Alle schwärmen von Podolski, doch unbemerkt spielt sich Junioren-Nationalspieler Gnabry in London in den Fokus. Die Zukunft gehört ihm.

London/Berlin. Für die einen ist er „ein Typ wie Arjen Robben“, für die anderen eine „brutale Offensiv-Waffe“, für die Arsenal-Fans hingegen ist Serge Gnabry schlichtweg das „German Wunderkind“. Nach seinem gelungenen Debüt in der englischen Premier League ist der 17-Jährige in aller Munde. Selbst Arsenals missgelaunter Teammanager Arsene Wenger hatte nach der peinlichen 0:1-Pleite bei Norwich City nur Komplimente für den deutschen Junioren-Nationalspieler parat.

„Serge war nach seiner Einwechslung einer der gefährlichsten Spieler. Er war sehr auffällig, sein Spiel sah sehr interessant aus“, sagte der Franzose. Viel Lob für einen Einwechselspieler, der erst ab der 82. Minute sein Können zeigen durfte. Man darf davon ausgehen, dass Gnabry weitere Bewährungschancen erhält, vielleicht ja schon beim Champions-League-Spiel am Mittwoch gegen Schalke 04 - denn Wenger hat das Top-Talent im September ins Aufgebot für die Königsklasse berufen. Der Mann hat eben ein Auge für hochbegabte Fußballer.

Im Alter von 15 Jahren war der Offensivspieler für 100.000 Euro Ausbildungsentschädigung von der B-Jugend des VfB Stuttgart zu den Gunners gewechselt. Für seinen damaligen Jugendtrainer des VfB, Frederik Gluding, ist Gnabrys sensationelle Entwicklung keine Überraschung. „Er war bei uns immer seinen Alterskollegen überlegen. Er ist sehr schnell und hat einen unheimlichen Zug zum Tor“, schwärmt Gluding: „Durch seine Beidfüßigkeit ist er eine brutale Offensiv-Waffe.“

Diese Einschätzung teilt auch der frühere HSV-Profi Stefan Böger. Der heutige U17-Auswahltrainer des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hatte Gnabry zwei Jahre unter seinen Schützlingen, er vergleicht Gnabrys Spielweise mit der von Bayern-Star Arjen Robben. „Er ist am stärksten, wenn er von außen mit hoher Geschwindigkeit nach innen zieht und den Abschluss sucht“, erklärt Böger: „Wenn seine Entwicklung in den nächsten Jahren so linear weitergeht, dann ist er ja gar nicht mehr aufzuhalten.“

Nur leider verlaufen Karrieren nur selten linear, das weiß auch Böger, der schon viele Supertalente hat kommen und gehen sehen. Auch Gnabry müsse noch hart an sich arbeiten, um im Profifußball zu bestehen, findet der ehemalige Bundesligaspieler: „Er hat bei mir die EM-Endrunde in Slowenien verpasst, weil er gesundheitliche und konditionelle Probleme hatte. Er muss körperlich noch zulegen.“

An seinen Schwächen hat der gebürtige Stuttgarter in Arsenals Profi- und Reserveteam hart gearbeitet. Seine größte Stärke ist mit Sicherheit seine Schnelligkeit. In England wird der frühere Leichtathlet oft gefragt, wer schneller ist: er - oder Teamkollege Theo Walcott? „Theo ist sehr, sehr schnell, schnell. Vielleicht machen wir ja eines Tages mal ein Rennen gegeneinander“, sagt Gnabry.

Heimweh hat der 17-Jährige kaum. Das liegt vor allem daran, dass ihn sein Vater Jean-Hermann Gnabry, ein früherer Nationalspieler der Elfenbeinküste, in London begleitet. Zudem stehen in Per Mertesacker und Lukas Podolski zwei deutsche Nationalspieler im Kader, mit denen er sich in seiner Muttersprache unterhalten kann - genau wie mit Wenger, den Gnabry ehrfürchtig „Boss“ nennt.

Doch vor allem zu Podolski schaut der Jugendliche auf. So eine Karriere wie „Prinz Poldi“ strebt er auch an. Wie weit der Weg dahin noch ist, zeigt ein Blick auf Facebook-Seiten der beiden Spieler. Während Podolski auf stolze 1,1 Millionen Facebook-Fans kommt, klickten bei Gnabry erst 1876 Leute den „Gefällt mir“-Button. Doch die Zukunft könnte Gnabry gehören.