Modellprojekte in Hamburg. Klubs werden Träger der neuen Ganztagsangebote

Hamburg. Die Hamburger Sportvereine steigen in die Ganztagsbetreuung von Grundschülern ein. Neben den Kitas der Wohlfahrtsverbände und der Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten bieten jetzt auch die ersten Klubs ihre Dienste für die Stunden vor und nach dem Schulunterricht an. Dazu gehören die Ausgabe des Mittagessens, die Begleitung der Schularbeiten und Bewegungsangebote wie Ballspiele, Laufen, Springen, Werfen, Seiltanz und Geräteturnen.

Spätestens im Schuljahr 2013/2014 müssen alle 203 Hamburger Grundschulen neben dem Unterricht von 8 bis 13 Uhr auch eine Betreuung von 6 Uhr bis 18 Uhr in ihren Räumen sicherstellen. Für die Sportvereine bedeutet dies, dass viele Grundschüler die Übungsstunden der Klubs am Nachmittag nicht mehr besuchen können. Sport im Verein ist für Grundschüler kaum noch möglich, wenn sie bis 16 oder gar 18 Uhr betreut werden. Kurse für Kinder enden in den Vereinen zumeist um 17 oder 18 Uhr, danach sind die Hallen für Erwachsene belegt. "In den Grundschulen wird jetzt die Zukunft des Vereinssports entschieden", sagt Günter Ploß, der Präsident des Hamburger Sportbundes (HSB).

Der Verband unterstützt daher Initiativen wie die des SV Eidelstedt (SVE). Der gehört zu den ersten Hamburger Sportvereinen, die in der Ganztagsbetreuung eine Chance erkannt haben. Seit August kooperiert der SVE mit der Grundschule Lohkampstraße. 120 der 180 Grundschüler nutzen derzeit die Nachmittagsangebote des Vereins in der Schule, sechs die Betreuung vor dem Unterrichtsbeginn um 8 Uhr.

Für seine neuen Aufgaben hat der SV Eidelstedt acht Erzieher und eine Bürohilfe eingestellt, alle halbtags, die pädagogische Leitung in Vollzeit. Die Stadt zahlt im Gegenzug pro Kind und Jahr rund 1800 Euro, dazu Pauschalen für Sondermaßnahmen und die Förderung behinderter Kinder. Die Schulkonferenz hatte den Klub unter mehreren Bewerbern ausgewählt.

"Das Konzept der 'Ganztägigen Bildung und Betreuung an Schulen' eröffnet den Sportvereinen neue Möglichkeiten", sagt Geschäftsführer Martin Hildebrandt über die Gründe des Vereins, sich in der Schule zu engagieren. Die Kompetenz dafür sei längst vorhanden: "Sportvereine können mehr als Sport. Wir arbeiten seit Jahrzehnten aktiv in den Quartieren und sind kompetente außerschulische Bildungspartner." Und Schulleiterin Annika Pfeiffer sagt: "Die Vernetzung des Vereins im Stadtteil mit anderen sozialen und Bildungseinrichtungen hat den Ausschlag gegeben und die Eltern überzeugt. Neben dem Erwerb zentraler Lernkompetenzen wie Lesen, Schreiben, Rechnen sind Bewegung und gesunde Ernährung wichtige Anliegen der Schulerziehung. Vereine haben dafür die nötige Kompetenz und das entsprechende Personal." Gemeinsam mit der Stiftung Kindergärten Finkenau bereitet der SVE derzeit die Ganztagsbetreuung an einer zweiten Schule im Stadtteil, am Furtweg, vor.

Auch die Sportvereine Este 06/70 und der SC Vier- und Marschlande kooperieren bereits mit Schulen in ihren Einzugsgebieten. Für das nächste Schuljahr streben der Eimsbütteler Turnverband (ETV), der Walddörfer SV, der Bahrenfelder Verein für Aktive Freizeit, der Altonaer Turnverband (ATV) und die TSG Bergedorf in die Schulen.

"Wenn sich die Vereine nicht schon in der Grundschule intensiv um die Kinder kümmern, drohen sie den Klubs später ganz verloren zu gehen", sagt der ETV-Vorsitzende Frank Fechner.