Nach dem Triathlon realisieren manche Sportler erst in der Wechselzone ihre Leistung. Ein Einblick

Hamburg. Den vergangenen Monat hat sie auf Alkohol und Zigaretten verzichtet, sich getrimmt, vor einer Woche gar mit einem kompletten Triathlon, dem in St. Peter-Ording. "Schließlich wollte ich beim Triathlon im meiner Heimatstadt alles geben und unter drei Stunden bleiben!", sagt Julia Engel. Auch wenn sie ihre Vorgabe am Ende um drei Minuten verfehlt hat - glücklich ist die 28-jährige Architektin aus Sasel trotzdem. "Die Atmosphäre hier ist einfach klasse", sagt Engel und trottet entspannt durch die Wechselzone am Ballindamm. Mit Schwimmen, Radeln, Laufen - übrigens über die olympische Distanz - ist Engel längst fertig, nun will sie ihr Duschzeug holen.

Ortstermin, Sonntag, kurz vor 14 Uhr: Das, was die Sportler "Wechselzone" nennen - wo sie eben zwischendurch von reiner Körper- auf Pedalkraft und wieder zurück umsteigen -, ist eine riesige Fahrradstation. Zwischen Kennedybrücke und Europa-Passage reiht sich ein Renngefährt ans nächste. Nur ein paar blaue Dixi-Klos unterbrechen das Einheitsbild aus Alu und Carbon. Und natürlich Menschen: einige noch Richtung Ziel am Rathausmarkt hechtende und vor allem viele erschöpft daherschlurfende Menschen. "Hinterher ist man ziemlich fertig", kommentiert Julia Engel - eine von 9900 Jedermännern und -frauen an diesem Wochenende - das eher lahme Geschehen um sie herum. Es passt zur Stimmung hier am Ballindamm, die aktuell nicht wirklich eine ist: keine Anfeuer-Musik, kaum klatschende Zaungäste, dazu mäßig warmes Wolkenwetter. "Das war heute Morgen völlig anders", sagt Engel, die gerade an ihrem Rad ankommt, wo sie ihr Gepäck gelagert hat, und nun ihre Waschsachen auspackt. "Kurz vorm Start um 9 Uhr", sagt sie, "war hier Trubel pur: zig Sportler, alle nervös und aufgeregt, drum rum ein wildes Gewusel aus Fans, Ordnern und Reportern."

Selbiges wird gleich wiederkommen: Um 14.15 Uhr steht nämlich das Weltcup-Rennen der Profi-Frauen an. "Deshalb muss ich mich jetzt auch beeilen", sagt Julia Engel und geht strammen Schrittes Richtung Ausgang Alstertor. "Jetzt fix duschen und dann ab auf die Massagebank!"

Heute eingerechnet hat Julia Engel nun schon achtmal beim Hamburger Triathlon mitgemacht. "Man wird süchtig", sagt sie. Warum? Wegen der Gruppendynamik zum Beispiel. Wegen der Bilder, die man nie mehr vergesse - wie die ewig langen Fahrradreihen hier in der Wechselzone. "Das vor Augen, das spornt an, auch wenn man mal im Alltag einen schlaffen Moment hat." Außerdem sei da hinterher das super Gefühl, etwas Großes geschafft zu haben. Gerade hier in der Wechselzone, wenn man zum Schluss in Ruhe seine Sachen zusammenpacke, realisiere man das.

Ein Gefühl, das doch sicher etwas Eigenlob erlaube? "Klar", antwortet Julia Engel, "heute Abend gibt's ein Gläschen Wein. Und rauchen werde ich wohl auch mal wieder."