Vor dem Spiel gegen den FC Sunderland hielt der Coach zum Jubiläum eine bewegende Rede. Der Verein benennt eine Tribüne nach dem Schotten.

Manchester. Ein Sir Alex Ferguson spricht eigentlich nicht über Gefühle. Der knurrige Schotte vermeidet es, Einblicke in sein Inneres zu geben. Gefühle sind etwas für Weicheier, Emotionen im knallharten Fußball-Geschäft eine Schwäche. Doch am Samstag war alles ganz anders.

Seine Spieler hatten Spalier gestanden, die des Gegners aus Sunderland und sogar die Schiedsrichter, als er unter frenetischem Beifall den Rasen betrat. Als er die Mitte des Platzes erreichte, begannen Arbeiter auf dem Dach der riesigen Nordtribüne des Old Trafford-Stadions eine Plane zu entfernen.

Sichtlich erstaunt las der Teammanager von Manchester United die folgenden Worte: „The Sir Alex Ferguson Stand“. Sein Klub hatte ihm die ultimative Ehre für noch lebende Fußballer erwiesen und der Tribüne zum 25. Dienstjubiläum seinen Namen gegeben. „Das war sehr emotional. Ich konnte es gar nicht glauben“, sagte Ferguson, „ich bin sehr stolz auf diesen Moment und fühle mich geehrt, für den besten Klub der Welt arbeiten zu dürfen.“

Als Ferguson am 6. November 1986 bei United anheuerte, war Margaret Thatcher noch Premierministerin von Großbritannien, Wayne Rooney gerade einmal ein Jahr alt und Ernst Happel Trainer vom Hamburger SV. Der FC Bayern verschliss in der Ära-Ferguson 17 Trainer, Real Madrid sogar 26. Nur Ferguson war immer da. „Er ist Manchester United - durch und durch“, schrieb David Beckham in seiner Biografie.

Dabei hatte alles denkbar ungünstig begonnen: Sein erstes Ligaspiel verlor Ferguson mit United 0:2 gegen Oxford City, die erste Saison beschloss er auf Platz elf. Bis zum ersten Titel dauerte es vier Jahre, 1990 gewann Ferguson den FA Cup, die erste Meisterschaft folgte drei Spielzeiten später. Für Manchester war es die erste seit 1967. Auf der Tribüne weinte der große Sir Matt Busby, als Teammanager von United selbst zur Legende geworden.

In den Folgejahren machte sich Ferguson daran, seinen selbst formulierten Auftrag zu erfüllen, und „Liverpool von ihrem verdammten Ast zu hauen“. Die bei den United-Fans verhassten Reds feierten 1990 ihre 18. Meisterschaft, bis heute kam keine mehr dazu. Im vergangenen Mai erfüllte Ferguson seine Mission mit dem 19. Titel, insgesamt holte er 37 Trophäen.

Unvergessen bleibt der Triumph in der Champions League 1999 gegen Bayern München, als Teddy Sheringham und Ole Gunnar Solskjaer in den Schlusssekunden ein 0:1 in ein 2:1 drehten. Als erste englische Mannschaft gewann Manchester dadurch das Triple, Ferguson war endgültig angekommen im Olymp seiner Gilde.

Wenige Wochen später wurde er von Queen Elizabeth II. zum Ritter geschlagen. „Sir Alex“ war geboren. Der des falschen Pathos unverdächtige Ottmar Hitzfeld sagt über seinen Freund: „25 Jahre bei einem Verein wie United: Das kann man gar nicht hoch genug anrechnen.“ Er sei eben ein typischer Schotte. „Er streckt seinen Kopf in den größten Sturm - und fühlt sich dabei auch noch wohl.“

Die Wutausbrüche des Werftarbeiter-Sohnes sind legendär. 2003 schleuderte er Beckham nach einer Niederlage einen Schuh an den Kopf. „Flickt ihn zusammen“, sagte er zu den Betreuern, die die Platzwunde des Superstars nähten.

Ferguson legte sich aber auch mit Gott, der Welt und den Schiedsrichtern an. Im Laufe seiner Karriere musste er weit über 100.000 Euro (je nach Pfund-Kurs) an Strafen für Kritik an Unparteiische zahlen. Und erst vor kurzem beendete er einen siebenjährigen Boykott der BBC. Der Sender hatte es 2004 gewagt, eine kritische Reportage über einen seiner drei Söhne auszustrahlen.

In insgesamt 1410 Spielen unter Fergusons Regie ging United 837-mal als Sieger vom Platz und verlor lediglich 247 Partien. 25 Jahre, tagein, tagaus, Liga, Pokal, Champions League, jede Entscheidung seziert von Hunderten Journalisten, relevant für ein milliardenschweres Business und über 330 Millionen Fans weltweit - den Stress bewältigt der 69-Jährige, indem er Kaugummi der Marke „Wrigley’s Extra Ice“ traktiert.

Wie lange er noch weitermacht? „Es ist völlig egal, wer geht. Der Name von Manchester United wird ewig bleiben“, sagt Ferguson, dessen Name von nun an nicht nur die Nordtribüne im Old Trafford trägt. Im Sommer wird eine Statue von ihm enthüllt. Dann steht er neben den anderen United-Denkmälern: Matt Busby, George Best, Denis Law und Bobby Charlton. (sid)