Der Hamburger Tennis-Profi Tommy Haas über sein letztes Comeback, sein junges Familienglück und seinen Rothenbaum-Zwiespalt.

Hamburg. Das ATP-Turnier in München war für Tommy Haas bereits am Dienstagabend nach seiner Auftaktniederlage im Doppel beendet. Trotzdem konnte man den gebürtigen Hamburger auch gestern auf der Anlage antreffen. "Ich bin hier medizinisch bestens versorgt", sagt Haas, 33. Nach 14-monatiger Verletzungspause hat die einstige Nummer zwei der Welt den ersten Belastungstest bestanden.

Abendblatt: Herr Haas, wie fühlen Sie sich am Tag nach Ihrem Comeback?

Tommy Haas: Im Großen und Ganzen gut. Es war eine wichtige Erfahrung zu sehen, wie ich so ein Match körperlich wegstecke. Die Schläge sind auf jeden Fall noch da. Aber es liegt noch ein gutes Stück Arbeit vor mir, damit die Hüfte wieder den Belastungen eines großen Turniers standhält. Ich bin auf dem richtigen Weg, jetzt ist Geduld gefragt.

Darin dürften Sie nach den vielen Verletzungen geübt sein. Es ist nicht Ihr erstes Comeback. Ist es das letzte?

Haas: Ich wollte noch einmal wissen, wie viel ich mit 33 Jahren noch aus meinem Körper herausholen kann. Wenn es in den nächsten Monaten ein einziger Kampf wird, fit zu bleiben, dann würde ich sicher irgendwann erkennen, dass es keinen Sinn mehr hat. Denn es ist mental sehr anstrengend.

Wann würden Sie sagen, dass sich diese Anstrengungen gelohnt haben?

Haas: Das werden die Resultate zeigen. Wenn man morgens nach dem Aufstehen zehn Minuten braucht, um sich wieder imstande zu fühlen, ins Badezimmer zu gehen, fragt man sich schon: Warum mache ich das noch? Wenn man andererseits dann auf dem Trainingsplatz steht und Bälle schlägt, denkt man daran, wie schön es wäre, bei einem großen Turnier dabei zu sein und gutes Tennis zu spielen. Mit ein bisschen Erfolg kommt auch der Spaß zurück.

Hat die Geburt Ihrer Tochter im November Ihren Plan zurückzukehren eher bestärkt oder Sie zweifeln lassen?

Haas: Ich habe unmittelbar nach meiner Hüftoperation erfahren, dass wir Eltern werden. Die Verletzung hat mir die Gelegenheit gegeben, das Leben von einer anderen Seite zu erfahren, was mir auf der Tour nicht vergönnt gewesen wäre. Das war mir sehr wichtig. Jetzt ist mein Ziel, dass mich meine Tochter einmal spielen sieht.

Ihr Vater hat Ihre Karriere sehr gefördert. Inwiefern ist er für Sie als junger Vater ein Vorbild, dem Sie nacheifern?

Haas: Nacheifern ist vielleicht das falsche Wort. Ich habe ihm - aber auch meiner Mutter - sehr viel zu verdanken, sie haben mich in diesen Sport gebracht, noch bevor Boris Becker 1985 Wimbledon gewonnen hat. Und sie haben meinen Wunsch unterstützt, mit 13 nach Amerika zu gehen. Man darf aber nicht vergessen, dass ich die letzten 20 Jahre ohne meine Eltern verbracht habe. Umso wichtiger ist es mir, jetzt in München zu sein, um ein bisschen von dem Versäumten nachzuholen.

Würden Sie es gern sehen, wenn Ihre Tochter eine Tenniskarriere anstrebte?

Haas: Ich werde versuchen, ihr verschiedene Sportarten näherzubringen. Sie soll Golf spielen, Tennis, Fußball, worauf immer sie Lust hat. Aber es gibt auch andere Dinge als Sport. Ich werde jedenfalls nicht alles daransetzen, dass sie den Tennisschläger in die Hand nimmt, weil ich weiß, wie hart der Weg nach ganz oben ist. Ich möchte nicht der Tennisvater sein.

Sie waren ganz oben. Wären Sie inzwischen auch mit weniger zufrieden?

Haas: Zu einem Grand-Slam-Titel wird es wohl nicht mehr reichen, wenn man sieht, wie Djokovic, Nadal und Federer spielen. Vor allem Federer hat mich bei großen Turnieren leider immer wieder gestoppt, die Verletzungen taten ein Übriges. Ich fange jetzt praktisch wieder bei null an. Die Top Ten sind kein Ziel für mich. Irgendwo auf diesem Planeten eine Trophäe hochzuhalten, das wäre es. Bisher habe ich zwölf Turniersiege, meine Glückszahl ist 13.

Müssen Sie Ihr Spiel dafür umstellen?

Haas: Das würde wohl nicht mehr klappen. Technologisch sind vielleicht noch Fortschritte möglich, man versucht schon mal, beim Spin oder Slice mehr aus dem Schläger herauszuholen. Aber so wie ein Djokovic in die Rückhand reinspringt - das kann ich nicht nachahmen. Das A und O ist, körperlich topfit zu sein, um immer gut zum Ball zu stehen, damit ich mein ganzes Repertoire an Schlägen abrufen kann. Dann kann ich vielleicht noch ein paar von den Jungs da vorn ärgern. Die langen Grundlinienballwechsel werde ich nach den vielen Verletzungen aber sicher nicht suchen.

Haben Sie Angst vor dem Karriereende?

Haas: Ganz und gar nicht. Ich habe mich mit dem Thema schon oft auseinandergesetzt. Es gibt viele Möglichkeiten, im Tennis involviert zu bleiben, als Experte etwa. Und ich möchte so viel Zeit wie möglich mit meiner Familie verbringen. Ich will ihr zum Beispiel unbedingt noch einmal Hamburg zeigen. Ich habe viel zu wenig Zeit in dieser Stadt verbracht, die ich immer noch am schönsten finde.

Wäre das Rothenbaum-Turnier im Juli nicht eine gute Gelegenheit?

Haas: Es kitzelt mich schon, wieder am Rothenbaum aufzuschlagen, nachdem ich dort gleich zu Beginn meiner Karriere einen meiner schönsten Erfolge feiern konnte - auch wenn es in den Folgejahren eher eine Achterbahnfahrt für mich war. Ich habe auch noch einen sehr guten Freund in Hamburg. Leider liegt der Termin zur Hartplatzsaison in Amerika, das macht es für alle problematisch, die nicht gerade Sandplatz-Wühler sind. Ich würde mir ein schönes Hallenturnier in Deutschland wünschen. Ich hoffe, es tut sich bald wieder etwas. Tennis ist so ein geiler Sport, der sollte hier wieder nach oben gebracht werden.