Am Sonnabend steigt vor 45.000 Zuschauern in der HSV-Arena der Boxkampf des Jahres. Viele hoffen darauf, dass Wladimir Klitschko dem Sprücheklopfer David Haye endlich das Maul stopft. Doch für das Schwergewichtsboxen hätte genau das fatale Folgen.

Hamburg. Die Box-Ikonen Lennox Lewis und George Foreman sitzen am Ring, 500 Millionen Menschen fiebern vor dem TV mit, der Umsatz liegt bei 30 Millionen Euro: Mit dem „Kampf des Jahres“ zwischen Wladimir Klitschko und David Haye am Sonnabend (22.45 Uhr/RTL) stößt das Schwergewichtsboxen in neue Dimensionen vor. Doch im Anschluss droht ein schmerzhafter K.o..

Sollte der 35-jährige Wladimir Klitschko vor 45.000 Zuschauern in der HSV-Arena den historischen Sieg schaffen und erstmals in der Box-Historie eine Familie in den Besitz aller vier wichtigen Titel bringen, folgt im höchsten Limit die große Leere. Die Gegnerschaft wäre endgültig abgeschreckt, die Übermacht der Ukrainer zu groß. Ein echter Gegner ist auf Jahre nicht in Sicht.

Der frühere Champion Sven Ottke sieht die Entwicklung schon seit langem kritisch. „Da haben sich in den vergangenen Jahren zu viele dicke Männer getummelt, die gegen die Klitschkos nur deswegen in den Ring gestiegen sind, weil sie eine fette Börse kassieren konnten“, sagte der einstige Weltmeister der Berliner Morgenpost.

Die Klitschkos haben den Markt leer geboxt. Der talentierte Kubaner Odlanier Solis landete zuletzt nach seinem Kampf gegen Witali im Krankenhaus, der Nigerianer Samuel Peters steht nach seiner Pleite gegen Wladimir vor dem Karriereende. Die Ex-Weltmeister Nikolai Walujew und Ruslan Chagaev plagen sich mit Verletzungen herum. Die hoffnungsvolle Karriere von Olympiasieger Alexander Powetkin geriet ins Stocken.

So hoffen die Klitschko-Gegner auf einen Sieg von Haye, der auch anderen Kämpfern wieder Mut machen würde. Der Sohn eines Londoner Taxifahrers ist ein äußerst schneller Boxer mit eisernem Willen. Manchmal fehlt ihm der Killerinstinkt, dennoch glaubt Ex-Weltmeister und TV-Kommentator Lennox Lewis: „Wenn es einen Kämpfer in dieser Ära gibt, der Wladimir schlagen kann, ist das David Haye.“

Sollte der „Hayemaker“ nur halb so gut boxen wie er lästert, stünden seine Siegchancen nicht schlecht. In den vergangenen Monaten ließ der Brite keine Gelegenheit aus, seinen Gegner zu beschimpfen. Er nannte Klitschko einen „beschissenen Esel“ und „Kontroll-Freak“. Die Hand wolle er ihm erst nach der „Exekution“ geben, wenn Klitschko im Krankenhaus liege. Unvergessen sein geschmackloser Auftritt im April 2009, als er ein T-Shirt mit den abgeschnittenen Köpfen der Klitschkos trug.

Klitschko wollte das Duell um die verbale Vorherrschaft nicht kampflos verlieren und bemühte sich - manchmal ein wenig steif - um Konter. Mal nannte er Haye eine „Prinzessin“, dann ein „Großmaul“. Vielleicht kann sich der Olympiasieger von 1996 aber auch ein wenig mehr Zurückhaltung erlauben. Er ist bei den Buchmachern klarer Favorit. Der Sportwettenanbieter bwin zahlte im Falle seines Sieges eine Quote von 13,70 für 10 Euro Einsatz.

Zudem spricht die größere Erfahrung für den fünf Jahre älteren Wladimir. Der IBF- und WBO-Champion bestreitet am Samstag seinen 59. Profikampf, 55 seiner Fights hat er gewonnen. Widersacher Haye ist erst vor zwei Jahren aus dem Cruisergewicht ins höchste Limit aufgestiegen und hat insgesamt 25 seiner bisherigen 26 Profikämpfe (23 durch K.o.) gewonnen.

Am Ring nicht fehlen darf natürlich Wladimirs Bruder Bruder Witali, der nach den vielen Anfeindungen Haye am liebsten selbst vor die Boxhandschuhe bekommen würde. „David Haye ist überheblich, er ist arrogant, er zeigt vor keinem seiner Gegner Respekt. Man muss ihm schmerzhaft beibringen, wo die Show aufhört und wo der Sport beginnt“, sagte der WBC-Champion in einem Interview mit dem SID.