Der Rekordweltmeister verkündet in Japan seinen endgültigen Rücktritt

Hamburg. Japan, Südkorea, Indien, Abu Dhabi, USA und Brasilien - das sind die Stationen der Abschiedstournee, die Michael Schumacher gestern in Suzuka offiziell gemacht hat. Sechsmal fährt der erfolgreichste Rennfahrer der Formel-1-Geschichte noch im Kreis, dann stellt er am 25. November in São Paulo den Motor endgültig ab. Drei Jahre Zugabe sind abgeschlossen, es wird keine Fortsetzung geben. "Ich gehe zufrieden", sagte Schumacher. Kein Wunder, denn seine Rekorde bleiben, auch nach dem sportlich eher mäßig gelungenen Comeback. 308 Rennen werden es dann sein, 91 Siege, sieben Weltmeistertitel. Der 43-Jährige ist, wie Formel-1-Legende Niki Lauda gestern sagte, "der beste Rennfahrer, seit es die Formel 1 gibt".

Vor sechs Jahren, als Schumacher nach 16 Formel-1-Jahren zum ersten Mal zurücktrat, war sein Akku leer, alle Kraft verbraucht. Diesmal, in seiner zweiten Karriere, ging es schneller. "Ich habe die Motivation und Energie verloren, die man zweifelsfrei braucht", sagte der Altmeister. Die Verhandlungen mit dem aufstrebenden, 16 Jahre jüngeren Briten Lewis Hamilton mögen entscheidend zum Abschied beigetragen haben, auch wenn Schumacher sagt, er sei an der Entscheidung über seinen Nachfolger beteiligt gewesen. "Es ist nicht mein Stil, etwas zu tun, wovon ich nicht hundertprozentig überzeugt bin", begründete er den endgültigen Ausstieg. "Jetzt hatte ich wieder das Gefühl, dass es an der Zeit ist."

Vergleiche mit dem großen Juan Manuel Fangio, der 1957 mit sogar 46 zum fünften Mal Weltmeister wurde, verbieten sich. Der Argentinier musste damals nur sieben Rennen bestreiten.

Bei Schumacher sind es 20 pro Jahr. Aber mehr als einen dritten Platz im Juni in Valencia und die schnellste Trainingszeit beim klassischen Grand Prix in Monaco hat Schumacher in seiner zweiten Karriere im Silberpfeil nicht erreichen können. Erst im dritten Jahr hatte er es geschafft, seinem jungen Teampartner Nico Rosberg ebenbürtig zu sein, wurde aber oft von technischen Gebrechen des Mercedes gebremst, zudem leistete er sich den einen oder anderen Fahrfehler. Den einzigen Sieg für das neue Mercedes-Team fuhr dann auch Rosberg heraus.

Dennoch schließt Schumacher das Kapitel Formel 1 gelassen ab. "Die Gesamtheit dessen, was ich in der Formel 1 erreicht habe, hat sich ja nicht geändert", sagt er. Dass er mit den Jüngeren noch mithalten kann, hat er zweifelsfrei bewiesen. Und anders als in seiner ersten Karriere, als Kritiker den Erfolgsmenschen Schumacher als fahrenden Computer mit Ellenbogen abqualifizierten, gewann der Altmeister diesmal Sympathien als Mensch aus Fleisch und Blut, der auch verlieren kann. "Ich habe gelernt, dass Verlieren schwieriger sein kann als Gewinnen", räumte er ein, hakte die drei Jahre seines Comebacks aber als Lehrjahre auf der Habenseite ab: "Ich habe vieles gelernt, natürlich auch über mich selber. Das hat mich als Mensch weitergebracht."

Neben allen sportlichen Erfolgen wird Michael Schumacher als stilprägende Figur in Erinnerung bleiben, die den Vollgassport auf ein neues Niveau gehoben hat. Der Kraftfahrzeugmechaniker aus Kerpen machte die Formel 1 endgültig zum Leistungssport, der ohne Kraft- und Ausdauertraining nicht mehr beherrschbar wäre. Harte Arbeit und Disziplin waren die Schlüsselwörter, die ihn über seine gesamte Karriere begleiteten. Der Multimillionär hat auch auf seinem Anwesen in der Schweiz, das er mit seiner Frau Corinna und den Kindern Gina Maria, 15, und Mick, 13, bewohnt, nie vergessen, dass er einst als Lehrling mit 269 Mark im Monat auskommen musste. Zum Abschied verneigten sich Wegbegleiter und Konkurrenten vor ihrem Größten. Mercedes-Sportchef Norbert Haug bedankte sich für die Zusammenarbeit: "Michael hat alles gegeben, nie aufgegeben." Und sein langjähriger Teamchef Ross Brawn, mit dem er die WM-Titel bei Benetton und Ferrari feierte, sagte: "Es war ein großes Privileg, mit Michael zusammenzuarbeiten."

Weltmeister Sebastian Vettel hätte sich gewünscht, dass Schumacher doch einmal weiterfährt, und wenn es beim Schweizer Sauber-Rennstall gewesen wäre. Als er gestern die Nachricht vom endgültigen Rückzug erfuhr, sagte Vettel: "Das ist ein großer Verlust. Es war immer etwas Besonderes, gegen ihn zu fahren." Nico Rosberg, Schumachers Teampartner der vergangenen drei Jahre, sagte, er könne sich glücklich schätzen, Schumacher als Teamkollegen gehabt zu haben. Schumachers Nachfolger Lewis Hamilton brachte es auf den Punkt: "Ich denke, niemand kann Michael ersetzen."

Was Michael Schumacher nun jenseits des Pulverdampfs der Formel 1 machen wird, ließ er gestern offen. "Es gibt für mich Möglichkeiten, dem Konzern erhalten zu bleiben", reagierte er bereits auf ein Angebot von Mercedes-Chef Dieter Zetsche. Der hatte gesagt: "Ich wünsche mir, dass Michael Schumacher nach seiner aktiven Zeit im Mercedes-Cockpit Partner unseres Unternehmens bleibt."

Dass es sich Schumacher noch einmal anders überlegt und irgendwann ein zweites Comeback startet, ist unwahrscheinlich. "Vielleicht ist es diesmal ja für immer", juxte er in Japan.