Der gebürtige Krefelder führte die britischen Teamsprinter zu Gold und fiel zuvor absichtlich hin

London. Als die englischen Zeitungen am Freitag "His Royal Hoyness" huldigten, lag längst ein Schatten auf dem Olympiatriumph von Sir Christopher Andrew Hoy und seinen Bahnrad-Teamsprintern. Ausgerechnet Hoys "deutscher" Anfahrer Philip Hindes rief durch unbedachte Äußerungen große Zweifel an der Rechtmäßigkeit des historischen Sieges hervor. Er sei, erzählte Hindes, in der Qualifikation absichtlich gestürzt. "Wir haben gesagt, wenn wir schlecht starten, müssen wir stürzen, um einen Neustart zu erzwingen. Ich bin gestürzt, habe es absichtlich getan. Es war alles geplant", hatte Hindes, der aus Krefeld stammt und einen englischen Vater hat, direkt nach dem Wettkampf gesagt. Der Sturz hatte dazu geführt, dass das britische Team gemäß des Regelwerks einen zweiten Startversuch unternehmen durfte.

Jan van Eijden, deutscher Trainer der britischen Sprinter, erklärte, die Aussage sei "scherzhaft" gemeint gewesen und im Überschwang der Freude entstanden. "Philip hat dabei nicht nachgedacht", sagte van Eijden. Der Sturz des 19-Jährigen sei vielmehr durch einen Fehler entstanden: "Er ist zu früh losgefahren und hat dann die Kontrolle verloren. Er ist ins Straucheln geraten und konnte es nicht mehr ausbalancieren."

Der britische Verband teilte allerdings mit, Hindes' Kommentar sei aufgrund seiner noch mangelhaften Englischkenntnisse "falsch übersetzt" worden. Sportrechtliche Folgen wird es nicht geben. "Es gab keinen Protest, und die Goldmedaille ist verteilt - dabei bleibt es", erklärte Enrico Carpani, der Sprecher des Weltverbandes UCI, im Londoner Velodrom. Am Dienstag hatten Badmintonspielerinnen aus China, Südkorea und Indonesien versucht, aus taktischen Gründen ihre Spiele zu verlieren, und wurden disqualifiziert.

Nach dem Wettkampf hatte Hindes unter dem Jubel Tausender Briten den Union Jack geschwenkt und sich zu seiner Wahlheimat bekannt. "Ich wollte immer nur für Großbritannien starten", sagte Hindes. Überwältigt lag er seinem Vorbild Hoy, dem auf dem Podium Tränen der Freude herunterliefen, und dem dritten Mann, Jason Kenny, in den Armen, nachdem das Trio im Finale eine Zeit von 42,600 Sekunden gefahren war. Der gebürtige Schotte Hoy stieg nach dem Gewinn seiner fünften olympischen Goldmedaille zum erfolgreichsten Olympioniken des Empire auf. Schwer vorstellbar, dass IOC oder UCI dieses Ergebnis antasten werden.

Vor gut einem Jahr war Hindes zu den Briten gewechselt, nachdem er in Deutschland aufgrund der starken Konkurrenz auf der Position des Anfahrers keine Chance mehr gesehen hatte. Dabei hatte er noch vor zwei Jahren bei der Junioren-WM mit den deutschen Teamsprintern den dritten Platz belegt. Doch der Weg in die Nationalmannschaft war nahezu aussichtslos. Deutschland hat in René Enders nachweislich den schnellsten Anfahrer der Welt, und da der Erfurter gerade einmal 25 Jahre alt ist, dürfte dessen Position noch für Jahre fest vergeben sein.

Allerdings: Hätte der Deutsche Olympische Sportbund sein Veto eingelegt, wäre der 19-Jährige in London nicht startberechtigt gewesen, monierte Bundestrainer Detlef Uibel: "Wir wurden erst informiert, als alles feststand. Das ist sportpolitisch fragwürdig." Der Verband müsse sportpolitisch energischer sein, wolle man Medaillen gewinnen, so Uibel: "Hindes hätte für den Olympiazyklus gesperrt werden können."