Mit einer eindrucksvollen Demonstration seiner Stärke hat sich Wladimir Klitschko in der Nacht zu Sonntag zum besten Schwergewichts-Boxprofi der Welt gekrönt.

Gelsenkirchen. Der 33 Jahre alte Ukrainer besiegte vor 61.000 Zuschauern in der ausverkauften Veltins-Arena WBA-Weltmeister Ruslan Chagaev aus dem Hamburger Universum-Stall durch technischen K.o. in Runde zehn und verteidigte damit seine WM-Titel nach Version von IBF und WBO. Für Klitschko war es im 56. Profikampf der 53. Sieg, Chagaev musste im 27. Kampf die erste Niederlage hinnehmen.

Bereits in der zweiten Runde war der 30 Jahre alte Usbeke nach einer Links-Rechts-Kombination des in allen Belangen überlegenen Klitschko zum ersten Mal in seiner Profikarriere zu Boden gegangen. Dennoch blieb er in der Folgezeit mutig und versuchte, die Distanz zum 15 Zentimeter größeren und sieben Kilo schwereren Gegner (2 Meter, 109 kg) zu überbrücken, was ihm jedoch nie entscheidend gelang. Zwar fand Chagaev früh ein Mittel, Klitschkos Jab zu blocken, dafür fand die Rechte immer wieder den Weg zum Kopf. Nach einer Serie von schweren Treffern in Runde neun wankte der durch einen in Runde sieben entstandenen Cut am linken Auge gezeichnete Chagaev in seine Ecke, wo Trainer Michael Timm die Entscheidung fällte, das ungleiche Duell abzubrechen.

„Es hätte keinen Sinn gemacht, Ruslan vernichten zu lassen. Er hat noch viel Potenzial, aber heute war Wladimir eindeutig der bessere Mann“, sagte Timm. Chagaev stimmte uneingeschränkt zu: „Es war nicht mein Tag, Wladimir ist der beste Schwergewichtler, den es derzeit gibt.“ Der so hoch Gelobte wollte diese Komplimente nicht annehmen. „Der beste Schwergewichtler ist mein Bruder Vitali. Ich habe alles gegeben, aber nicht alles gezeigt. Ruslan hat alles versucht, aber ich war heute besser. Mein bester und härtester Kampf liegt aber noch vor mir“, sagte er.

Gegen wen er in seinem nächsten Kampf antreten wird, ist noch nicht klar. Als Pflichtherausforderer warten der Russe Alexander Powetkin aus dem Berliner Sauerland-Team (IBF) und der Ukrainer Alexander Dimitrenko (WBO) aus dem Universum-Stall. Ein Duell mit dem Briten David Haye, der ursprünglich auf Schalke hätte antreten sollen, aber 17 Tage vor dem Kampf wegen einer Rückenverletzung absagte, wird es so schnell nicht geben. „Haye ist vorlaut und unreif, er muss jetzt ein paar Kämpfe machen und sich hinten anstellen“, sagte Klitschko.

Auch ein Kampf gegen den Russen Nikolai Valuev aus dem Sauerland-Team, der von der WBA ebenfalls als Weltmeister geführt wird, steht nicht in diesem Jahr an. „Valuev hatte die Chance, wir haben ihn nach Hayes Absage als ersten angefragt, aber er hat auch als erster abgesagt. Er hat kein Herz gezeigt, Ruslan Chagaev ja. Er ist für mich der wahre WBA-Weltmeister und der beste Mann im Schwergewicht nach den Klitschko-Brüdern“, sagte der Doppel-Weltmeister.

Dass er den WBA-Titel trotz des Sieges über Chagaev nicht tragen darf, hatte die WBA am Sonnabendmorgen entschieden, als sie bekanntgab, Chagaev dürfe den Titel nicht aufs Spiel setzen. Hintergrund: Chagaev und Valuev hätten am 30. Mai in Helsinki gegeneinander antreten und den „wahren“ WBA-Champion ermitteln sollen. Dieser Kampf war jedoch am Vorabend vom finnischen Verband abgesagt worden, da dieser befürchtete, Chagaev könnte als Träger von Hepatitis-B-Antigenen eine Ansteckungsgefahr für Valuev darstellen. Um diese mögliche Gefahr hatte es auch in Gelsenkirchen Wirbel gegeben. Allerdings hatten deutsche Fachärzte bestätigt und garantiert, dass von Chagaev keinerlei Gefahr ausgehe. Klitschko hatte erklärt, den deutschen Medizinern zu vertrauen. Zudem ist er gegen Hepatitis B geimpft.

Ob die WBA nach dem heutigen Duell eine baldige Neuansetzung des Kampfes Chagaev – Valuev anordnen oder doch einem von beiden wegen der dubiosen Umstände der Absage von Helsinki den Titel entziehen wird, bleibt weiter unklar. Der Verband mit Sitz in Panama stellte in seiner Erklärung den Antrag auf eine weitere Fristverlängerung, da man mit der Aufarbeitung der Geschehnisse von Helsinki nicht entscheidend vorangekommen sei.

„Es ist letztlich auch nicht wichtig, ob es um den Titel ging. Wichtig war, dass ich den besten Mann geboxt und besiegt habe“, sagte Klitschko, und Manager Bernd Bönte fügte an: „Das Chaos bei der WBA ist nur noch lächerlich. Das kann niemand mehr ernst nehmen.“