Auch Julia Görges steht in Wimbledon in der dritten Runde - historisches Debakel für die deutschen Herren

London. Die Herren mit dem schlechtesten Abschneiden seit 24 Jahren - die Damen im Dreierpack in Runde drei: In Wimbledon lässt nur das vermeintlich "schwache Geschlecht" die deutschen Fans jubeln. Während Sabine Lisicki, Julia Görges und Andrea Petkovic mit tollem Power-Tennis überzeugten, scheiterte der Bayreuther Florian Mayer am Donnerstag als letzter deutscher Profi. 6:1, 3:6, 2:6, 2:6 hieß es am Ende gegen den Belgier Xavier Malisse - das schlechteste Abschneiden seit 1987 war perfekt. "Wenn Mitte der ersten Woche kein Deutscher mehr dabei ist, ist das natürlich enttäuschend", bilanzierte der frustrierte Davis-Cup-Teamchef Patrik Kühnen.

Die deutschen Damen setzten hingegen ihren Höhenflug fort. Für die Überraschung des Tages sorgte dabei die Berlinerin Lisicki. Nach der Abwehr von zwei Matchbällen warf die 21-Jährige sensationell French-Open-Siegerin Li Na mit 3:6, 6:4, 8:6 aus dem Turnier und könnte allmählich zum Geheimtipp werden. "Das ist einfach nur Wahnsinn. Jetzt ist alles möglich", jubelte Lisicki, die wegen einer schweren Knöchelverletzung fast das gesamte Jahr 2010 verpasst hatte. Direkt nach dem Sieg ging sie vor Freude auf die Knie, vergoss Tränen des Glücks und wurde von den Zuschauern mit Standing Ovations gefeiert.

Zuvor hatte ihre Fed-Cup-Kollegin Görges beim 7:6 (12:10), 6:2 über die Französin Mathilde Johansson ihr neues Selbstbewusstsein demonstriert und einen Tag nach dem Zweitrundensieg von Petkovic den Aufwärtstrend im einstigen Boom-Land von Steffi Graf bestätigt. "Die Mädchen sind wirklich eine tolle Visitenkarte für den Deutschen Tennis Bund", sagte DTB-Präsident Georg von Waldenfels.

Ganz anders fällt das Fazit für die Herren aus. "Das ist natürlich ein sehr, sehr schwaches Gesamtbild", gab Mayer zu. Vor 24 Jahren hatte es als Letzte Titelverteidiger Boris Becker, Eric Jelen und Andreas Maurer in Runde zwei erwischt. Diesmal lag es an Deutschlands Nummer eins Mayer, das Debakel zu verhindern. Doch kraftlos, mutlos, ideenlos ging der 27-Jährige nach gewonnenem ersten Satz zu Werke. "Es ist eine meiner schlimmsten Niederlagen. Ich bin wahnsinnig enttäuscht. Das war einfach kläglich versagt", resümierte Mayer geschockt. Fast symbolträchtig, dass es Sekunden nach dem Matchball kurz zu regnen begann. Der Himmel weinte mit.

Für 13 Herren war damit spätestens nach Runde zwei Schluss. Keiner hätte mit einer derart desaströsen Bilanz gerechnet. Erst recht nicht, seit die DTB-Profis um Turniersieger Philipp Kohlschreiber noch vor elf Tagen in Halle groß aufgetrumpft hatten. "Das ist bitter. Umso mehr nach den guten Ergebnissen in Halle", sagte Kühnen.

Jubel herrschte hingegen bei den deutschen Fed-Cup-Assen. Vor allem Lisicki wurde für ihren Überraschungscoup über Li Na gefeiert. Zehn Tage nach ihrem Turniersieg von Birmingham sah die Deutsche schon wie die Verliererin aus. Doch weder zwei Matchbälle für Li Na beim Stand von 3:5 noch ein Break zum 5:6 konnten die Rasen-Spezialistin noch stoppen. Lisicki war heißgelaufen. Immer wieder feuerte sie sich an, beeindruckte mit kraftvollem Spiel und rang die Weltranglisten-Dritte aus China schließlich nach 2:11 Stunden nieder.

Vor zwei Jahren hatte sie an der Church Road das Viertelfinale erreicht. Diesmal scheint noch mehr möglich. "Das ist einfach toll", stammelte Lisicki. Ihre Gegnerin in der Runde der letzten 32 ist wieder eine Asiatin. Sie trifft am Sonnabend auf die Japanerin Misaki Doi.