In einem dramatischen Finale gewinnen Björn Otto und Raphael Holzdeppe Medaillen im Stabhochsprung. Zuvor hatte Betty Heidler im Hammerwerfen Bronze gewonnen.

London. Silber und Bronze für Björn Otto und Raphael Holzdeppe bei der spektakulären Flugshow von "Air France" Renaud Lavillenie: Die beiden Überflieger verpassten zwar das erste Stabhochsprung-Gold für Deutschland seit 40 Jahren, durften sich aber über die größten Erfolge ihrer Karrieren freuen. Es waren die ersten deutschen Stabhoch-Medaillen bei Olympia seit Andrej Tiwontschik, der 1996 in Atlanta Bronze geholt hatte.

Der Topfavorit aus Frankreich übersprang in seinem letzten Versuch 5,97 Meter und verwies Otto (Dormagen) und Holzdeppe (Zweibrücken), die beide 5,91 m übersprungen hatten, auf die Plätze. Das bisher einzige deutsche Gold in dieser Disziplin hatte Wolfgang Nordwig 1972 in München für die DDR gewonnen.

Otto hatte einen ganz sicheren Start in den Wettkampf hingelegt. Der Biologiestudent überquerte seine ersten beiden Höhen (5,50 und 5,65) jeweils deutlich. Auch die 5,75 waren kein Problem. Erst bei 5,85 musste der Hobbypilot dann seine ganze Erfahrung auspacken. Doch der Oldie, der im hohen Stabhochsprungalter von 34 Jahren zuletzt immer besser wurde, behielt die Nerven und meisterte auch diese Aufgabe.

Nur war er mit einem kleinen Handicap in seine Olympiapremiere gestartet. Nachdem sein Lieblingsstab zuletzt einen Knacks abbekommen hatte, hatte er sein neues Arbeitsgerät erst kurz vor den Spielen erhalten. "Mein neuer Stab ist noch rechtzeitig aus den USA geliefert worden - aber leider erst nach dem letzten Wettkampf. Ich konnte ihn noch nicht testen", hatte der Vizeeuropameister gesagt. Otto ist mit 90 Kilogramm der schwerste Athlet unter den Weltklassespringern, deshalb springt er den härtesten Stab der Szene. Mit dem lassen sich die ganz großen Höhen angehen - aber es bedarf extrem viel Kraft, ihn zu biegen.

Otto hatte sich bereits im Juni dieses Jahres bei der Leichtathletik-Europameisterschaft in Helsinki ein begeisterndes Duell mit Renaud Lavillenie geliefert. Auch damals behielt der Franzose nach einem dramatischen Verlauf knapp die Nase vorn. Holzdeppe war mit 5,77 Metern Dritter geworden. Das Ergebnis wiederholte sich also bei Olympia.

Raphael Holzdeppe bewies im Hexenkessel von London ebenfalls Nervenstärke. Der Schützling von Tiwontschik, der 1996 Bronze geholt hatte, übersprang erst im dritten Versuch die 5,85, spielte dann aber seine enorme Anlaufstärke aus und flog direkt über 5,91. Damit verbesserte er seine bisherige persönliche Bestleistung um grandiose elf Zentimeter. Der Hobby-Basketballer sicherte sich damit nach EM-Bronze die zweite große Medaille seiner noch jungen Karriere. Holzdeppe war vor vier Jahren kometenhaft aufgestiegen, als er mit 18 Jahren 5,80 Meter und damit Juniorenweltrekord sprang.

Der WM-Fünfte Malte Mohr aus Wattenscheid, ebenfalls ein Medaillenkandidat, kam nicht über 5,50 hinaus und sprang wie bei der EM in Helsinki erneut an Edelmetall vorbei. Am Ende wurde er enttäuschender Neunter.

Der australische Peking-Olympiasieger Steve Hooker und Mitfavorit Brad Walker aus den USA hatten sich bereits früh aus dem Medaillenrennen verabschiedet, nachdem sie bereits an ihrer Anfangshöhe völlig überraschend gescheitert waren.

Angesichts ihrer Vorleistungen und der souverän gemeisterten Qualifikation, in der überraschend Weltmeister Pawel Wojciechowski aus Polen und der kubanische WM-Zweite Lazaro Borges scheiterten, waren die deutschen Höhenjäger extrem selbstbewusst in den Wettkampf gegangen. Alle drei hatten sich Hoffnungen auf eine Medaille gemacht. "Ich bin momentan auf Platz drei in der Welt, da will ich mich natürlich auch anständig verkaufen", hatte Mohr stellvertretend das Motto für das Stabhochsprung-Trio ausgegeben und unterstrichen: "Ich habe noch nie eine Freiluftmedaille gewonnen. Ich würde gerne auch mal in diese Richtung zuschlagen."

Doch der Sportsoldat hatte seine Nerven leider nicht im Griff und ließ seinen Worten keine Taten folgen. Aber auch er fieberte mit und freute sich mit den beiden Teamkollegen über die Medaillen.

Heidler holt Bronze

Betty Heidler darf ihre Bronzemedaille im olympischen Hammerwurf unterdessen behalten, der Protest Chinas gegen die Wertung des Finals ist abgelehnt worden. Heidler (Frankfurt) war nach einem Kampfrichter-Fehler nachträglich die Bronzemedaille zugesprochen worden.

Die Frankfurterin hatte im fünften Versuch des Finals im Londoner Olympiastadion an die 77-m-Marke herangeworfen, was die elektronische Weitenmessung nicht erfasste. Die Kampfrichter überprüften aber noch einmal alle Werte im System und gaben den Wurf mit 77,13 m gültig. Durch die Umwertung rutschte die Chinesin Zhang Wenxiu vom dritten auf den vierten Platz. Im Zuge der Verhandlungen über den chinesischen Protest korrigierten die Kampfrichter Heidlers Weite noch auf 77,12 Meter, was am Ergebnis aber nichts mehr änderte.

Mit Material von dpa und sid