Die Landesverbände wollen Michael Stich zu einer Kandidatur bewegen. Der Amtsinhaber Georg von Waldenfels würde für ihn zurücktreten.

Hamburg. Elf Tage sind es noch, bis im Deutschen Tennis-Bund (DTB) eine neue Zeitrechnung anbrechen soll. Am 13. November wählen die Präsidenten der 18 Landesverbände im Maritim-Hotel an der Berliner Stauffenbergstraße einen neuen Vorsitzenden, und wenn man den Stimmungsbarometern Glauben schenken darf, dann will die Mehrheit der Landesfürsten die Ära Georg von Waldenfels beendet wissen. Seit Dezember 1999 ist der Jurist aus Bayern im Amt, er hat den DTB in dieser Zeit durch wenige Höhen und einige Tiefen geführt und durch den Verkauf wichtiger Turnierrechte finanziell am Leben gehalten. Nun ist er 67 Jahre alt, "ein Alter, in dem man gut aufhören kann", wie er selbst sagt.

Allerdings will Waldenfels nur mit dem Gefühl aufhören, seinen Verband in guten Nachfolgehänden zu wissen. Und da beginnt das Problem. Seinem Gegenkandidaten Karl Georg Altenburg traut er nicht über den Weg. Der Deutschland-Chef der US-Großbank JP Morgan hatte verlauten lassen, den Verband professionalisieren zu wollen. Bislang wird der DTB von Ehrenamtlichen geführt, die Landesverbände haben sehr viel Mitbestimmungsrecht, was in den vergangenen Jahren bisweilen dazu führte, dass wichtige Weichen nicht pro Leistungssport gestellt werden konnten. Der hessische Verbandschef Dirk Hordorff, einer der härtesten Waldenfels-Gegner, sagt: "Dieser Mann lässt keine Gelegenheit aus, dem deutschen Tennis zu schaden. Er ist nur noch im Amt, weil man ihn nach der Satzung nicht abwählen kann."

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Altenburg, der vor der Wahl aus Prinzip keine Interviews gibt, möchte einen hauptamtlichen Geschäftsführer installieren und den Verband zukunftsweisend aufstellen, wie es seine Befürworter ausdrücken. Seine Gegner fürchten, dass der DTB zu einem Wirtschaftsunternehmen gemacht werden soll. "Wir sind aber ein Sportverband und sollten uns weiterhin so positionieren", sagt Waldenfels. Deshalb machen sich die Unterstützer des Noch-Präsidenten längst Gedanken über einen Kandidaten, der gegen Altenburg mehrheitsfähig wäre. Und sie glauben, diesen in Michael Stich gefunden zu haben.

Nach Abendblatt-Informationen hat Helmut Schmidbauer, Präsident des bayrischen Verbands, mit dem Wimbledonsieger von 1991 bereits Gespräche geführt, um dessen Bereitschaft auszuloten. Innerhalb der Landesverbände genießt Stich, seit 2009 Turnierdirektor am Hamburger Rothenbaum, durchaus hohe Sympathien. "Er ist ein Mann, der im Tennis Großes geleistet hat, den Verband kennt und aus der Liebe zum Sport heraus agiert. Er sieht uns als Sportverband und nicht als Unternehmen", sagt Waldenfels, der Stichs Kandidatur ausdrücklich begrüßen würde. "Wenn er zur Wahl antritt, würde ich meine Kandidatur zurückziehen", sagt der DTB-Chef.

Stich selbst wollte sich zu den Planspielen nicht äußern, diese jedoch auch ausdrücklich nicht dementieren. Man beteilige sich nicht an Spekulationen und werde auch keinen Wahlkampf führen, ließ er über seine PR-Referentin Karen Krüger mitteilen. Auch Schmidbauer und der Hamburger Landespräsident Fritz Frantzioch waren zu offiziellen Stellungnahmen nicht bereit.

Das Problem, das in den kommenden Tagen gelöst werden muss, ist zweischneidig. Zum einen wird Stich nur zur Wahl antreten, wenn er eine Niederlage gegen Altenburg ausschließen kann. Ein Gewinnertyp wie er wirft nicht von sich aus den Hut in den Ring, er will zu Hilfe gerufen werden. Das bedeutet, dass die Mehrheit der Landesverbände sich intern klar zu einem Kandidaten Stich bekennen und diesen bitten müsste, zur Wahl anzutreten. "Es ist an den Landesverbänden, Herrn Stich zur Kandidatur zu bewegen", bestätigt Waldenfels. Zum anderen gilt Sturkopf Stich zwar als traditionsbewusst, aber auch als Modernisierer und Visionär, der sich mit der Idee eines hauptamtlichen Vorstands durchaus anfreunden könnte. Ein Kompromiss zwischen Tradition und Moderne muss also gefunden werden, der es ermöglicht, einen beruflich ausgelasteten Mann wie Stich dazu zu bewegen, rund 60 Tage im Jahr für die Verbandsarbeit aufzubringen.

Georg von Waldenfels will die Machtspiele in seinem Verband in den kommenden Tagen nur aus der Ferne beobachten. "Wenn Herr Stich nicht antritt, werde ich um mein Amt kämpfen. Und wenn ich verliere, werde ich Herrn Altenburg gratulieren, wie es gute Demokraten tun", sagt er. Der Ball liegt nun bei den Landesverbänden.