Auch Tommy Haas wird in Hamburg gegen Australien fehlen

Hamburg. Patrik Kühnen ist ein Mensch, den man sich als Streitgegner wünscht. Der 46-Jährige, seit 2003 Kapitän der deutschen Daviscup-Herren, ist stets um Ausgleich bemüht, er ist Argumenten zugänglich und versucht, sich in sein Gegenüber hineinzuversetzen. Um den Saarländer von seiner Linie abzubringen, sich bedingungslos vor seine Mannschaft zu stellen, muss einiges passieren. Philipp Kohlschreiber aber hat das nun geschafft.

"Ich habe entschieden, im Sinne des Teamgeists zu handeln und auf Philipp Kohlschreiber zu verzichten", sagte Kühnen gestern, als er am Hamburger Rothenbaum das Aufgebot präsentierte, das an gleicher Stelle vom 14. bis 16. September im Relegationsspiel gegen Australien den Verbleib in der Daviscup-Weltgruppe sichern soll. Das war passiert: Kohlschreiber, der in der Nacht zu Mittwoch bei den US Open nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe sein Achtelfinalmatch gegen den Serben Janko Tipsarevic absolvierte, hatte in der vergangenen Woche in New York in einer Medienrunde harte Kritik am Innenverhältnis im Daviscup-Team geübt. "Wir sind kein Team, das durch Freundschaft glänzt. Wir sind unterschiedliche Charaktere, die sich wie Magnetpole voneinander wegbewegen", sagte der Augsburger, der in der Weltrangliste derzeit als bester Deutscher an Position 20 geführt wird.

Auch wenn diese Worte hauptsächlich an seinen Intimfeind Tommy Haas gerichtet waren, brachten sie Kühnen in Rage. "Wir hatten wenige Tage zuvor ein intensives Gespräch, in dem wir uns über alle Themen ausgesprochen hatten. Wir waren uns einig, dass wir wieder an einem Strang ziehen wollten. Und dann haut er solche Äußerungen raus", echauffierte sich der Teamchef. Als Kohlschreiber dann die Bitte nach einem erneuten Klärungsgespräch mit dem Hinweis ablehnte, Kühnen möge sich an sein Management wenden, war dessen Geduld endgültig aufgebraucht.

Die Eskalation ist der negative Höhepunkt eines Streits, der seit Monaten schwelt. Kohlschreiber verübelte Kühnen, dass dieser im Februar zum Erstrundenspiel gegen Argentinien in Bamberg Haas ein Daviscup-Comeback verschaffte. Im Mai hatte das Team als "Retourkutsche" Kühnen für den World Team Cup in Düsseldorf als Teamchef ausgebootet. Einige Spieler bemängeln seit Jahren Kühnens Nähe zum gebürtigen Hamburger Haas. Dass der Weltranglisten-21. gestern seine Teilnahme am Relegationsmatch aus persönlichen Gründen absagte, ging im Wirbel um den Streit beinahe ein wenig unter.

Nun soll der Bayreuther Florian Mayer, an Position 23 der Welt geführt, das deutsche Herrentennis in der Erstklassigkeit halten. Der als wankelmütig bekannte Bayer hatte am Rothenbaum in den vergangenen Jahren starke Leistungen gezeigt, in diesem Sommer jedoch bei seiner Viertelfinalniederlage gegen Tommy Haas ein erbärmliches Bild abgegeben. "Flo hat mir signalisiert, dass er unbedingt spielen will. Er hat viel Erfahrung und mein absolutes Vertrauen", sagte Kühnen, der zudem Benjamin Becker (Orscholz/Nr. 85), Cedrik-Marcel Stebe (Vaihingen/97) und Philipp Petzschner (Bayreuth/106) aufstellte. Für Australien werden Bernard Tomic (Nr. 43), Matthew Ebden (71), Lleyton Hewitt (125) und James Duckworth (216) spielen. Tickets für die Partie gibt es unter www.dtb-tennis.de oder Telefon 01805-997727.