Capitano gibt wieder den Ton – Erfahrung hilft junger Bayer-Mannschaft weiter

Valencia. Es ist keine zwei Monate her, da stand Michael Ballack auf dem Abstellgleis. Bei der Nationalmannschaft hatte er längst ausgespielt, und auch in Leverkusen schien Trainer Robin Dutt keine allzugroße Verwendung für den bestbezahlten Bayer-Profi aller Zeiten zu haben. Als Relikt vergangener Tage fristete der einst gefeierte Capitano ein Schattendasein beim Werksklub, sogar ein kurzfristiger Wechsel unmittelbar vor Ende der Transferperiode wurde diskutiert.

Die einst so ruhmreiche Karriere von Ballack schien still und heimlich ein glanzloses Ende zu finden. Schien. Denn alles hat sich inzwischen geändert. Bedurfte es überhaupt noch eines Beweises, wie schnelllebig das Fußball-Geschäft mitunter sein kann, der Mittelfeldstar lieferte ihn. Aus dem Bankdrücker ist längst wieder ein Leistungsträger, ja sogar ein Hoffnungsträger geworden.

Wo Dutt vor einigen Wochen noch eigenwillige Erklärungen für die Nicht-Berücksichtigung Ballacks suchte („Rolfes und Ballack zusammen geht nicht“), stellt er ihm längst eine Stammplatzgarantie aus - trotz eines Nasenbeinbruchs. So durfte einzig und allein Ballack entscheiden, ob er im Champions-League-Spiel am Dienstag beim FC Valencia im Estadio Mestalla aufläuft.

Und Ballack bewies sein altbekanntes Kämpferherz. Der 98-malige Nationalspieler verschwendete keinen Gedanken daran, auf die Reise nach Spanien zu verzichten. Bereits am Sonntag, zwei Tage nach dem Malheur von Freiburg, stand der 35-Jährige mit einer Spezialmaske wieder auf dem Trainingsplatz. Ballack wird bei Bayer mehr denn je gebraucht und der Mittelfeldstar gibt im Team längst wieder den Ton an, so wie er es jahrelang bei der Nationalmannschaft gemacht hatte.

Als die Leverkusener im Hinspiel eine Halbzeit lang von Valencia vorgeführt worden waren und ein sportliches Desaster drohte, war es Ballack, der seine Teamkollegen mit einer Kabinenansprache und anschließend auf dem Platz mit der Einleitung der beiden Tore zum 2:1-Sieg wieder auf Kurs brachte. Und in Freiburg erzielte er bereits in der zweiten Minute den 1:0-Siegtreffer.

Wo Ballack vor einigen Monaten noch isoliert schien, betonen heute die jungen Spieler wie Andre Schürrle oder Lars Bender, wie wichtig Ballack mit seiner Erfahrung für die Mannschaft ist. Das hat auch Dutt erkannt, der längst eine Allianz mit seinem Star eingegangen ist. Beim Bayer-Coach, der in den vergangenen Wochen selbst im Zentrum der Kritik stand, ist Ballack inzwischen gesetzt. Gegen Freiburg stand er zum fünften Mal in Folge in der Startelf.

So sieht sich Sportchef Rudi Völler in seiner Aussage bestätigt, dass Ballack in der langen Saison mit vielen Spielen in Bundesliga und Europacup noch wertvoll werden würde. „Er ist nun fit und kann uns helfen“, sagt der frühere DFB-Teamchef.

Zum Saisonende läuft der Vertrag von Ballack aus. Längst hatte er sich damit abgefunden, dass seine Bundesliga-Karriere im Sommer beendet ist. Doch inzwischen ist eine Vertragsverlängerung nicht mehr ausgeschlossen.