Beim Hamburger Triathlon will der Olympiasieger in die Weltspitze zurückkehren. Am 7. August will er in London seinen Titel verteidigen.

Hamburg. Wo er auftritt, scheint die Sonne, selbst in Hamburg. Jan Frodeno, 30, strahlt. Das Lächeln ist in das Gesicht des Olympiasiegers von Peking zurückgekehrt, wenn er in diesen Tagen mit seiner Freundin Emma Snowsill, 31, an Elbe und Alster entlangschlendert. Auch die Australierin holte 2008 olympisches Gold. Nach Monaten der Ungewissheit treibt ihn wieder ein Ziel an, die Olympischen Spiele in London. Am 7. August muss er im Hyde Park seinen Titel verteidigen.

"Jan ist unser Joker", sagt Wolfgang Thiel, der Sportdirektor der Deutschen Triathlon-Union (DTU). Mit Steffen Justus, 30, aus Jena und Maik Petzold, 34, aus Bautzen glaubt Thiel ohnehin zwei Kandidaten für die vorderen Plätze bei Olympia zu haben. "Aber ein gesunder Frodeno könnte natürlich alles toppen", sagt Thiel. Die Olympiafavoriten kommen allerdings aus England, die Brüder Brownlee, Jonathan und Alistair. Sie treten zum wiederholten Male nicht in Hamburg an.

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Was er körperlich drauf hat nach vier Monaten am Anfang dieses Jahres, in denen er wegen ständiger Schmerzen an der Achillessehne und später - nach einem Behandlungsfehler - auch in der Wade kaum laufen konnte, will Frodeno am heutigen Sonnabend beim Sprint in Hamburg (18.26 Uhr, ARD live) zeigen. Das sind 750 Meter Schwimmen in der Binnenalster und danach 20 Kilometer Rad fahren und fünf Kilometer laufen durch die Innenstadt. Die olympische Distanz ist doppelt so lang. Zweieinhalb Wochen vor London wäre sie für die Athleten eine zu große Belastung gewesen. "Nach einem normalen Triathlon brauche ich drei bis vier Tage, um mich zu erholen, nach einem Sprint kann ich am nächsten Tag wieder mit leichtem Training beginnen", sagt Frodeno.

Hamburg ist für alle Olympiastarter der letzte Formcheck, ein willkommenes Update, wie Petzold sagt. Für Frodeno ist es mehr. Es ist sein Comeback. Vor einem Monat hat er sich in Kitzbühel als 16. gerade noch für Olympia qualifiziert, "nach nur viereinhalb Tagen Lauftraining". Jetzt will er sich wieder mit den Besten messen. "Beim Training konnte ich zuletzt wieder mithalten, ob das auch beim Wettkampf klappt, wenn die Jungs ernst machen, muss ich jetzt schauen", sagt Frodeno. Hamburg ist dabei für ihn das richtige Pflaster. Zum neunten Mal startet er hier. "Es ist die geilste Veranstaltung der Saison." Die Strecke! Die Zuschauer! Die Atmosphäre! "Auf der ganzen Welt gibt es kein besseres Event."

Rückschläge hat Frodeno in seiner Karriere wiederholt einstecken müssen. 2010 fehlte ihm auf der letzten Etappe der WM-Tour in Budapest ein vierter Platz, um als Punktbester der Serie am Ende zum ersten Mal Weltmeister zu werden. Er wurde 41. Vor dem abschließenden Zehn-Kilometer-Lauf hatte er an der Spitze des Feldes gelegen, dann folgte bei ungewohnt niedrigen Temperaturen der körperliche Einbruch. "Das war damals eine bittere Erfahrung", sagt Frodeno, "ein Schock." Schon in den Wochen vor Budapest hatte er sich ausgebrannt gefühlt, mental erschöpft. Es gab Anzeichen eines Burn-out-Syndroms. Vor allem beim Laufen, seiner schwächsten Disziplin, ging es nicht mehr richtig voran. "Manchmal fühlte es sich für mich an, als wenn ich einen Drehzahlbegrenzer in meinem Körper hätte."

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In diesem Jahr war es diese langwierige Verletzung, die ihn nicht auf die Beine kommen ließ. Schwimmen konnte er, Rad fahren auch so halbwegs, Laufen aber, oft die entscheidende Disziplin des Dreikampfs, nur im Wasser. "Du gehst mit dem Gedanken ins Bett, am nächsten Tag willst du richtig angreifen. Dann geht wieder nichts. Und das über Wochen. Das zieht dich schon runter", sagt Frodeno. Ans Aufgeben habe er dennoch nie gedacht, "ich wollte unbedingt nach London, das hat mir stets Kraft gegeben". Und natürlich der Zuspruch seines Umfeldes in Saarbrücken; die Unterstützung seiner Freundin, aber auch das Wissen, über Jahre hart trainiert und sich eine gute Grundsubstanz erarbeitet zu haben.

Frodeno war und ist einer, der sich im Training - 40, 45 Stunden die Woche - quälen kann wie kaum jemand anders. Er hat Spaß daran, er braucht nicht den Wettkampf, um seine Reserven zu mobilisieren. "Das ist Fluch und Segen zugleich. Ich muss immer aufpassen, dass ich nicht überziehe", sagt er. Aber es sei genau diese Fähigkeit, an einem Tag alles zu geben, die ihn vor vier Jahren Olympiasieger werden ließ. Darauf vertraut Jan Frodeno in diesen Wochen wieder. "Ich fühle mich von Tag zu Tag besser. Vielleicht komme ich gerade noch rechtzeitig für London in Topform." In Hamburg will er deshalb eine Marke setzen, damit alle sehen, dass mit ihm wieder zu rechnen ist.