Der Hamburger Thore Levetzow geht am Sonnabend beim Ironman auf Hawaii an den Start - dem härtesten Triathlon der Welt.

Hamburg. Man könnte ihn für einen engagierten Fitnesstrainer halten. Thore Levetzow, 41, aus dem Hamburger Stadtteil St. Georg ist 1,81 Meter groß, hat eine muskulöse Figur und erinnert dank seiner kräftigen Arme ein wenig an Comicheld Popeye, der es dank Spinatverzehr und keckem Mundwerk noch mit jedem Raufbold aufgenommen hat. Von Gangstern und Dieben fehlt im Fitness- und Wellnessklub Aspria Uhlenhorst jedoch jede Spur.

Und Thore Levetzow ist sowieso nur hier, um sich seiner großen Leidenschaft zu widmen: dem Sport. Jeder kennt und grüßt ihn hier, was nicht sonderlich verwundert, wenn man weiß, dass der Besitzer einer Werbeagentur in den vergangenen Wochen und Monaten rund sechsmal pro Woche in den Räumlichkeiten des Studios trainiert und sich akribisch vorbereitet hat. Worauf? Auf seinen ganz persönlichen Traum: den Ironman Hawaii, den wohl härtesten Triathlon der Welt.

Levetzow weiß, dass er Schmerzen erleiden wird. Dass er immer wieder seinen "inneren Schweinehund" überwinden und die Strapazen und Belastungen für den Körper ausblenden muss, wenn er an diesem Sonnabend auf die Strecke gehen und das Ziel erreichen will. Doch der ehemalige Handballspieler ist fest entschlossen. "Der Ironman auf Hawaii ist das Größte, was man als Triathlet erleben kann", sagt der 41-Jährige, "das ist ein Ereignis, das fürs Leben prägt."

Sieben Ironman-Wettkämpfe hat Levetzow bereits bestritten - siebenmal die Schwimmdistanz von 3,86 Kilometern, 112 Meilen auf dem Rad (180,2 km) und einen abschließenden Marathonlauf (42,195 km) absolviert. Da stellt sich die Frage, ob der Mann keine anderen Hobbys hat? "Doch, doch", sagt Levetzow, "aber beim Training und der Vorbereitung auf die Wettbewerbe kann man wunderbar abschalten. Das ist es wert." Überhaupt sei es ein unbeschreibliches Gefühl, nach einem überstandenen Ironman die Ziellinie zu überschreiten. "Vorher musst du dich quälen, dich immer wieder überwinden, weiterzumachen. Spaß hat man erst im Ziel", sagt Levetzow, der dem Start auf Hawaii bereits seit Monaten entgegenfiebert und zuletzt verstärkt darauf geachtet hat, sich so kurz vor dem Wettkampf bloß nicht zu verletzen. "Man wird irgendwie vorsichtig, achtet auf jeden seiner Schritte", sagt Levetzow, "eine gewisse Verrücktheit muss wohl sein, wenn man sich so etwas antut."

Immer wieder hatte er sich über die von den Veranstaltern ausgeschriebene Lotterie um einen Teilnahmeplatz für den Ironman auf Hawaii beworben. "Für eine Qualifikation über die Zeit reicht es bei mir leider nicht", sagt der Ausdauersportler. Doch wer braucht schon schnelle Wettkampfzeiten, wenn er Glück hat? Im April dieses Jahres kam die unverhoffte Mitteilung: Levetzow erhält als einziger Deutscher unter den rund 80 000 Bewerbern einen von insgesamt 100 Lotteriestartplätzen.

Seither trainiert der Sportfan ehrgeizig für den wohl bekanntesten Triathlon der Welt, der seit 1978 zunächst auf Oahu und seit 1981 auf Big Island, der größten Insel Hawaiis, ausgetragen wird. Doch so himmlisch die Vorstellung vom Wettkampf im Paradies auch sein mag - die realen Wettkampfbedingungen sind es ganz gewiss nicht. Starke Winde und Hitze von bis zu 40 Grad im Schatten machen den Ironman auf Hawaii zu einem Höllentrip für Profis und Amateure. Längst nicht jeder der rund 1800 Teilnehmer schafft es ins Ziel. "Ich hoffe, dass ich das Schwimmen im Pazifik überstehe", sagt Levetzow, der die 3,8 Kilometer im 24 Grad Celsius warmen Wasser laut Reglement und entgegen der Gewohnheit ohne Neoprenanzug zurücklegen muss. Wie es ist, die Strecke ohne Anzug zu bewältigen, hat Levetzow bereits beim Qualifikationsrennen im österreichischen Klagenfurt Anfang Juli erfahren. "Einen Ironman muss man trotz Auslosung beenden, sonst darf man nicht teilnehmen", erklärt er und erinnert sich an seinen Probewettkampf, der eine hervorragende Übungseinheit gewesen sei, wie Levetzow betont: "Dort herrschten 42 Grad im Schatten, und ich bin innerhalb von 14 Stunden und einigen längeren Pausen problemlos durchgekommen."

Durchkommen - das ist auch das angestrebte Ziel für Big Island. Levetzow hat sich extra neue Fahrräder besorgt, die nicht so windanfällig sind wie seine bisherigen Räder. Den Tipp fürs richtige Equipment hat ihm der deutsche Triathlet und erfolgreiche Ironman-Teilnehmer Timo Bracht, 37, Anfang September beim Trainingslager auf Lanzarote gegeben, wo sich Profis und Hobbysportler angesichts der hervorragenden Trainingsbedingungen häufig gemeinsam auf einen Wettkampf vorbereiten. "Es ist prima, wenn man ein paar Ratschläge von jemandem wie Timo bekommt", sagt Levetzow, "zumal er bereits mehrfach auf Hawaii an den Start gegangen ist und die kniffligen Streckenabschnitte kennt."

Knifflig und neu dürfte vor allem die Einsamkeit mancher Passagen auf Big Island sein, an die Levetzow sich beim Training erst gewöhnen musste: "Die Gegebenheiten sind ganz anders als in Europa oder Südafrika. Auf Hawaii muss man auf dem Rad einen Höhenunterschied von rund 1500 Metern überwinden. Eine Herausforderung, auf die ich sehr gespannt bin."

Unterstützt wird Levetzow vor Ort von Freundin Susann, 35, die ein paar Tage nach ihm nach Kona auf Hawaii gereist ist und den Ausdauerathleten im Ziel in Empfang nehmen wird. "Das motiviert doppelt", sagt Levetzow und lächelt. Und worauf freut er sich nach dem Wettkampf am meisten? "Auf ein salziges, fettiges Essen. Steak und Pommes wären ideal", betont der 41-Jährige, der wie die anderen Sportler während des Wettkampfs vor allem süße, Energie liefernde Gels zu sich nehmen wird.

Vor den körperlichen Folgen des Ironman hat der Hamburger mittlerweile keine Angst mehr. Er weiß genau, dass die Schmerzen beim Treppensteigen nach ein paar Tagen vergehen und das Gefühl der Erschöpfung verschwunden sein wird - zumal wenig später eine Belohnung wartet: Nach dem Wettkampf will Levetzow mit Freundin Susann Urlaub auf der Insel Maui machen und sich entspannen.

Und dann? War es das mit dem Langstrecken-Triathlon? "Natürlich nicht", sagt Levetzow, "ich mache weiter, bis es keinen Spaß mehr macht." Lanzarote heißt sein nächstes Ziel. Der Ironman dort soll Gerüchten zufolge nämlich noch etwas härter und anstrengender sein als jener auf Hawaii - dieser Hölle im Paradies.