Am Sonntag kehrt der Niederländer als neuer Trainer der Schalker zurück nach Hamburg. Sein Spielsystem hat sich seit dem Abgang verändert.

Gelsenkirchen. Maccabi Haifa war noch nicht geschlagen, als Huub Stevens schon an die Partie gegen den HSV am Sonntag (17.30 Uhr/im Liveticker auf abendblatt.de) dachte. Noch bevor der 3:1-Sieg für den FC Schalke 04 feststand und der israelische Meister Mitte der zweiten Halbzeit ein 1:1 hielt, handelte der alte, neue Trainer der Gelsenkirchener perspektivisch mit Blick auf Sonntag. „Es ging darum, Kräfte zu schonen“, sagte der 57-Jährige zur Auswechslung der defensiven Mittelfeldspieler Lewis Holtby und Joel Matip, für die er Jose Manuel Jurado und Kyriakos Papadopoulos brachte. Die Partie beim HSV hat für den Niederländer eine hohe Bedeutung. Dort war er bis zur vergangenen Woche ebenfalls Topfavorit für den Cheftrainerposten, sollte Nachfolger von Michael Oenning werden. HSV-Sportdirektor Frank Arnesen aber beendete die Verhandlungen, als er erfuhr, dass Stevens auch mit seiner alten Liebe Schalke liebäugelte.

Dass er sich auf Missfallenskundgebungen des HSV-Anhangs gefasst machen muss, wollte Stevens am Donnerstag nach dem Sieg in der Europa League gegen Haifa nicht hören. „Das wird ein ganz anderes Spiel. Wir müssen vor allem Frische tanken“, sagte Stevens. Die Hamburger Mannschaft kennt er gerade so gut wie seine, ihm am Dienstag anvertrauten Schalker. Die Talfahrt seines Ex-Klub HSV verfolgte er, wie auch den Werdegang der Gelsenkirchener unter seinem Vorgänger Ralf Rangnick, als Experte des TV-Senders „Liga total“. Echtes Insiderwissen besitzt er nicht, aber fußballerische Stärken und Schwächen weiß er einzuschätzen. Wenn ihm die Hamburger am Sonntag wegen seiner Bevorzugung der Schalker ablehnend entgegentreten, fände er das völlig unangebracht. „Sie haben mit mehreren Trainerkandidaten gesprochen. Und ich hatte das Recht, mit einem anderen Verein zu sprechen.“

Stevens-Comeback geglückt, 96 zittert sich zum Dreier

Auf Schalke rieben sich die Fans am Donnerstag verwundert die Augen. 49.070 Zuschauer waren gekommen, der Vorverkauf hatte nach der Verpflichtung von Stevens deutlich angezogen. Aber was sie zu sehen bekamen, war nicht der Fußball, den Stevens in seiner ersten Amtszeit von 1996 bis 2002 praktizieren ließ. Seine Erklärungen nach dem Abpfiff ließen erkennen, dass er sich als Trainer gewandelt haben will. Das von ihm einmal geschaffene Motto „Die Null muss stehen“ gilt nicht mehr. „Am liebsten habe ich, wenn wir ein Tor mehr schießen als der Gegner“, sagte Stevens. Also ist auch für ihn mittlerweile ein 4:3 wertvoller als ein 1:0. „Man muss auf die Stärken der Spieler eingehen. Diese Mannschaft hat großes Potenzial.“ Es läge in einer offensiven Spielweise, erklärte Stevens.

Drei Tore, ein eigentlich korrekter Abseitstreffer, einmal Pfosten, einmal Latte, dazu noch mehrere große Torchancen: Die Gelsenkirchener agierten bei der ersten Partie unter Stevens Regie stürmisch. Doch in der Defensive klafften immer wieder große Lücken gegen den israelischen Meister. Phasenweise wirkte es so, als wüssten die Schalker Spieler nicht mehr, welche Taktik sie eigentlich folgen sollten. Dass die Mannschaft dann sogar zwei Tore mehr als der Gegner erzielte, veranlasste die Fans auf der Nordtribüne kurz vor dem Ende zu Stevens-Sprechchören. In der Kurve riefen nach dem Abpfiff ein paar Witzbolde: „Huub, Huub, Hurra.“

Sportdirektor Horst Heldt deutete erneut wie bei der Vorstellung von Stevens am Dienstag an, dass erhebliche Schwierigkeiten im problematischen Kader unter Rangnick bestanden hätten. „Das war alles nicht so einfach. Wir wollten in ein ruhiges Fahrwasser kommen“, begründete er die Verpflichtung des erfahrenen Stevens. Nach acht bewegten Tagen, angefangen mit dem plötzlichen Verlust von Rangnick, war Heldt erleichtert. „Wir haben in einer turbulenten Woche nebenbei mal zwei Siege eingefahren.“