Der berühmte Pferdemaler Klaus Philipp über den Charme des 143. Deutschen Derbys, Schönmalerei und die Faszination des Galoppsports.

Hamburg. Er hat sie in allen möglichen Farben und Formen gemalt: Pferde seien wunderbare Tiere, sagt Künstler Klaus Philipp aus dem niedersächsischen Luhmühlen. Bevor er sich ganz der Malerei widmete, war Philipp jahrelang für die Reiterstaffel der Polizei im Einsatz. Anstelle von Verbrechern jagt er inzwischen Motive, die ihn fesseln und in ihren Bann ziehen. So wie die Rennbahn in Horn. Klar, dass der 80-Jährige in der Derbywoche dort täglich auf Ideensuche für seine Bilder ist.

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Hamburger Abendblatt: Herr Philipp, warum ausgerechnet Pferde?

Klaus Philipp: Ich liebe diese edlen und schönen Tiere. Pferde faszinieren mich.

Sie wollten früher Jockey werden. Wann saßen Sie zuletzt auf einem Pferd?

Philipp: Vor ungefähr acht Jahren bin ich noch sportlich in Luhmühlen geritten. Wegen meines kaputten Knies musste ich das Reiten allerdings aufgeben. Auch das Skifahren, meine zweite Leidenschaft. Dabei war ich noch bis vor zwei Jahren mit dem Abfahrts-Olympiasieger Leonhard Stock auf den Pisten des Zillertals unterwegs. Doch das lasse ich jetzt lieber.

So haben Sie mehr Zeit für die Malerei.

Philipp: Das sollte man meinen. Aber momentan stecke ich in einer Phase, in der ich nicht so viel male. Das ist immer mal wieder der Fall. Irgendwann kommt dann aber der Moment, der mich wieder an die Staffelei treibt.

Haben Sie ein Beispiel?

Philipp: Manchmal träume ich etwas, das ich auf die Leinwand bringen will. Manchmal sind es auch Alltagssituationen, die etwas in mir auslösen. Es muss mich einfach anspringen.

Wie wird man Pferdemaler?

Philipp: Ehrlich gesagt lief das Pferdemalen längere Zeit nur nebenher. Bis zum Jahr 1969. Das hat alles verändert.

Was ist passiert?

Philipp: Ein talentfreier Kunststudent an der Akademie, an der ich Unterricht im Aktzeichnen hatte, sagte, meine Pferdebilder seien "Zitronenmalerei". Ich entgegnete wütend: "Du kannst doch nicht mal eine Zitrone malen, geschweige denn einen Akt zeichnen oder gar ein Pferd. Du bist doch ein Scharlatan und versteckst dich hinter deinen abstrakten Bildern." Als Trotzreaktion habe ich dann nur noch Pferde gemalt.

Leichter gesagt als getan.

Philipp: Nun, mein Vater hat gemalt, und mir fiel Zeichnen immer leicht. Schon in der Grundschule. Ich konnte nie gut rechnen, war kein guter Schüler. Aber Künstlerisches lag mir. Das hat sich später ausgezahlt.

Wie das?

Philipp: Als 13-Jähriger habe ich mich in die Tochter eines Bauern verliebt. Wegen ihr habe ich das Reiten erlernt, und sie brachte mich auch dazu, für sie Zeichnungen für die Schule zu malen, für die sie gute Noten bekam. Für jede Zeichnung gab es einen Kuss. So kam ich zu meinen ersten Pferdebildern, die mir nach und nach auch Geld einbrachten. Schon während meiner Ausbildung in der Landwirtschaft habe ich nebenbei ein paar Mark mit meinen Bildern verdient.

Wer war Ihr namhaftester Kunde?

Philipp: Ich denke, Scheich Mohammed bin Rashid al-Maktoum aus Dubai. Die Verbindung ist allerdings eingeschlafen, nachdem ich ein Bild des französischen und irischen Derby-Siegers Old Vic aus zeitlichen Gründen erst fünf Jahre nach Auftragserteilung gefertigt habe. Da teilte man mir mit, dass der Scheich das nicht gewohnt sei. Ichhabe das Bild dann behalten und esfür viel mehr Geld verkauft, als ich von al-Maktoum bekommen hätte. Von ihm habe ich damals nämlich nicht mehr verlangt als von jedem anderen Kunden: 18 000 Mark. Klassische Porträts sind immerhin ca. 100-Stunden-Bilder.

Gibt es unverkäufliche Bilder?

Philipp: Sagen wir so: Bilder, die ich nicht gerne hergebe, schütze ich mit dem Preis.

Welches ist Ihr Lieblingsbild?

Philipp: Ich habe zu Hause in Luhmühlen ein Bild vom Grand National bei Liverpool, auf dem eine Sturzszene zu sehen ist. Das Motiv gefällt fast niemandem - nur mir. Aber ich komme vom Surrealismus. Da habe ich vielleicht ein anderes Verständnis von Kunst. Außerdem hatte ich so viele Stürze, dass ich meines Erachtens die Lizenz zum Stürze-Malen habe.

Wie meinen Sie das?

Philipp: Das ist eben die Kehrseite der Medaille. Was ich nicht mag, sind kitschige Pferdebilder. Da ist man bei mir an der falschen Adresse. Ich war Military-Reiter, habe mir auch bei anderen Sportarten insgesamt 54 Knochenbrüche zugezogen. Schönmalerei ist nicht meine Sache.

Malen Sie lieber ruhige Motive oder Pferde in Aktion?

Philipp: Ich liebe Actionbilder. Das Entscheidende ist, dass man die Atmosphäre eines Rennens erlebt. Das Schnauben der Pferde, das Trommeln ihrer Hufe, die Anspannung im Publikum - all das versuche ich in die Bilder einzubringen. Es ist immer nur ein Bruchteil einer Sekunde, den man darstellen kann. Die Herausforderung ist es, den Moment davor und jenen danach in die Stimmung des Bildes mit einzubeziehen.

Hatten Sie nie den Wunsch, auch wieder anderes zu malen?

Philipp: Doch. Und er wird stärker. Ich tendiere inzwischen dazu, das mit den Pferden sein zu lassen. Nun reizt mich wieder die fantastische Welt des Surrealismus. Das war schon früher meine Leidenschaft.

Fasziniert Sie der Galopprennsport eigentlich noch genauso wie früher?

Philipp: Die Begeisterung hat ein bisschen abgenommen, weil der Pferdesport insgesamt etwas kunstfern ist. Aber im Hinblick auf das Derby steigt natürlich die Euphorie. Man malt sich aus, welches Pferd gewinnen könnte. Das ist ein Reiz, den man kaum mit etwas anderem vergleichen kann.

Was ist das Besondere am Derby?

Philipp: Die Anlage in Horn hat einen ganz besonderen Charme, fast etwas Skurriles. Vieles ist hier aus der Not geboren, aber gerade das macht das besondere Flair des Derbys aus. Der Zauber von Hamburg ist einmalig - und die Menschen sind der Zuckerguss.

Und auf wen setzen Sie am Sonntag?

Philipp: Ich habe den nachnominierten Baltic Rock auf dem Zettel. Aber auch Feuerblitz und Russian Song sagen mir zu. Mehr als 100 Euro werde ich aber nicht investieren. Ich bin zurückhaltender geworden, weil ich schon viele Fehler beim Wetten gemacht habe.