Stefan Bradl kann seinen Triumph beim Motorrad-Rennen in Silverstone kaum fassen. Auch Jonas Folger gewinnt

Silverstone/München. Als Stefan Bradl am Pfingstmontag nach einem für Deutschland historischen Motorradrennen auf dem Münchner Flughafen landete, erwarteten ihn rund 20 Mitglieder seines Fanklubs. "Wahnsinn, was im Moment passiert, es ist alles wie im Traum", sagte der 21-Jährige. Er selbst hatte in Silverstone im sechsten Saisonrennen der Moto2 den vierten Sieg eingefahren und ist souveräner WM-Spitzenreiter.

Kurz darauf wurde der erst 17-jährige Jonas Folger trotz einer Virusinfektion in der Lunge zum jüngsten deutschen Grand-Prix-Sieger und schrieb gemeinsam mit Bradl deutsche Motorrad-Geschichte. Zwei Siege an einem Tag, das hatte es zuletzt am 26. Mai 1992 auf dem Hockenheimring gegeben. "Durch Ralf Waldmann und meinen Papa", weiß Bradl junior. Er selbst war damals noch nicht einmal im Kindergarten, Folger noch gar nicht auf der Welt.

"In Assen in zwei Wochen und vor allem auf dem Sachsenring wird nun richtig der Teufel los sein. Der Motorradsport in Deutschland hat einen großen Schritt gemacht", sagte der für das deutsche Kiefer-Team auf der deutschen Kalex fahrende Bradl. Der Sohn des Motorrad-Vize-Weltmeisters von 1991 in der 250cm²-Klasse, Helmut Bradl, sprach vom "stärksten Rennen meiner Karriere".

"Im Fahrerlager galt ich ja bisher eher als wasserscheue Katze", erzählte er: "Aber im Moment kommt einfach alles zusammen. Ich habe ein bombastisches Selbstvertrauen, ich fühle mich einfach wohl auf dem Motorrad und genieße jede Sekunde." Das hat ihm schon den Spitznamen "Motorrad-Vettel" eingebracht. "Da kann ich gut mit leben", sagte er schmunzelnd: "Es gibt derzeit einen richtigen Vettel-Hype im deutschen Motorsport. Vielleicht kann ich so etwas wie seine rechte Hand werden und ihn unterstützen, damit nicht alles auf ihm lastet."

Unterstützung in der öffentlichen Wahrnehmung bekommt der souveräne Formel-1-Weltmeister und WM-Spitzenreiter seit Sonntag auch vom 125er-Pilot Folger. "Ich kann es noch gar nicht fassen, was da heute passiert ist", sagte der gesundheitlich schwer angeschlagene Bayer aus Schwindegg: "Ausgerechnet nach diesem Wochenende zu gewinnen ist einfach unglaublich. Es wird noch eine Zeit dauern, bis ich das Gefühl richtig realisiert habe."

Erst seit der Nacht zum Sonntag fühlte sich der Teenager, der sich Medikamente aus der Clinica Mobile an der Rennstrecke besorgt hatte, nach seiner Virusinfektion "etwas besser, aber vollkommen gesund bin ich immer noch nicht". In der WM-Wertung liegt er nun auf Platz zwei, während der bisherige Zweite, Sandro Cortese, durch Rang sieben in England zurückfiel. "Ich hatte mehrere Rutscher in der ersten Runde, dann war gleich das Vertrauen weg", sagte Cortese: "Ich muss wieder zur alten Form zurückfinden, denn die Konkurrenz hat aufgeholt, und ich bin nur noch Vierter in der Gesamtwertung."

Das Podest in Assen sei nun das Ziel, sagte Cortese, auch erst 21 Jahre alt. Die deutschen Youngster sind mutig geworden. "Logisch, der Titel muss jetzt das Ziel sein", sagte Bradl, der Verhandlungen über seine sportliche Zukunft mit anderen Rennställen auf August vertagt hat. Er will sich voll und ganz auf den Titelkampf konzentrieren.

Am kommenden Wochenende wird Bradl einen Gaststart auf vier Rädern absolvieren. Beim VW Scirocco Cup im Rahmenprogramm der DTM will er auf dem Lausitzring starten: "Es ist eine Premiere für mich, mein erstes Autorennen. Ich möchte mal schauen, wie das mit vier Rädern klappt."