannover 96 wohl viele Fußballer des FC Bayern gerne geklaut. Der Brasilianer Dante etwa, der sein erstes Tor im rot-weißen Trikot mit einer Samba-Showeinlage vor 71.000 Zuschauern gefeiert hatte. Mario Gomez sicher auch, weil er 27 Sekunden nach seinem Liga-Comeback auch gleich seinen ersten Treffer bejubeln konnte. Javier Martinez aber, so viel ist sicher, gab das Spielgerät an diesem schönen Samstagnachmittag nicht mehr her. Der 40-Millionen-Mann hielt den Ball ganz fest in seinen Händen, als er sein erstes Interview als Bayern-Torschütze gab.

„Das ist ein Andenken für mich“, sagte der 24-Jährige und blickte immer wieder stolz auf seinen Schatz. Knapp drei Monate hatte es gedauert, bis auch die zuletzt laut gewordenen Kritiker glauben konnten, dass der Rekordmann endlich beim Rekordmeister angekommen ist. So richtig. Offensiv wie defensiv. Martinez machte beim Schützenfest gegen müde Hannoveraner sein mit Abstand bestes Spiel für die Münchner – und stand damit sinnbildlich für die Mannschaft, die der von zuletzt zwei Unentschieden in der Liga ausgelösten kleinen November-Depression eindrucksvoll trotzte.

„Javi war schon vorher angekommen, aber so ein Tor tut ja jedem gut“, sagte Kapitän Philipp Lahm anerkennend. Das Wort „Fallrückzieher“ war nach kurzer Übungsphase Martinez' neueste Lieblingsvokabel der deutschen Sprache; derart kunstvoll hatte der Spanier bereits in der 3. Minute nach Ansicht des Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge für „Sicherheit und Selbstvertrauen“ gesorgt. Beides benötigte die Mannschaft für den souveränen Auftritt einerseits, aber auch für die kommende Woche. Denn am nächsten Samstag, drei Tage nach dem Gastspiel beim zudem nicht unbedingt als Lieblingsgegner geltenden SC Freiburg, gastiert Borussia Dortmund in der Münchner Arena. Nach fünf Niederlagen in Folge in diesem Prestige-Duell zählt gegen den amtierenden Doublesieger nur ein Sieg.

Der November ist fast durch

„Noch ein Spiel im November. Und nächste Woche ist ja dann schon Dezember“, sagte Rummenigge grinsend. Nicht ganz so schlimm wie in der Vorsaison ist der November-Blues in diesem Jahr ausgefallen, obwohl die Alarmglocken nach zuletzt zwei Remis in Serie langsam anfingen zu läuten. „Heute war das genau die richtige Reaktion“, lobte Rummenigge.

Die Tore – neben Dante, Martinez und Gomez trafen der überragende Toni Kroos und Franck Ribery – hätten sie „hervorragend rausgespielt“, sagte Gomez und forderte sogleich: „Diesen Stil müssen wir bis Weihnachten durchziehen.“ In der Liga sind es noch vier Spiele und aktuell neun Punkte Vorsprung auf Dortmund. 34 Punkte nach 13 Spielen und die Tordifferenz von +33 sind bereits Bundesliga-Rekorde. Ballern die Bayern weiter in diesem Stil, ist sogar die 100-Tore-Marke machbar, die erst einmal in der Historie der Liga geknackt worden ist: von den Bayern in der Saison 1971/72.

Dabei mithelfen kann nach mehr als 100 Tagen Verletzungspause nun auch wieder Gomez. „Dieser Einstand spricht für seine tadellose Reha-Leistung“, sagte Trainer Jupp Heynckes. Der 27-Jährige selbst, der nach seiner Einwechslung der ersten Ballberührung nach nicht einmal einer halben Minute den ersten Treffer folgen ließ, beschrieb die Situation als „Gefühls-Explosion. Beim Jubeln kam die monatelange Reha hoch“. Und so langsam aber sicher nimmt auch der Konkurrenzkampf im Sturm wieder richtig Fahrt auf.

Heynckes hat nun auch im Sturm die Qual der Wahl

„Mario Mandzukic macht seine Sache gut, Claudio Pizarro macht seine Sache gut. Und auch ich versuche, meine Sache gut zu machen“, sagte Gomez selbstlos. Es sei doch „nur schön für den Trainer, wenn er solche Alternativen hat“. Allerdings hat Heynckes tatsächlich eine schwere Wahl zu treffen zwischen dem neunmaligen Liga-Torschützen Mandzukic, dem in Champions League und DFB-Pokal sechsmal erfolgreichen Pizarro sowie Durchstarter Gomez. „Wir können jeden gebrauchen, der in guter Verfassung ist. Jetzt kommen die entscheidenden Spiele“, sagte Rummenigge diplomatisch.

Den Schwung aus dem Galaauftritt gegen Hannover sollten die Bayern mitnehmen, denn Klub-Boss Martin Kind kam aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus. „Sie hätten immer noch zulegen können. Sie waren überall besser. Bei den Einzelspielern, bei der Laufbereitschaft, beim taktischen Verhalten, beim Zweikampfverhalten, und, und, und...“, sagte der 68-Jährige. Insgeheim mag er – auch wenn Hannover den Sprung aus dem dichten Tabellenmittelfeld verpasste – vielleicht zumindest ein bisschen froh gewesen sein, dass die mögliche Bewerbung seines Trainers Mirko Slomka in München an diesem Tage gehörig in die Hosen ging.

Der angebliche Wunschkandidat der Münchner zumindest wollte den Ball sicherlich nicht klauen. Und so musste Martinez trotz seiner starken Leistung doch noch reichlich Spott über sich ergehen lassen. „Messi klaut Bälle nur, wenn er dreimal trifft“, sagte Torhüter Manuel Neuer frech.