Der frühere Bundesligastar spricht im Interview mit dem Abendblatt über Machos, den nächsten deutschen WM-Gegner und Lira Bajramaj.

Hamburg. Er ist einer der bekanntesten ausländischen Fußballer, die jemals in der Bundesliga gespielt haben. Der Neuseeländer Wynton Rufer, Anfang der 90er einer der großen Stars bei Werder Bremen, genießt in Deutschland noch immer einen guten Ruf. In seiner Heimat fördert der frühere Stürmer in seiner Fußballschule "Wynrs" junge Talente. Rufer ist bekennender Befürworter des Frauenfußballs und war als Botschafter der neuseeländischen Nationalmannschaft zu Gast bei der Weltmeisterschaft in Deutschland. Das Abendblatt sprach mit dem 49-Jährigen über die WM, seine deutsche Lieblingsspielerin, die Probleme von Birgit Prinz und den kommenden Weltmeister.

Hamburger Abendblatt: Herr Rufer, erinnern Sie sich noch an die Fußball-WM der Frauen 1991?

Rufer: Ja klar. Das war in China. Neuseeland war auch dabei. Wir waren eines der besseren Länder, haben unser Potenzial aber nicht ausgenutzt.

Bei diesem Turnier schoss die Frauen-Nationalmannschaft Neuseelands ihr erstes WM-Tor überhaupt. Erinnern Sie sich noch an die Torschützin?

Rufer: Hmmh, da muss ich überlegen. War es Wendi Henderson?

Nicht ganz. Henderson ist die Rekordspielerin. Das Tor schoss Kim Nye. Aber den ersten Expertencheck haben Sie trotzdem bestanden.

Rufer: Ok, die nächste Frage bitte.

20 Jahre später gelang Neuseeland am Dienstag der erste WM-Punktgewinn überhaupt (2:2 gegen Mexiko, Anm. d. Red.). Was bedeutet dieser Erfolg für Ihre Nation?

Rufer: Frauenfußball in Neuseeland boomt. Wir haben eine tolle Presse bekommen. Die Spiele laufen bei uns um 4 Uhr nachts, trotzdem werden wir überall angesprochen.

Ein Fußballboom im Rugbyland?

Rufer: Seit November 2009, als sich Neuseeland für die Männer-WM qualifiziert hat, ist die Fußballeuphorie regelrecht ausgebrochen. Davon profitieren auch die Frauen. Vorher war hier tote Hose.

Auch in Deutschland ist die Begeisterung groß. Es gibt aber dennoch einige Fußball-Machos wie Ihren Ex-Mitspieler Mario Basler, die öffentlich rumtönen, Fußball sei nichts für Frauen. Was entgegnen Sie ihm?

Rufer: Mario kennt das nicht. Ich mache seit 13 Jahren Talentförderung auch für Mädchen. Annalie Longo und Rosie White, aktuelle Nationalspielerinnen, habe ich als Sechsjährige in meiner Fußballschule betreut. Die sind unheimlich talentiert und haben eine tolle Einstellung. Wenn jemand fragt, wer den Job von Nationaltrainer John Herdman übernehmen will, würde ich sofort den Arm heben.

Was können Frauen beim Fußball besser als die Männer?

Rufer: Frauen spielen fairer, nicht so böse wie die Banditen. Sie sind einfacher und dankbarer als die Männer.

Und technisch stärker?

Rufer: Man sollte die Frauen nicht mit den Männern vergleichen. Die physischen Voraussetzungen sind zu unterschiedlich. Die 100-Meter-Zeiten bei den Frauen sind schließlich auch langsamer als bei den Männern.

Sie waren beim WM-Eröffnungsspiel zwischen Deutschland und Kanada in Berlin im Stadion. Wie haben Sie die Atmosphäre empfunden?

Rufer: Das war sensationell. Über 70.000 Zuschauer. Was für eine Stimmung! Ich bin jetzt noch ganz aufgeregt.

Sie haben die neuseeländische Mannschaft zwei Wochen lang begleitet, waren in der Kabine im Kreis dabei, haben mit dem Team im Hotel gewohnt. War Ihre Frau Lisa nicht eifersüchtig?

Rufer (schmunzelt): Nein. Lisa kennt die Spielerinnen gut. Ich muss mir eher Sorgen machen, wenn die reichen Männer in Neuseeland bei ihr mit dem Ferrari vorfahren...

Deutschland spielt im Viertelfinale gegen Japan. Sie waren dabei, als Neuseeland in der Vorrunde gegen den kommenden deutschen Gegner knapp mit 1:2 verlor. Welche Tipps können Sie Bundestrainerin Silvia Neid geben?

Rufer: Japan ist das Barcelona des Frauen-Fußballs. Die lassen den Ball perfekt laufen. Wenn Du sie spielen lässt, schießen sie dich ab. Gegen größere Mannschaften wie England und Deutschland haben sie aber Probleme. Wenn alles normal läuft, hat Japan gegen Deutschland keine Chance.

Hätte Deutschland im Finale gegen Brasilien eine Chance?

Rufer: Die deutschen Frauen sind wie die Männer – eine Turniermannschaft. Sie hatten zu Beginn Probleme, aber der Erwartungsdruck ist unglaublich groß. Deutschland kann eigentlich nur verlieren. Aber wenn die Mannschaft ins Finale kommt, wird sie auch Weltmeister. Die Brasilianerinnen haben doch vor 70.000 Zuschauern die Hosen voll.

Haben Sie eine deutsche Lieblingsspielerin?

Rufer: Ganz klar Lira Bajramaj. Sie spielt wie eine Brasilianerin, kann alle Tricks. Bei mir hätte sie immer einen Stammplatz.

Und was ist mit Birgit Prinz?

Rufer: Auch sie leidet unter dem hohen Erwartungsruck. Aber im Finale kommt sie rein und macht das Siegtor.