Die neue Verbandsführung unter Präsident Karl-Georg Altenburg erwägt einen Umzug vom Hamburger Rothenbaum nach Frankfurt am Main.

Hamburg. Die Ankunft ihres neuen Chefs traf die Mitarbeiter auf der Geschäftsstelle des Deutschen Tennis-Bundes (DTB) etwas unvorbereitet. Als Stephan Brune gegen elf Uhr am Vormittag den Verbandssitz an der Hamburger Hallerstraße 89 betrat, musste erst einmal ein Büro für den neuen hauptamtlichen Geschäftsführer des DTB gefunden werden. Dass sich die am Vortag in Berlin gewählte neue Führung des Tennisbundes sogleich an die Arbeit machen würde, überraschte allerdings niemanden. "Es gibt jetzt sehr viel zu tun, packen wir es sofort an", hatte der Investmentbanker Karl-Georg Altenburg, 48, nach seiner Wahl zum Präsidenten angekündigt.

Zu den Gerüchten, der DTB wolle 2012 seinen Sitz vom Rothenbaum nach Frankfurt am Main verlegen, mochte sich am Montag niemand aus der neuen Führungsriege äußern. Es gebe im Moment wichtigere Themen, zum Beispiel die Finanzen, hieß es. Zwar ist der DTB nach den harten Sanierungsmaßnahmen von Altenburgs Vorgänger Karl-Georg von Waldenfels, der Verbindlichkeiten von 16 Millionen Euro abbaute, schuldenfrei, der Budgetplan für 2012 weist jedoch bislang ein sechsstelliges Minus auf, weil der Mitgliedsbeitrag nicht um die geforderten 20, sondern nur um zehn Cent erhöht wurde. Zudem droht dem DTB die Insolvenz, sollte ein Gericht in den USA dem Verband die Kosten des verlorenen Rechtsstreits gegen die Herrentennis-Organisation ATP inklusive Anwaltshonoraren anlasten. Es geht um bis zu 15 Millionen Euro. In erster Instanz wurden die Forderungen der ATP abgewiesen. Für Donnertag nun ist in Philadelphia eine Anhörung im Berufungsverfahren angesetzt. Der DTB hatte die ATP wegen der Herabstufung seines Rothenbaum-Turniers in die zweite Kategorie, jetzt 500er-Serie statt vorher 1000er-Serie, vor drei Jahren vergeblich verklagt.

Ein Umzug nach Frankfurt zu den Zentralen anderer deutscher Sportfachverbände bleibt für Altenburg aber in jedem Fall eine Option. Er selbst kommt aus Frankfurt, Brune aus Königstein im Taunus, das Leistungszentrum in Offenbach wäre in der Nähe. Dort betreiben Alexander Waske und Rainer Schüttler ihre "Tennis-Universität", von deren Trainingsarbeit die in diesem Jahr sehr erfolgreichen deutschen Damen um Andrea Petkovic und Angelique Kerber maßgeblich profitierten. Auch ließen sich bei einem Ortswechsel Miete und Mitarbeiter sparen. 20 Angestellte hat der DTB in Hamburg, nicht alle würden nach Frankfurt mitgehen.

Was ein solches Szenario für die Fortführung des Rothenbaum-Turniers bedeuten würde, ist ungewiss; Gutes wohl kaum. Turnierdirektor Michael Stich und sein Geschäftspartner Detlef Hammer halten mit ihrer Eventagentur HSE die Rechte an dieser Veranstaltung bis ins Jahr 2013. Im vergangenen Jahr zahlte der DTB erstmals keinen Cent zum Turnier dazu. Das Stadion jedoch ist renovierungsbedürftig, vor allem das mobile Dach. Die Sanierungskosten gehen in die Millionen. Die Stadt will sich nicht an ihnen beteiligen, Stich auch nicht, und der DTB hat kein Geld.

An diesem Punkt kommt der Club an der Alster ins Spiel. Der renommierte Hockey- und Tennisverein besitzt auf dem Areal zwischen Hansa- und Hallerstraße bis 2049 ein Erbbaurecht. Der DTB ist nach dem Verkauf seines Erbbaurechtes an den Club an der Alster seit drei Jahren dessen Mieter und zahlt rund 32 000 Euro Pacht im Jahr. Alster (3600 Mitglieder) möchte in den nächsten Jahren ein Hockeystadion auf der Anlage bauen und dafür seine Filiale Am Pfeilshof in Wellingsbüttel veräußern. Erste Architektenpläne liegen vor. Einer sieht den Abriss des Tennisstadions vor. Am 29. November will das Vereinspräsidium über das weitere Vorgehen beraten. "Bislang sind das Gedankenspiele", sagt Alster-Präsident Karl Ness, "wir wollen und müssen was tun, aber was wir wann tun werden, wird in Abstimmung mit dem DTB und Michael Stich geschehen." Die neue DTB-Führung, das ist zu vermuten, hätte gegen eine Aufgabe des Tennisstandortes Hamburg wenig einzuwenden.