Deutschlands Wasserballer setzen auf ein sexy Image und treffen heute in der Alsterschwimmhalle auf die Nationalmannschaft aus Serbien.

Hamburg. Moritz Oeler muss einen Moment lang überlegen. Er rauft sich die schwarzen Haare und fährt mit der linken Hand über eine drei Zentimeter lange Narbe auf der Stirn. Nein, richtig schlimme Verletzungen habe er sich beim Wasserball bislang nicht zugezogen, sagt der 27 Jahre alte Student der Druck- und Medientechnik nach einer Weile und zählt dann jene Blessuren auf, die "völlig normal" seien und durchaus vorkämen bei dieser körperbetonten Sportart. Rippenbrüche, Platzwunden, ein blaues Auge, ein gebrochener Zeh und der Beinaheverlust eines Zahns - alles in allem sei er glimpflich davongekommen, findet Oeler und lächelt zufrieden.

Der 1,88 Meter große und 94 Kilogramm schwere Nationalspieler aus Neustadt an der Weinstraße wird heute Abend in der Alsterschwimmhalle (20 Uhr) gemeinsam mit seinen Kollegen des Wasserball-Teams Deutschland gegen Weltliga-Gruppengegner Serbien antreten. Das Spiel ist bereits seit einer Woche ausverkauft. Rund 600 Zuschauer werden erwartet. "Eine solche Resonanz ist eher selten", sagt Teammanager Michael Zellmer, 35, der sich auf ein packendes Duell gegen die Olympia-Bronzemedaillengewinner vom Balkan freut. Der Ansturm auf die Karten sei allerdings auch der großen serbischen Fangemeinde in Hamburg geschuldet. "Die werden hier sicherlich den Takt vorgeben", sagt Zellmer.

Wasserball gilt in Serbien als Volkssport. Fast jeder dort kennt und verfolgt die Beckenduelle. Viele Zuschauer im Publikum tragen Badekappen, unterstützen ihre Teams lautstark mit Liedern und Parolen. Auf den Rängen deutscher Schwimmhallen dagegen geht es häufig etwas bieder zu. "Die meisten Zuschauer fungieren als seriöse Betrachter", umschreibt Zellmer die zurückhaltende Art der Fans. Ihre Haltung ist wohl der Tatsache geschuldet, dass Wasserball hierzulande noch immer eine Randsportart darstellt, die um Aufmerksamkeit kämpft und keinesfalls als alltäglicher Zeitvertreib angesehen wird. Gründe dafür gibt es viele: "Im Balkanraum, in Italien und Griechenland hat Wasserball - anders als in Deutschland - eine lange Tradition", sagt Moritz Oeler. Der 27-Jährige steht seit August bei Vasas Budapest unter Vertrag und erlebt immer wieder, welch großen Stellenwert der Ballsport in Ungarn hat. "In beinahe jedem Schwimmbecken findet man dort kleine Plastiktore, die bespielt werden können. Wasserball ist in diesem Land etwas ganz Natürliches", sagt Oeler. Zudem würden sich die Menschen auch aus historischen Gründen mit der Sportart identifizieren. "Das sogenannte Blutspiel von Melbourne 1956, bei dem Ungarn die Sowjetunion mit 4:0 besiegte, ist noch heute in den Köpfen der Leute. Es wurde zum Symbol für den Widerstand", erzählt Oeler. An eine solche Tradition können die deutschen Wasserballer nicht anknüpfen, wohl aber dafür sorgen, dass ihre Sportart als das wahrgenommen wird, was sie ist: "sexy, trendy und stahlhart", sagt Michael Zellmer.

Im vergangenen Jahr setzte der Kölner Fotograf Immo Fuchs das Wasserball-Team Deutschland in Szene. Die Bilder betonen die ästhetischen und durchtrainierten Körper der Sportler und sorgten vor allem bei den weiblichen Fans für Begeisterung. "Das sexy Image kann helfen, die Aufmerksamkeit zu steigern", sagt Zellmer, "aber wir zeigen auf den Bildern lediglich die Realität: Wasserball ist ein harter Sport, der athletische Körper erfordert. Das ist garantiert nichts für Brustschwimmer."

Die Härte, das Klammern, Kratzen und Treten unter Wasser werden die Nationalspieler auch heute Abend wieder zu spüren bekommen. Zimperlich dürfe man bei dieser Sportart nicht sein, sagt Oeler. Zumal einige Gegner auch vor Attacken auf den Genitalbereich nicht haltmachen. "Es gibt zwar eine Art Ehrenkodex, diese Körperstellen zu verschonen", betont Oeler, "aber wenn sich jemand nicht daran hält, spricht sich das im Team sehr schnell herum - und es gibt eine Revanche von unten." Auf Letztere sinnt heute Abend auch das serbische Nationalteam: Bei einer Begegnung vor zwei Jahren besiegte die deutsche Mannschaft die Wasserballer vom Balkan. Nachdem Deutschland die Teilnahme an den Olympischen Spielen in London verpasst hat, gilt das Duell als eine Art Standortbestimmung. "Für uns ist es ein Neustart im Hinblick auf die Sommerspiele in Rio de Janeiro 2016", sagt Oeler. Ein paar Kampfspuren wird er bis dahin sicherlich noch davontragen.