Lahm hat in seiner Biografie gegen einen Ehrenkodex verstoßen, indem er Interna aus der Kabine ausplauderte.

Düsseldorf. Vom streitbaren Hobby-Literaten zum demütigen Zuhörer: Ausgerechnet am Tag der Veröffentlichung seines umstrittenen Buches „Der feine Unterschied“ musste Philipp Lahm bei Bundestrainer Joachim Löw und Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff zum Rapport antreten. Die beiden Führungskräfte des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) lasen ihrem Kapitän am Montag in einem Düsseldorfer Nobelhotel die Leviten, nachdem vorab veröffentlichte Passagen des Werkes in der vergangenen Woche ein Beben im deutschen Fußball ausgelöst hatten.

Bereits am Vormittag nahm sich Löw seinen Spielführer zur Brust. Zuvor hatten die beiden bei der Präsentation des neuen EM-Trikots noch gemeinsam für Werbeaufnahmen des DFB-Ausrüsters in die Kameras gelächelt. Weitaus ernster wurde es dann auf dem gemeinsamen Flug von München nach Düsseldorf, wo am Abend ein Krisengipfel mit dem Mannschaftsrat angesetzt war. In Düsseldorf bereitet sich das DFB-Team auf das EM-Qualifikationsspiel am Freitag (20.45 Uhr/ZDF) in Gelsenkirchen gegen Österreich vor.

Lahm hat in seiner Biografie gegen einen Ehrenkodex verstoßen, indem er Interna aus der Kabine ausplauderte - was er unter anderem Bastian Schweinsteiger, Miroslav Klose und Per Mertesacker erklären muss. Dass Lahm, der von Löw, Bierhoff sowie DFB-Präsident Theo Zwanziger und -Generalsekretär Wolfgang Niersbach bereits gerüffelt wurde, weitere Konsequenzen zu befürchten hat, scheint ausgeschlossen. „Wir flachsen darüber, wir machen uns einen Spaß daraus“, sagt Schweinsteiger, Vize-Kapitän der Bayern und der DFB-Auswahl, und verdeutlicht damit die Geringschätzung der Aussagen Lahms innerhalb der Mannschaft.

Lahm selbst hatte vor der Abreise zum DFB-Team gesagt: „Ich fahre ganz entspannt dorthin.“ Der Konfrontation mit dem Mannschaftsrat sah er gelassen entgegen: „Ich freue mich darauf. Ich habe ja niemanden von der aktuellen Nationalmannschaft kritisiert oder gar beleidigt.“

Er selbst ruderte zu Wochenbeginn aber erst mal einen weiteren Schritt zurück, nachdem er sich zuletzt schon bei seinen Ex-Trainern Louis van Gaal, Felix Magath, Jürgen Klinsmann und Rudi Völler für missverständliche Aussagen entschuldigt hatte. Vor allem zum ehemaligen DFB-Teamchef und heutigen Leverkusener Sportdirekor Völler, der Lahms Vorgehen als „höchst unanständig“ bezeichnet hatte, ging der 27-Jährige auf Schmusekurs. „Ich habe mit Sicherheit nichts gegen Völler. So wie das dargestellt wird, so ist meine Meinung nicht. Ich schätze ihn sehr, und deswegen würde ich mich sehr darüber freuen, wenn wir zusammen einen Kaffee trinken gehen“, sagte Lahm.

Joachim Löw wollte bereits am Montag den Deckel auf diese unerfreuliche Angelegenheit machen, um ab Dienstag ungestört die Vorbereitung auf das EM-Qualifikationsspiel gegen Österreich aufnehmen zu können. Mit einem Sieg gegen den Nachbarn kann sich der WM-Dritte vorzeitig für die EM-Endrunde 2012 in Polen und der Ukraine qualifizieren. „Das ist unser erklärtes Ziel“, sagte Löw, der auf die verletzten Sami Khedira und Mario Gomez verzichten muss. Aber auch ohne dieses Duo soll der letzte Schritt Richtung EURO gemacht werden, zumal sich Löw und seine Spieler dann am Dienstag kommender Woche beim Länderspiel in Danzig gegen Polen schon mal mit den EM-Gegegebenheiten vertraut machen können.

Die passenden Kleider für das Unternehmen EM-Gewinn 2012 wurden schon präsentiert. „Ein neues Trikot zu bekommen, ist immer etwas Besonderes. Das neue Design ist sehr elegant, und auch der Stoff fühlt sich richtig gut an. Optisch sind wir schon gut auf die EM vorbereitet“, sagte Lahm bei Werbeaufnahmen zur adidas-Kampagne in Oberhaching. Die Nationalelf wird zum ersten Mal am 11. November beim Länderspiel in der Ukraine im neuen Heimtrikot antreten.

Das neue Trikot ist traditionell in weiß gehalten, hat einen V-Ausschnitt und drei diagonal über die Brust laufende Streifen in den Farben Schwarz, Rot und Gold. Das soll nach Angaben des Ausrüsters die Attribute „Dynamik, Stolz und Eleganz“ widerspiegeln. Auffällig ist die glänzende schwarze Hose. Das Auswärtstrikot der DFB-Auswahl ist künftig wieder grün.

Neben Löw und Lahm waren Schweinsteiger, Manuel Neuer, Lukas Podolski, Thomas Müller, Andre Schürrle und Co-Trainer Hansi Flick bei den Aufnahmen im Einsatz.