Die Fed-Cup-Spielerin aus Bad Oldesloe sicherte sich durch ein 7:6, 6:3 gegen Caroline Wozniacki ihren zweiten Turniersieg.

Stuttgart. Eine deutsche Tennisspielerin gewinnt ein WTA-Turnier - ein fast in die Vergessenheit geratenes Bild. Julia Görges ließ sich nach ihrem Überraschungscoup in den Sand von Stuttgart fallen - und durfte sich über eine 408 PS starke Belohnung freuen. Die Fed-Cup-Spielerin aus Bad Oldesloe setzte ihre beeindruckende Siegesserie auch im Finale des WTA-Turniers in Stuttgart fort und sicherte sich durch ein 7:6 (7:3), 6:3 gegen die Weltranglistenerste Caroline Wozniacki (Dänemark) ihren zweiten Turniersieg nach Bad Gastein 2010. Nach dem Hype um Andrea Petkovic in den vergangenen Wochen lehren die deutschen Spielerinnen der Weltelite dank Görges weiterhin das Fürchten.

Görges gelang durch ihren bislang größten Erfolg etwas, was Steffi Graf nicht geschafft hatte. Die frühere Branchenführerin hatte das Heimspiel nie gewinnen können. Zuletzt hatte Anke Huber 1994 beim Stuttgart-Vorgänger in Filderstadt triumphiert.

Görges zeigte vor 4800 Zuschauern erneut eine Galavorstellung. Die 22-Jährige, die am Montag auf Platz 27 der Rangliste erscheinen wird, erhielt für ihren Überraschungs-Coup ein Preisgeld von 111.000 US-Dollar sowie einen silberfarbenen Flitzer. Allerdings hat sie deshalb ein Luxusproblem. Görges: «Ich bin seit drei Monaten kein Auto mehr gefahren. Vielleicht sollte ich es erstmal wieder mit einem normalen Wagen probieren.» Im Halbfinale hatte die Schleswig-Holsteinerin am Samstag French-Open-Finalstin Samantha Stosur (Australien) mit 6:4, 3:6, 7:5 bezwungen.

Görges brachte die favorisierte Wozniacki, die in diesem Jahr bereits drei Turniere gewonnen hat, vor allem mit ihrem starken Aufschlag und den druckvollen Grundlinienschlägen in Bedrängnis. Die Deutsche behielt in den entscheidenden Phasen kühlen Kopf und nutzte nach 57 Minuten ihren zweiten Satzball, nachdem sie im Tie Break schon 6:2 geführt hatte. Danach stellte die Lokalmatadorin die Weichen durch ein frühes Break zum 2:0 auf Sieg.

Bereits bei der letzten Begegnung mit Wozniacki in Kopenhagen im vergangenen Jahr hatte Görges mit 5:3 im entscheidenden Satz geführt, aber dann dem Druck nicht stand gehalten. Diesmal wirkte die deutsche Nummer zwei hoch konzentriert und ließ sich auch durch vermeintlich leichte Fehler nicht aus der Fassung bringen.

Die formstarke Görges hatte zu Beginn des Jahres bereits das Halbfinale in Auckland erreicht. Bislang stand für die Weltranglisten-32. ein Turniersieg zu Buche: 2010 in Bad Gastein. Im Viertelfinale von Stuttgart waren Andrea Petkovic (Darmstadt), Sabine Liskicki (Berlin) und Kristina Barrois (Stuttgart) ausgeschieden. Es war aus deutscher Sicht beim Heimspiel trotzdem die beste Bilanz seit 27 Jahren.

Da Petkovic ab Montag unter den Top 15 auftaucht, stehen erstmals seit August 1999 zwei deutsche Spielerinnen unter den besten 30 der Welt. «Das ist eine tolle Sache. Alles hat beim Turnier in Stuttgart zusammengepasst, wie ein Puzzle», sagte Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner.

Görges besiegt Stosur

Die deutsche Überraschung Julia Görges und die Weltranglisten-Erste Caroline Wozniacki stehen im Traumfinale beim internationalen Hallen-Tennisturnier in Stuttgart. Die 22 Jahre alte Görges besiegte die australische Vorjahresfinalistin Samantha Stosur am Samstag mit einer Weltklasse-Leistung 6:4, 3:6, 7:5. Die Dänin zog am Abend mit einem 7:5, 6:3 gegen Agnieszka Radwanska aus Polen nach. „Ich bin einfach nur glücklich. Und ich habe morgen absolut nichts zu verlieren. Das ist ein Sahnehäubchen“, meinte die Fed-Cup-Spielerin aus Bad Oldesloe vor dem Endspiel am Sonntag (16.00 Uhr).

Die 20 Jahre alte Wozniacki, die in Stuttgart zuvor nie über die zweite Runde hinausgekommen war, spielt dann bereits um den vierten Turniersieg dieser Saison und den 16. Titel ihrer Laufbahn. „Ich freue mich auf dieses Match. Julia ist eine sehr gute Spielerin, kann hart schlagen und wird das gesamte Publikum hinter sich haben“, sagte sie. Für Görges ist das Finale des mit 721 000 Dollar dotierten Sandplatz-Wettbewerbs der größte Karriere-Erfolg neben dem Sieg von Bad Gastein und ihrer Endspiel-Teilnahme in Luxemburg (beides 2010).

Mit ihrer überragenden Leistung gegen die Weltranglisten-Siebte Stosur hat Görges die jüngste Erfolgsgeschichte der deutschen Tennis-Damen erst einmal weitergeschrieben. Sie ist die erste deutsche Spielerin seit Anke Huber 1996, die bei diesem Traditions-Turnier um den Titel spielt. Dazu wird die bisherige Nummer 32 der Welt durch diesen Erfolg erstmals zu den Top 30 der Weltrangliste gehören. Zwei deutsche Spielerinnen gab es in diesem Kreis zuletzt im August 1999.

Ausgelöst hatte diesen Aufschwung Andrea Petkovic, die durch ihre Erfolge bei den Australien Open (Viertelfinale) und in Miami (Halbfinale) schon bis auf Platz 19 des Rankings geklettert ist. Die Darmstädterin war am Samstag per SMS auch eine der ersten Gratulantinnen ihrer Freundin. „Jeder ist auf seine eigene Art motiviert. Aber zu sehen, dass Andi zuletzt all diese Top-Leute geschlagen hat, gab uns anderen Spielerinnen auch Mut“, sagte Görges. Beide zusammen hatten das deutsche Team am vergangenen Wochenende obendrein in die Weltgruppe des Fed Cups zurückgeführt.

Gegen Stosur spielte Görges „eines der besten Matches meiner Karriere“. Dabei war sie am Samstagmorgen um 07.00 Uhr von einer unangemeldeten Doping-Kontrolle aus dem Schlaf gerissen worden. Auf dem Platz ging die 22-Jährige immer wieder in die Offensive und verdiente sich viele Punkte durch spektakuläre Winner-Schläge.

Auch mehrere Rückschläge wie den Verlust des zweiten Satzes und eine zwischenzeitlich wieder verspielte 4:2-Führung im entscheidenden dritten Durchgang steckte sie gut weg. „Wenn man als deutsche Spielerin bei einem deutschen Turnier vor 4000 Zuschauern da unten steht, dann sollte man nicht aufgeben“, sagte Görges, nachdem sie in dieser hochklassigen, 2:15 Stunden dauernden Partie ihren ersten Matchball verwandelt hatte und vor Freude auf die Knie gesunken war.

Gegen die French-Open-Finalistin Stosur hatte sie 2010 in Tokio auch schon das erste Duell gewonnen. „Es ist für mich unglaublich, eine solche Spielerin schlagen zu können“, sagte Görges. Gegen die Petkovic-Bezwingerin Wozniacki ist ihre Bilanz dagegen negativ: Sie verlor beide bisherigen Spiele gegen die Nummer eins. (sid/dpa/abendblatt.de)