Der deutsche Tennisprofi schied im Viertelfinale gegen den Weltranglisten-Ersten aus, durfte sich aber dennoch auch als Gewinner fühlen.

LONDON. Florian Mayer kugelte sich auf dem heiligen Rasen, dass er selbst lachen musste. Zwar half ihm seine Interpretation des „Becker Hechts“ nicht, das Wimbledon-Viertelfinale gegen Titelverteidiger Novak Djokovic zu gewinnen, doch Mayer unterhielt die Zuschauer beim 4:6, 1:6, 4:6 glänzend. Ihm selbst machte die große Bühne im All England Club auch Spaß - und so feierte der Bayreuther trotz der zu erwartenden Niederlage dennoch einen Sieg. Einen Sieg über seine Zweifel.

„Die letzten vier oder fünf Monate“, hatte Mayer in der ersten Woche des Tennisturnier vom Wimbledon gesagt: „habe ich ziemlich an mir gezweifelt.“ Dem 28-Jährigen wollte in diesem Jahr nicht viel gelingen. Er startete mit einer Verletzung in die Saison, verpasste die Australian Open und gewann bis Mai nur vier Spiele. Auch beim zweiten Grand-Slam-Turnier in Paris lief es überhaupt nicht. Mayer verlor gegen den zweitklassigen Argentinier Eduardo Schwank.

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Vor dem Match gegen den serbischen Weltranglistenersten Djokovic gab Mayer einen Einblick in seine Psyche. „Die mentale Seite des Tennis ist wirklich hart für mich“, sagte der Weltranglisten-29.: „Ich hatte einige Jahre mit harten Niederlagen, in denen ich mich nicht besonders wohl gefühlt habe. Jetzt wird aber alles gut.“

Mayer wirkte erleichtert, dass er dem öffentlichen Druck, ein Erbe des Wimbledon-Champions Boris Becker zu sein, endlich wieder standgehalten hatte. „Wir haben endlich den Durchbruch bei einem Grand Slam geschafft“, sagte er und schloss dabei Philipp Kohlschreiber, der am Nachmittag das erste Viertelfinale seiner Laufbahn gegen Jo-Wilfried Tsonga (Frankreich/Nr. 5) spielte, mit ein. Mit 20 Jahren hatte Mayer zum ersten Mal unter den besten Acht in Wimbledon gestanden - danach schaffte er es nie wieder soweit bei einem Grand-Slam-Turnier.

Das Potenzial dafür dafür hatte der Davis-Cup-Spieler immer, das weiß er selbst. „Ich glaube, dass ich alles spielen kann. Ich kann Serve-and-volley, ich kann Stopps, ich kann Slice spielen und den Ball beschleunigen“, hatte Mayer vor der Begegnung mit Djokovic gesagt und bewies dies dem Publikum auf dem zweitgrößten Platz der Anlage im Londoner Bezirks SW19 gleich zu Beginn.

Er lag gegen den Top-Favoriten sogar ein Break vorne und hatte nach einer kurzen Regenpause beim Stand von 4:4 noch einmal drei Breakbälle. Djokovic schüttelte verärgert den Kopf und wer weiß, welche seltsame Wendung dieser Rasenplatz noch zugelassen hätte, wenn Mayer bei seinem zweiten Breakball einen konsequenteren Volley gespielt hätte. Doch im Konjunktiv gewinnt kein Spieler auf der Tour ein Spiel.

Das musste auch Michail Juschni bitter erfahren. Der Russe hätte auf dem Centre Court nach 13 Niederlagen gegen Roger Federer gerne sein erstes Match gewonnen. Doch der sechsmalige Champion spielte gnadenlos gut. 1:6, 2:6, 2:6 verlor Juschni nach nur 1:32 Stunde und fragte zwischendurch verzweifelt in die Royal Box: „Könnt ihr mir sagen, was ich machen soll?“

Prinz William und Herzogin Catherine konnten natürlich keine Tipps geben. Die Tenniskönige Steffi Graf und Andre Agassi hätten da schon eher helfen können, doch die ehemaligen Wimbledonsieger mischten sich in Federers Glanzvorstellung nicht ein. „Es ist immer schön, wenn jemand aus der Königsfamilie und ein paar Tennis-Legenden in der Box sitzen“, sagte Federer.

Der sechsmalige Chamion aus der Schweiz fordert nun Djokovic zum Gigantenduell heraus. Es ist das 27. Aufeinandertreffen der beiden Superstars - allerdings das erste in Wimbledon. 14 Mal hat bislang Federer gewonnen, zwölfmal Djokovic. Mit seinem siebten Titel kann der Rekord-Grand-Slam-Sieger zum ersten Mal seit zwei Jahren an die Spitze der Weltrangliste zurückkehren. Das Match gilt als vorgezogenes Finale im All England Club.