Für das Abendblatt skizziert Hockey-Nationalspieler Tobias Hauke seine Vorbereitung auf Olympia 2012. Gold soll schließlich verteidigt werden.

Hamburg. Als Tobias Hauke gestern aus Frankfurt am Main in seine Wohnung nahe dem Stadtpark zurückkehrte, hatte er neben dem üblichen Haufen dreckiger Sportbekleidung etwas im Gepäck, das sein Leben in den kommenden Monaten beherrschen wird. Bundestrainer Markus Weise hatte dem Hockey-Nationalspieler vom Harvestehuder THC und dessen Auswahlkollegen auf dem Lehrgang in der Main-Metropole den Fahrplan zu den Olympischen Sommerspielen 2012 vorgelegt. 37 Wochen sind es exakt noch bis zur Abreise nach London am 23. Juli, und für die Nationalspieler wird es eine extrem arbeitsreiche Zeit.

120 Tage sind allein für Trainingseinheiten, Lehrgänge und Turniere im Auftrag der Nationalmannschaft reserviert (siehe Infokasten), dazu kommen die Einheiten und Spiele mit dem Heimatverein und die persönlichen Trainingsmaßnahmen. Für das Abendblatt hat Hauke seinen Terminkalender geöffnet. Der 24-Jährige skizziert eine typische Trainingswoche und erklärt, welche Schritte er auf dem Weg nach London gehen wird, dem Weg zu dem Ziel, dem er und seine Mitspieler ab sofort alles andere unterordnen. "Wir wollen die Goldmedaille, die wir 2008 in Peking gewonnen haben, unbedingt verteidigen. Dafür lohnt sich jeder Aufwand", sagt Hauke.

Die typische Trainingswoche beginnt für den Mittelfeldspieler mit einem Regenerationstag. Der Montagvormittag nach einem Spielwochenende ist für Physiotherapie oder nötige Arzttermine reserviert. Zwischen 10 und 16 Uhr versucht Hauke, sein Bachelor-Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Uni Hamburg voranzutreiben. "Die Kopfarbeit ist ein wichtiger Kontrast zum Leistungssport", sagt er. Am Abend geht es mit Vereinskollegen zum Regenerationsjogging 45 Minuten rund um die Außenalster.

Am Dienstag wartet um 9 Uhr morgens Konditionstrainer Rainer Sonnenburg zum zweistündigen Sprinttraining in der Alsterdorfer Leichtathletikhalle auf die Hamburger Nationalspieler. Den Nachmittag verbringt Hauke erneut in der Uni, von 19.30 Uhr an steht dann Vereinstraining auf dem Programm, das inklusive Videostudium und Aufwärmen drei Stunden dauert.

Mittwochs dreht Hauke vormittags eine Joggingrunde im Stadtpark, zwischen 11 und 16 Uhr ist Uni, ehe um 19 Uhr die härteste Athletikeinheit der Woche wartet. Auf der Jahnkampfbahn muss Hauke in auf seine Fitnesswerte abgestimmten Zeiten sechs 1000-Meter-Läufe absolvieren, in den Pausen dazwischen darf er 1500 Meter traben. Die Belastung wechselt von regenerativ über intensiv bis extensiv, um die Phasen eines Spiels zu simulieren. Um die vorgegebene Geschwindigkeit zu kontrollieren, nutzt Hauke eine Pulsuhr.

Am Donnerstagmorgen zwingt sich der U23-Welthockeyspieler des Jahres 2010 um 9 Uhr in den Kraftraum an der Jahnkampfbahn, um unter Sonnenburgs Anleitung mit den Hamburger Nationalspielern das von ihm nur wenig geliebte Krafttraining zu absolvieren. In einem zweistündigen Zyklus müssen zwölf individuell abgestimmte Übungen vorrangig unter Einsatz von Langhanteln absolviert werden. Filigrantechniker Hauke hat im Kraftbereich sein größtes Verbesserungspotenzial und muss deshalb regelmäßig auch freitags eine zweite Geräteeinheit hinter sich bringen. Den Donnerstagnachmittag nutzt er für seine ehrenamtliche Mitarbeit im HTHC und zum Wäschewaschen, zwischen 19 und 21.45 Uhr trainiert er dann mit seinen HTHC-Teamkameraden.

Freitags joggt er vormittags durch den Stadtpark. Stehen am Wochenende Auswärtsspiele auf dem Programm, dann reist die Mannschaft bereits Freitagnachmittag ab. Bei einem Heimspielwochenende wie im oben abgebildeten Beispiel werden abends eine Stunde lang im Klub Strafecken trainiert. Hauke bekleidet dabei den wichtigen Posten des Rausgebers.

Die Wochenenden stehen komplett im Zeichen des Sports, da auf dem Feld und in der Halle Doppelspieltage die Regel sind. Vor Heimspielen trifft sich das Team zwei Stunden vor Anpfiff zur Besprechung, nach den Spielen wird gemeinsam gegessen. Bei Auswärtsspielen nutzt Hauke die Zeit auf Reisen oder im Hotel zum Lesen, Lernen oder auch Playstationspielen. Spielt der HTHC in Hamburg, bleibt mehr Zeit für die Familie oder Freundin Alina Fischer, die als Spielerin der HTHC-Damen viel Verständnis für den sportlichen Ehrgeiz ihres Partners aufbringt.

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Bei aller Belastung achtet Hauke auch darauf, sich sportlergemäß zu ernähren. "Früher habe ich viel ungesundes Zeug gegessen und viel Cola getrunken, außerdem nie gefrühstückt. Heute versuche ich, auf Süßes zu verzichten, fettarm und kohlehydratreich zu essen", sagt er. Gemeinsam mit seinem WG-Mitbewohner Manuel Altenburg teilt er sich den Küchendienst, und da beide gern kochen, gibt es ausschließlich frisch zubereitete Speisen, gern auch zweimal pro Tag warm. Ins Restaurant geht es nur in Ausnahmefällen.

Von Februar 2012 an, wenn die intensive Vorbereitungsphase startet, wird Hauke sein Studium hintenanstellen und die frei werdende Zeit komplett zum Trainieren nutzen. Einen Studentenjob auszuüben ist für ihn undenkbar. Er kann sich die Fokussierung auf Hockey nur erlauben, weil er eine Gruppe von Unterstützern hinter sich hat. Den größten - allerdings geheimen - Beitrag leistet die Stiftung Deutsche Sporthilfe, bei der er in die Eliteförderung eingestuft ist. Einen weiteren Teil zahlt das "Team Hamburg London 2012", auch vom HTHC gibt es eine kleine Aufwandsentschädigung. Zudem hat Hauke mit Adidas einen Privatsponsor, der nicht nur die Ausrüstung stellt, sondern auch finanzielle Unterstützung leistet. "Alles in allem habe ich dadurch ein Einkommen, das für einen Studenten sehr ordentlich ist", sagt Hauke.

Geld ist für Hockeyspieler wie ihn allerdings sowieso nur Nebensache. Was zählt, sind Titel, und zuallererst natürlich olympisches Gold. Dafür gibt er nun alles, 37 Wochen lang.