Ihm werden Doping und Tierquälerei vorgeworfen. Jetzt spricht der Marler über Fehler und falsche Freunde.

Abendblatt:

Herr Ahlmann, sind Sie ein Tierquäler?

Christian Ahlmann:

Mittlerweile zieht der Fall Kreise - da fehlen mir die Worte. Das ist alles eine Katastrophe. Es werden Dinge vermengt, die mit mir persönlich nichts zu tun haben.



Abendblatt:

Vor über zwei Monaten wurde bei Ihrem Pferd Cöster der verbotene Wirkstoff Capsaicin nachgewiesen. Der Fall beschäftigt die Juristen: Einstweilige Verfügungen, Klagen, Urteile, Berufungen - gehen Sie nur noch bei Ihrem Anwalt ein und aus?

Ahlmann:

Ich telefoniere nur selten mit ihm. Was ich zum Fall zu sagen hatte, habe ich vor Wochen gesagt. Und eigentlich dachte ich auch, dass das Ganze mit der Sperre abgeschlossen wäre. Aber jetzt geht es immer weiter.



Abendblatt:

Wie fühlt man sich, wenn einem die halbe Nation im besten Fall Dummheit vorwirft.

Ahlmann:

Das muss ich mir gefallen lassen, denn ich habe ja schließlich den Fehler gemacht.



Abendblatt:

Für Ihre Heimatstadt Marl waren Sie bislang das Aushängeschild. Wie reagieren die Menschen auf der Straße?

Ahlmann:

Wirklich negative Erfahrungen habe ich bisher nicht gemacht. Dabei würde ich es sogar gut finden, wenn jemand die Hosen anhätte und sagen würde: "Du bist ein Arschloch, ich glaube dir nicht." Das passiert eher hinter vorgehaltener Hand.



Abendblatt:

Was entgegnen Sie jemandem, der Sie einen Dopingsünder oder Tierquäler nennt?

Ahlmann:

Ich kann nur immer wieder sagen, dass das absurd ist und dass ich mit gutem Gewissen gehandelt habe. Allerdings bin ich mittlerweile auch der Meinung, dass man nicht immer jedem alles erklären muss.



Abendblatt:

Erklären müssen Sie sich unter anderem vor dem Sportgerichtshof, wo der nationale Verband eine härtere Strafe gegen Sie durchsetzen will.

Ahlmann:

Im Moment werde ich zum Gegner der eigenen Leute gemacht. Von den Plänen habe ich in der Halbzeit des Fußballspiels Schalke gegen Paris im Stadion erfahren. Ich bin echt vom Glauben abgefallen.



Abendblatt:

Warum wollen die Verbandsoberen weiter gegen Sie vorgehen?

Ahlmann:

Auf Druck von außen, der Medien vielleicht. Möglicherweise denken sie wirklich, der Ahlmann ist ein ganz Schlimmer, dem man das Handwerk legen muss. Dass ich einen Fehler gemacht habe und dafür bezahle, steht außer Frage. Aber dass der Verband zusätzlich gegen den eigenen Reiter vorgeht, liegt außerhalb meines Verständnisses.



Abendblatt:

Der Verband hatte nach den Vorfällen von Hongkong angekündigt, dass Sie die Kosten für die vorzeitige Heimreise erstatten müssen. Haben Sie den Flug tatsächlich bezahlt?

Ahlmann:

Nein. In solchen Momenten wird von vielen Seiten vieles gesagt. Ich glaube nicht, dass der Verband selbst etwas bezahlt hat.



Abendblatt:

Keine Turniere reiten zu dürfen bedeutet Verdienstausfall. Wie viel kosten Sie der positive Test und seine Folgen?

Ahlmann:

Die Anwaltskosten belaufen sich schon auf über 50 000 Euro. Zudem fielen lukrative Turniere für mich aus, schwerer wiegen aber der Imageschaden und die fehlende Planungssicherheit.



Abendblatt:

Sie haben vor nicht allzu langer Zeit 1,5 Millionen Euro in Ihren Pferdebetrieb investiert. Haben Sie Existenzängste?

Ahlmann:

Zum Glück haben wir uns das Geld dafür erarbeitet. Deshalb ist es kein akutes Problem, aber irgendwann ist das Polster aufgebraucht.



Abendblatt:

Sind Sie im Moment eigentlich arbeitslos gemeldet?

Ahlmann:

Nein, Gott sei Dank musste ich mich damit noch nicht beschäftigen.



Abendblatt:

Fließt noch Geld von den Sponsoren?

Ahlmann:

Bisher stehen alle hinter mir. Marion Jauß (Besitzerin von Cöster aus Neritz bei Hamburg, d. Red.) , die für mich viel mehr als ein Sponsor ist, baut mich immer wieder auf. Sie hat gesagt, dass wir das gemeinsam bis zum vielleicht bitteren Ende durchstehen.



Abendblatt:

Haben sie auch andere Erfahrungen gemacht?

Ahlmann:

In meiner Karriere gab es nie richtige Nackenschläge. Also hatte ich auch immer 1000 Freunde und Bekannte, die mitgefeiert haben. Das wurde in der aktuellen Situation bös dünn.



Abendblatt:

Was haben Sie aus Ihrem "Fehler" gelernt?

Ahlmann:

Dass man vieles noch mehr hinterfragen muss, sich nie auf andere Leute verlassen darf. Und dass man am Ende immer die Suppe selbst auslöffeln muss.



Abendblatt:

Was passiert mit Cöster und Ihren anderen Pferden?

Ahlmann:

Die werden mit Training fit gehalten. Drei, vier Monate geht das, sie brauchen ja ohnehin zwischendurch mal eine Pause. Wenn ich tatsächlich noch länger gesperrt werden sollte, müsste ein anderer Reiter her.



Abendblatt:

Wird man Sie noch einmal bei einem Championat für Deutschland reiten sehen?

Ahlmann:

Mal abgesehen davon, dass man mich im Moment sowieso nicht will, verbietet es mir mein Stolz, nach allem, was vorgefallen ist, an irgendwelche Teilnahmen mit dem deutschen Team zu denken.



Abendblatt:

Andere Reiter haben nach Differenzen mit dem nationalen Verband das Land gewechselt. Kommt das für Sie infrage?

Ahlmann:

Es gibt noch keine konkreten Kontakte, aber in Erwägung ziehe ich das schon, wenn es hier keine Basis mehr für eine Zusammenarbeit gibt.