Deutsche Handballer verlieren beim Debüt von Bundestrainer Martin Heuberger alle drei Supercup-Spiele

Halle/Westfalen. "London" heißt der Schlachtruf, den die besten deutschen Handballer neuerdings brüllen. Das olympische Turnier 2012 in der englischen Hauptstadt - das soll allen immer im Hinterkopf bleiben. Doch am Sonntag erstarb der gegrölte Mutmacher am Ende in Sprachlosigkeit. Als die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) in den letzten Minuten gegen Spanien unterging, wurde es ganz leise in der Gerry-Weber-Arena in Halle/Westfalen. 7100 Zuschauer waren kaum noch zu hören. Die Deutschen verloren schließlich 23:27 (9:11) gegen den Weltmeister von 2005, der nicht mit bester Besetzung angetreten war. Die Spanier standen schon vor der Partie als Sieger des Supercups fest.

Der erhoffte Fortschritt auf dem Weg nach London war das Turnier also nicht, da auch die ersten Spiele gegen Dänemark (26:29) und gegen Schweden (22:25) deutlich verloren gingen. "Wir wollten uns im letzten Spiel ein Erfolgserlebnis holen, aber wir waren in Stresssituationen wieder nicht clever genug", gab sich der neue Bundestrainer Martin Heuberger ernüchtert nach dem erneut blutleeren Auftritt. Und Kapitän Pascal Hens vom HSV Hamburg, der auch gegen Spanien nur sporadisch eingewechselt wurde, sagte: "Für unsere Psyche war dieses Turnier nicht gut."

Damit bleibt Heuberger, der am Donnerstag in Berlin gegen Dänemark seinen Einstand gab, in seinem neuen Amt sieglos. Begonnen hatte die Ära nach Heiner Brand mit einem Lehrgang auf dem Land. Im Schloss Liebenberg, 50 Kilometer nördlich von Berlin, schwor der 47-Jährige den Kader auf die kommenden Aufgaben ein. Das erste wichtige Ziel ist die Europameisterschaft vom 15. bis 29. Januar in Serbien, die in zehn Wochen beginnt. Hier könnte sich die DHB-Auswahl doch noch das Olympiaticket schnappen - oder sich zumindest für ein letztes Ausscheidungsturnier im Sommer qualifizieren.

Wie sein Vorgänger Brand so predigt auch Heuberger Tugenden wie Teamgeist, Geschlossenheit, Leidenschaft. Doch das zurückliegende Viernationenturnier unterstrich erneut, dass es mit guten Vorsätzen allein nicht getan ist. Beim Auftakt reichte dem Vizeweltmeister aus Dänemark eine simple Umstellung in der Abwehr, um den deutschen Gastgeber aus der Fassung und seiner Orientierung zu bringen. Dabei zeigte sich erneut, dass die Nationalmannschaft enorme Defizite im zentralen Rückraum hat.

Auf dieser Spielmacherposition genügen Michael Haaß (Göppingen) und Martin Strobel (Lemgo) schlicht nicht den allerhöchsten Ansprüchen. Hier ruhen die Hoffnungen für die EM auf Michael Kraus, das Enfant terrible des deutschen Handballs vom HSV, der nach überstandener Knieverletzung am 17. November gegen den TV Großwallstadt (20.15 Uhr, O2 World) nach drei Monaten Pause aufs Spielfeld zurückkehren wird. Dieser Kraus, mit dem größten Talent und Torgefährlichkeit gesegnet, hat aber Probleme, das Angriffsspiel mit der nötigen Disziplin zu führen. Diese Personalie ist für Heuberger der Schlüssel zum Erfolg in Serbien.

Wie wichtig eine Persönlichkeit auf dieser Position ist, dokumentierte auch die Partie am Sonnabend in Hannover gegen Schweden. Hier dominierte die DHB-Auswahl den WM-Vierten trotz vieler Fehlwürfe bis zur 37. Minute, führte mit fünf Toren, und der ehemalige Bundestrainer Heiner Brand prognostizierte schon einen Sieg mit sieben, acht Toren Differenz. "Wir hatten den Gegner im Griff", sagte Brand. Dann kollabierte das Team wie zuletzt bei der WM in Schweden (elfter Platz), war nervlich überfordert gegen die Skandinavier, die ebenfalls viele Profis ersetzen mussten. "Wir haben einfach die Struktur verloren", war Heuberger fassungslos. Ein Spielmacher von Format hätte hier die Partie beruhigt.

Am Sonntag drohte gegen den WM-Dritten Spanien, als das Team 5:11 (19.) zurücklag, gar ein Desaster. Wieder war das Team nervös, hatte zu viel Respekt vor dem gegnerischen Weltklassetorhüter Arpad Sterbik. Uwe Gensheimer, Dominik Klein und Christoph Theuerkauf vergaben beste Chancen. Der Rückraum rannte sich immer wieder fest an den körperlich überlegenen Spaniern. Doch aufbauend auf dem starken Berliner Torwart Silvio Heinevetter, der in der ersten Halbzeit auch zwei Strafwürfe parierte, war das DHB-Team zur Halbzeit beim 9:11 wieder in der Partie. Zwar kämpfte sich die Mannschaft in der letzten Viertelstunde wieder heran, angeführt von einem starken Holger Glandorf, der mit seinem fünften Treffer sogar das Führungstor zum 21:20 warf (52.). Danach leistete sich das Team wieder Fehler auf Fehler und gab das Match innerhalb von zwei Minuten aus der Hand. Der deutsche Handball hat sein historisches Tief auch beim 17. Supercup nicht durchschritten.