Hummels verletzt, Bender verletzt, Lahm gesperrt – Bundestrainer Löw muss für die kniffligen WM-Qualifikationsprüfungen in Irland und gegen Schweden Abwehr-Lösungen finden. Erste Reaktion ist ein Überraschungs-Comeback des schon ausgemusterten Westermann.

Frankfurt/Main. Nach einem entspannten Wochenend-Besuch des Münchner Oktoberfestes in geliehener Lederhose musste Joachim Löw noch vor dem Treffpunkt der Fußball-Nationalmannschaft einen Notplan für seine plötzlich arg geschwächte Abwehr entwerfen. Für die verletzte Stammkraft Mats Hummels und Defensiv-Allrounder Lars Bender zauberte der Bundestrainer am Montag überraschend den schon ausgemusterten Hamburger Heiko Westermann als Ersatzmann für die kniffligen WM-Qualifikationsprüfungen am Freitag in Irland und vier Tage später in Berlin gegen Schweden aus dem Hut. Gelassen reagierte Löw am Abend in Frankfurt auf die Personalnot und die öffentlichen Ratschläge von Bayern-Präsident Uli Hoeneß zum Führungsstil.

Zuvor hatte sich über Nacht die personelle Situation verschärft. Der Dortmunder Hummels muss wegen einer schweren Prellung am rechten Mittelfuß, die er am Sonntag im Bundesligaspiel bei Hannover 96 erlitten hatte, zwei Wochen pausieren. Der Leverkusener Bender sagte wegen Knieproblemen ab. Den Dortmunder Ilkay Gündogan (Stauchung der Lendenwirbelsäule) hatte Löw bereits vorab streichen müssen.

Der 29 Jahre alte Westermann hat das Nationaltrikot zuletzt vor fast zwei Jahren getragen. Der nachnominierte HSV-Profi spielte beim 0:0 im Testspiel gegen Schweden am 17. November 2010 in Göteborg neben dem damaligen Newcomer Hummels in der Innenverteidigung. Der vielseitige Westermann kann aber auch außen verteidigen.

In Frankfurt, wo sich die nominierten 20 Akteure bis zum späten Montagabend im Teamhotel einfinden mussten, bereitet sich die DFB-Auswahl um Rückkehrer Bastian Schweinsteiger bis Donnerstag vor. Dann geht es weiter nach Dublin, wo Löw am Freitag (20.45 Uhr/ZDF) gegen die von Giovanni Trapattoni betreuten Iren auch den nach zwei Gelben Karten gesperrten Münchner Philipp Lahm ersetzen muss.

Der Kapitän konnte immerhin trotz einer Schienbeinprellung schon grünes Licht für seinen Einsatz im zweiten Spiel gegen Schweden geben. Auch sein Bayern-Kollege Thomas Müller sieht trotz einer Risswunde am Auge keine Gefahr für seine Spieleinsätze. „Es wird schon gehen“, erklärte der Mittelfeldspieler.

Die personellen Probleme erschweren den Sechs-Punkte-Plan des Bundestrainers, der möglichst auch die Gruppenspiele drei und vier des Ausscheidungs-Marathons für die WM 2014 in Brasilien siegreich bestreiten möchte. „Es gibt aber keinen Automatismus, dass wir jedes Qualifikationsspiel gewinnen“, mahnte Löw. Die EM-Teilnehmer Irland und Schweden hätten „eine gute Qualität“, betonte er.

Lars Bender hatte Löw neben dem Münchner Jérome Boateng als möglichen Ersatzmann für den in Irland gesperrten Lahm im Blick. Auch der Schalker Benedikt Höwedes könnte rechts verteidigen. Links wird es Löw wohl erneut mit dem Dortmunder Marcel Schmelzer versuchen.

Auf den Außenposten der Viererkette plagen den Bundestrainer – mal abgesehen von Fixgröße Lahm – seit Jahren Probleme. „Ich kann auf dieser Position nicht aus dem Vollen schöpfen. Wir haben den Anspruch, das höchste internationale Niveau zu erreichen. Da müssen sich die Spieler weiterentwickeln“, erklärte Löw. In Irland muss er sogar die halbe Abwehrkette umbesetzen, da er auch Hummels ersetzen muss.

Beim Treffpunkt des Teams konterte Löw die öffentlichen Aussagen von Bayern-Präsident Hoeneß. „Es ist mir mittlerweile egal, wer was zu diesem Thema sagt“, erklärte der Bundestrainer. Hoeneß hatte „mehr Druck“ statt „guter Laune“ im Umgang mit den Nationalspielern angemahnt und die Rundumversorgung von Lahm und Co. als überzogen bewertet. „So lange die Spieler in diesem Maße konzentriert und intensiv arbeiten, was bislang immer der Fall war, werden wir die Dinge auch weiter so handhaben“, betonte Löw.

Die ersten ein, zwei Jahre als Bundestrainer habe er sich noch dafür interessiert, „wer irgendwas dazu sagt irgendwo in der Republik, aus der Richtung oder aus der Richtung“, bemerkte Löw mit Verweis auf eine weitgehend erfolgreiche Arbeit seit seinem Amtsantritt 2006: „Aber heute bin ich völlig entspannt, wenn ich solche Dinge höre. Ich weiß, dass ich von unseren Dingen überzeugt bin. Wir machen das, was wir für richtig halten.“