Rekordmeister Borussia Düsseldorf will mit seinem Gastspiel in Poppenbüttel dem Tischtennis in der Stadt auf die Sprünge helfen.

Hamburg. Über seine Begegnung am Dienstagmorgen am Hamburger Flughafen muss Andreas Preuß unbedingt noch erzählen. Also, da hat der Manager von Borussia Düsseldorf doch tatsächlich Uli Hoeneß getroffen. Das war schon ein unerwarteter Zufall, wo doch Bayern München am Abend in Lille spielte. Und gewissermaßen eine Begegnung auf Augenhöhe, wo doch die Düsseldorfer als Bayern München des Tischtennissports gelten. Man kennt sich sogar, aber natürlich musste Preuß dem Gedächtnis des Bayern-Präsidenten ein wenig auf die Sprünge helfen.

Preuß, 50, ist es nicht gewohnt, erkannt zu werden, auch wenn es in Europa keinen erfolgreicheren Tischtennisverein gibt als den seinen. Zehnmal hat die Borussia die entsprechende Trophäe gewonnen, dazu 25 deutsche Meisterschaften und 20 deutsche Pokale. Es wissen nur viel zu wenige, und deshalb war Preuß froh, am Dienstag im Steigenberger-Hotel Treudelberg einen Vertrag mit dem SC Poppenbüttel unterschreiben zu können. Damit war es offiziell, was das Abendblatt bereits vermeldet hatte: Am 12. Januar um 18 Uhr werden die Düsseldorfer erstmals ein Bundesliga-Heimspiel in Hamburg austragen. "Wir sehen es als unsere Verpflichtung, immer wieder mal in eine Tischtennis-Diaspora zu gehen und dort Weltklassesport zu präsentieren", sagte Preuß.

Der Schauplatz ist die alte Sporthalle Tegelsbarg, der Gegner Werder Bremen (der seine Bekanntheit anders als die Düsseldorfer in dieser Stadt allerdings nicht steigern muss) und der Star Timo Boll. Gern hätte Initiator Sebastian Conrad vom SC Poppenbüttel den nunmehr sechsmaligen Europameister schon gestern zur Pressekonferenz präsentiert, aber Boll war zur gleichen Zeit bereits mit Golfer Martin Kaymer zu einer gemeinsamen Runde in Shanghai verabredet.

Dafür hat sich Boll verpflichtet, am 11. Januar im Alstertal-Einkaufszentrum aufzuschlagen. Am Spieltag selbst ist zudem ein Showmatch mit dem Starpianisten und Tischtennisliebhaber Joja Wendt eingeplant. Wahrscheinlich bedürfte es dieser Einlage aber gar nicht, um von 1. November an die gut 1000 Eintrittskarten unters Volk zu bringen. "Ich gehe davon aus, dass die Partie innerhalb von Stunden ausverkauft sein wird", sagt Poppenbüttels Präsident Joachim Sorgenfrey. Die größeren Sporthallen Wandsbek oder Hamburg anzumieten ,war den Organisatoren angesichts der höheren Logistikkosten nicht geheuer.

Vermutlich hätte man auch sie gefüllt, zumal in der fußball- und handballfreien Neujahrszeit. Allein der Hamburger Tischtennisverband (HTTV) zählt mehr als 6300 Mitglieder, Tendenz steigend. Und die Stadt hat lange genug auf ein Bundesligaspiel warten müssen. Vor 22 Jahren stieg Germania Schnelsen aus der höchsten Spielklasse ab und zog die Mannschaft daraufhin ganz zurück. Seither ist es ruhig geworden um die weiße Kugel, gespielt wird nur noch drittklassig, von einzelnen Zwischenspielen in der Zweiten Bundesliga abgesehen. Ohne einen Mäzen könnte selbst ein ambitionierter Verein wie Poppenbüttel den finanziellen Aufwand für die Bundesliga nicht bewältigen.

Preuß beziffert ihn auf 400.000 Euro. Wer um Titel mitspielen möchte, müsste sogar die doppelte Summe aufbringen. "Das könnte in Hamburg nur der HSV stemmen", sagt Wolfgang Sohns. Der Vizepräsident des HTTV hat geschafft, was in Hamburg kaum jemandem gelungen ist: Er hat im Tischtennis seinen Beruf gefunden. Sohns, 59, führt in Henstedt-Ulzburg den Sportartikelversender Contra. In den 80er-Jahren war er als Manager die treibende Kraft hinter dem Schnelsener Aufschwung.

Die Mittel waren bescheiden: Im Aufstiegsjahr wurden die Spieler an den Positionen drei bis sechs pro Partie mit zehn Mark entlohnt, um sich hinterher wenigstens eine Mahlzeit leisten zu können. Sohns sagt: "Eine so billige Mannschaft ist wahrscheinlich noch nie in die Bundesliga aufgestiegen." 2400 Zuschauer sahen 1987 in Wandsbek das entscheidende Spiel gegen Lübeck. Vom einzigartigen Teamgeist schwärmen die noch immer, die damals dabei gewesen sind. Nur: Vom Teamgeist allein könnte man heute in der Bundesliga nicht mehr leben. Sohns schätzt, dass selbst für 150.000 Euro kein überragender Spieler zu haben ist.

Wang Yansheng, Germanias damaliger Nummer-eins-Mann, ist immer noch aktiv, inzwischen als Spielertrainer beim SV Siek. Die Stormarner schlagen sich wacker in der Zweiten Bundesliga. "Aber da gehen die Leute nach der Kirche in die Halle, weil es sonst nichts gibt", sagt Sohns. Den Aufstieg in die Eliteklasse, den die Mannschaft im Frühjahr sportlich geschafft hatte, traute sich der Verein trotzdem nicht zu.

In den Großstädten hat es der Sport immer noch schwer, Düsseldorf hin, Bremen her. Allein in der Herrenbundesliga gibt es drei Vereine, die auf -hausen enden und nur von ausgewiesenen Deutschland-Kennern spontan einer Region zugeordnet werden können. Professionelle Strukturen wie in Düsseldorf, wo es 20 Angestellte, ein Tischtennis-Internat, eine eigene Halle und sogar einen Hotelbetrieb gibt, sucht man woanders vergebens.

Andreas Preuß glaubt nicht, dass sich daran grundsätzlich etwas ändern wird. Und doch sei es wichtig, den Sport auch in den Metropolen zu präsentieren: "Wir müssen raus aus unseren kleinen Turnhallen und hinein in die größeren Arenen." Der 12. Januar kann da nur ein Anfang sein.