Der Weltmeister dominiert das Training in Indien

Greater Noida. Wenn es eine Rennstrecke gibt, auf der Ferrari-Chefpilot Fernando Alonso mit dem wiedererstarkten Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel mithalten kann, dann ist es der Buddh International Circuit vor den Toren New Delhis. Dachten jedenfalls die Italiener. Das Layout des 5125 Meter langen Asphaltbandes in Greater Noida komme dem Technikpaket von Ferrari entgegen, bestätigten auch die Experten. Am Freitag aber, beim ersten Training zum Großen Preis von Indien (Sonntag, 10.30 Uhr MEZ, RTL und Sky) zerstörte der Titelverteidiger im bärenstarken Red-Bull-Rennwagen alle Hoffnungen. Vettel fuhr in beiden Sitzungen die schnellsten Zeiten. Mehr noch: Alonsos Rückstand auf seiner schnellsten Runde betrug sechs Zehntelsekunden. In modernen Formel-1-Zeiten eine Ewigkeit.

"Ich glaube, wir hatten schon schlechtere Freitage", sagte der deutsche Doppelweltmeister nach der erneuten Demonstration seiner Überlegenheit. Von der angekündigten technischen Initiative war bei Ferrari vorerst nichts zu sehen. Dennoch kündigte Vettel an, sein Team könne in der Nacht vor dem Qualifikationstraining "noch ein bisschen verbessern". Im vergangenen Jahr hatte der Red-Bull-Fahrer den ersten indischen Grand Prix gewonnen. Auch diesmal gilt Vettel als Favorit.

Ein erneuter Triumph in Greater Noida wäre nicht nur sein vierter Sieg in Folge in Asien (nach Singapur, Japan und Südkorea). Es wäre auch die erste Vierfachserie seiner Karriere. Mit einem solchen Erfolgskette würde der 25-Jährige in die Sphären der ganz Großen aufsteigen. Nur Alberto Ascari (neun Siege hintereinander), Michael Schumacher (sieben), Jack Brabham, Jim Clark und Nigel Mansell (fünf) haben in 63 Jahren Formel 1 längere Siegesserien herausgefahren.

Die Eindrücke aus dem Training legen nahe, dass allein Teampartner Mark Webber Vettels Kreise stören könnte. Der Australier war im Red Bull mit der Startnummer 2 nur unwesentlich langsamer und kündigte prompt an: "Wenn ich vorne liege, mache ich für niemanden Platz." Solange Webber rechnerisch noch eine Titelchance habe, behauptete das Team, dürfe er frei fahren. Die Startszene in Südkorea, als Vettel den Trainingsschnellsten Webber schon in der ersten Kurve überholte, belegt aber, was im Ernstfall davon zu halten ist.

Mit 203 zu 209 Punkten liegt Fernando Alonso in der Gesamtwertung vor den vier abschließenden Rennen nur um sechs Punkte hinter Vettel. Doch aus eigener Kraft, das wurde auch am Freitag deutlich, wird der Spanier den Rückstand nicht wenden können. Seit dem deutschen Grand Prix in Hockenheim hat Ferrari nicht mehr gewonnen, die beiden Unfälle in den Startrunden in Belgien und Japan haben Alonso entscheidend zurückgeworfen. "Unsere Chance ist sicherlich unter 50 Prozent", räumte Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali ein. "Red Bull liegt derzeit vorne." Er machte aber auch Mut: "Noch ist das Rennen um den Titel nicht entschieden."

Formel-1-Chefpromoter Bernie Ecclestone hat derweil bestätigt, dass er im Rahmen der Schmiergeld-Affäre um die Bayerische Landesbank zu einer Aussage bereit ist. Er wolle bei der Staatsanwaltschaft in München seine Sicht der Dinge schildern. "Ich bin nur verärgert über all den Unsinn, mit dem ich mich deswegen beschäftigen muss", sagte er in Indien. Die Landesbank in München fordert 400 Millionen Euro Schadenersatz. Zur Möglichkeit einer Haftstrafe sagte Ecclestone ironisch: "Ich will mich nicht über deutsche Gefängnisse beschweren, aber um ehrlich zu sein, will ich auch nicht in einem sitzen müssen ..."

Ecclestone bestätigte, dass der Große Preis von Deutschland im nächsten Jahr statt auf der insolventen Nürburgring-Rennstrecke auch in Hockenheim stattfinden könnte.

Erstes Training in Indien (5,125 km): 1. Vettel (Heppenheim) Red-Bull-Renault 1:26,221 Min., 2. Webber (Australien) Red-Bull-Renault 1:26,339, 3. Alonso (Spanien) Ferrari 1:26,820, 4. Rosberg (Wiesbaden) Mercedes 1:27,022, 5. Räikkönen (Finnland) Lotus-Renault 1:27,030, 6. Hamilton (Großbritannien) McLaren-Mercedes 1:27,131, ... 8. Hülkenberg (Emmerich) Force-India-Mercedes 1:27,233, ... 13. Schumacher (Kerpen) Mercedes 1:28,222, 24. Glock (Wersau) Marussia 1:31,113.