Radprofi Di Grégorio bleibt in Polizeigewahrsam. Prudhomme sieht den Beweis erbracht, „dass potenzielle Betrüger schnell geschnappt“ werden.

Bellegarde-sur-Alaserine. Sein mögliches Dopingvergehen kommt den weiter in Polizeigewahrsam befindlichen Radprofi Rémy Di Grégorio womöglich teuer zu stehen. Im Fall einer Verurteilung drohen dem 26-jährigen Franzosen nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP, die sich auf Justizkreise beruft, sieben Jahre Haft und eine Geldstrafe von 150 000 Euro. Christian Prudhomme, Chef der Tour de France, reagierte am Mittwoch am Start der 10. Etappe in Macon relativ gelassen auf den Polizeieinsatz vom Vortag und freute sich über die Effektivität des Anti-Doping-Kampfes: „Diejenigen, die heute betrügen wollen, werden schnell erwischt.“

Zahlreiche Kamerateams bedrängten am Mittag vor dem Start in Macon den Teambus der weiter im Rennen befindlichen Cofidis-Profis. Solch einen Andrang des interessierten Publikums und der Medien kannte die eher farblose französische Zweitliga-Mannschaft bisher nicht. Die Fahrer blieben auf Nachfragen stumm, Teamchef Yvon Sanquer wollte sich nur auf die anstehende, erste schwere Alpenetappe konzentrieren. „Wir schlagen jetzt ein neues Kapitel auf“, meinte der Franzose, der zuvor auch in den Skandaltruppen Festina und Astana tätig war.

Die Ermittlungen gegen Di Grégorio laufen schon seit vergangenem Jahr und betreffen seine Zeit bei Astana 2011. Die weltweit beachtete Bühne der Tour de France bot offensichtlich auch den Justizbehörden den richtigen Rahmen, um sich in Szene zu setzen. Abgesehen von einer angeblich bevorstehenden Dopinglieferung hätte der Fall Di Grégorio bereits vor Monaten abgehandelt werden können. Die Tour vergrößere „die Resonanz“ solcher Polizeimaßnahmen, befand auch Prudhomme.

Astana distanzierte sich am Mittwoch von seinem Ex-Angestellten, der bis 2011 für das Team aktiv war. „Wir sind nicht zuständig, der Fahrer ist nicht mehr Mitglied unserer Equipe“, hieß es lapidar in einer Mitteilung der kasachischen Formation, in deren Reihen die Ex-Doper Alexander Winokurow und Alexander Kaschetschkin fahren.

Staatsanwalt Jacques Dallest erklärte AFP, Di Gregorio werde wegen des Vorwurfs des organisierten Handels mit Dopingmitteln verhört. Zwei weitere Personen waren am Dienstag ebenfalls in Untersuchungshaft genommen worden. Einer von ihnen, ein 75-jähriger Heilpraktiker, blieb wie Di Grégorio weiter in Polizeigewahrsam. Die beiden könnten am Mittwoch oder spätestens Donnerstag einem Richter vorgeführt werden. Dies muss spätestens 48 Stunden nach der Festnahme geschehen, länger dürfen sie ansonsten nicht festgehalten werden.

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Die Affäre Di Grégorio könnte der erste echte Dopingfall der Tour seit 2010 und dem Clenbuterol-Befund von Alberto Contador werden. Im Vorjahr war der Russe Alexander Kolobnew wegen eines nachgewiesenen Diuretikums ausgeschlossen, Monate später aber freigesprochen worden.

Der deutsche Anti-Doping-Experte Fritz Sörgel kommentierte die erste Doping-Erschütterung der 99. Tour am Mittwoch gegenüber dpa: „Leider gibt es ja noch nicht viele Infos, um welche Substanzen es im Fall Di Grégorio genau geht. Aber dass der Dopingsumpf hoch kriminell ist und dem Drogengeschäft immer ähnlicher wird, ist wieder mal klar geworden.“

(dpa/abendblatt.de)