Zur Halbzeit abgeschlagen, am Ende WM-Bronze. Siebenkämpferin Jennifer Oeser konnte auch am Tag nach ihrer Medaille bei der Leichtathletik-WM in Daegu ihre packenden Aufholjagd nicht wirklich fassen.

Daegu. Am Tag nach ihrer furiosen Aufholjagd zu WM-Bronze störte Siebenkämpferin Jennifer Oeser nur der Verlust ihres Handys. Nach dem emotionalsten Wettkampf ihres Lebens hatte die 27-Jährige vor lauter Aufregung ihr Telefon im Bus vergessen - und musste daher die zahlreichen Glückwunsch-SMS erst einmal unbeantwortet lassen.

Doch dem Frust folgte eine spontane Bronzeparty. „Ich hab mir gedacht: Das Handy ist weg - jetzt ist es auch egal. Jetzt kann ich auch feiern gehen“, erzählte sie: „Und es war noch ein schöner Abend.“

Grund zum Feiern hätte die Leverkusenerin allerdings auch ohne den Verlust gehabt. Nach einem „rabenschwarzen Tag“ und angestachelt durch verbale „Arschtritte“ hatte Oeser in den letzten drei Disziplinen das schier Unmögliche geschafft. Mit persönlichen Bestleistungen im Speerwerfen (51,30 m) und im abschließenden 800-m-Lauf (2:10,39 Minuten) holte sie noch Bronze und gewann nach WM-Silber 2009 und EM-Bronze 2010 zum dritten Mal in Folge bei einem Großereignis eine Medaille.

„Vielleicht sollte ich mal lernen, erst nach sieben Wettkämpfen abzurechnen“, sagte Oeser: „Aber ich werde bis nächstes Jahr sicherlich kein neuer Mensch.“ Nach dem ersten Tag und Platz sieben hatte sie sich deutliche Kritik gefallen lassen müssen. „Sie lässt sich zu schnell in den Keller ziehen, wenn es nicht so läuft“, hatte ihr Trainer Karl-Heinz Düe gesagt. „So bin ich eben. Ich bin jemand, der sich extrem freut, aber auch jemand, der erstmal frustriert ist“, erklärte Oeser und betonte: „Da muss keiner denken, ich gebe mich auf.“

Das zeigte sie eindrucksvoll: Mit „starken Krämpfen“ im Weitsprung hatte sie bereits in der ersten Disziplin des zweiten Tages ihren Willen gezeigt. 6,28 bedeuteten Saisonbestleistung. „Es lohnt sich eben zu kämpfen“, stellte Oeser fest.

Und so hatte die Bundespolizistin nach dem Auf und Ab im Wettkampf schließlich auch ihren Humor wiedergefunden. „Genau. Das war alles so geplant. Ich wollte die Zuschauer einfach ein bisschen schocken und ein bisschen Spannung aufbauen“, sagte Oeser mit einem Augenzwinkern.