Mit Andrea Petkovic, Sabine Lisicki, Julia Görges und Kristina Barrois stehen gleich vier deutsche Damen beim Turnier in Stuttgart im Viertelfinale.

Stuttgart. Von einem Fräuleinwunder will Barbara Rittner in den traumhaften Tagen von Stuttgart nichts wissen. „Das ist kein Zufall. Es ist einfach so, dass momentan viele kleine Bausteine zusammenpassen“, sagte die Fed-Cup-Teamchefin Rittner. Dass der Durchbruch auf breiter Front ausgerechnet beim Heimspiel gelang, freut die 37-Jährige natürlich diebisch: „Ein tolles Gefühl. Es ist eine positive Welle, auf der die deutschen Tennisspielerinnen schwimmen. Und noch ist das Turnier ja nicht zuende.“

Angeführt von Hoffnungsträgerin Andrea Petkovic (Darmstadt) hatten vier deutsche Frauen das Viertelfinale der Sandplatz-Veranstaltung erreicht - so viele wie seit 27 Jahren nicht mehr. Da sich am Donnerstag Sabine Lisicki (Berlin) und Julia Görges (Bad Oldesloe) im direkten Duell gegenüberstanden, wird am Sonnabend zumindest eine deutsche Spielerin im Halbfinale stehen. Außerdem steht auch Kristina Barrois in der Runde der letzten Acht.

Sogar Steffi Graf hat im fernen Las Vegas die Erfolgsgeschichte vernommen und längst per SMS gratuliert. „Sie hat geschrieben, dass sie alles verfolgt hat und stolz ist“, berichtete Rittner, der derzeit täglich das Herz aufgeht. Am vergangenen Woche hatte ihr Quartett im Fed Cup mit einem Sieg gegen Rekordgewinner USA (5:0) den Weltgruppen-Aufstieg geschafft.

Was zusammen mit dem Hype um die zuletzt so erfolgreiche Petkovic dazu führte, dass die Rittner-Mädels die Weltelite ausgerechnet beim Heimspiel das Fürchten lehren. „Der Fed Cup hat eine große Rolle gespielt. Wir halten alle zusammen, das zahlt sich aus“, berichtete die Weltranglisten-32. Görges. Neid auf „Petko“ und den Rummel um sie, den gebe es nicht, sagte Görges weiter: „Andy hat sich das verdient. Und wir profitieren alle davon.“

Die deutschen Spielerinnen sind derzeit en vogue. Was Rittner dazu veranlasst, demnächst bei den zuständigen Herren den Wunsch nach einem zweiten deutschen Frauen-Turnier nachdrücklich zu untermauern. „Ich werde das Gespräch suchen. Jetzt wäre ein guter Moment für die entscheidenden Leute, darüber nachzudenken“, erklärte die frühere Profispielerin. Am Rande der Gerry Weber Open in Halle/Westfalen Anfang Juni will Rittner verbale Überzeugungsarbeit leisten.

Sportliche Argumente lieferten Petkovic und Co. in den vergangenen Tagen reichlich. Und die Darmstädterin fühlt sich ein bisschen als Triebfeder des jüngsten Aufschwungs. „Durch meine letzten Erfolge fühlen sich auch die anderen Mädels motiviert. Wir merken alle, gemeinsam können wir viel erreichen. Wir haben großes Potenzial“, sagte die Australian-Open-Viertelfinalistin und lobt die einzigartige Stimmung zwischen den jungen Frauen, die sie „meine Büchsen“ nennt. Mit einem Augenzwinkern, versteht sich.

Selbst die Trainingsspielchen untereinander haben fast schon therapeutische Wirkung. Dortige Siege gegen Petkovic stärken das Selbstvertrauen der Teamkolleginnen. „Sie merken dann, dass ich als Weltranglisten-19. gar nicht so weit weg bin von ihnen“, erklärte „Petko“. Nach dem Motto: Wenn wir eine schlagen, die schon die Weltspitze das Fürchten lehrt, können wir das auch.

Obwohl die Hierarchie in der deutschen Fed-Cup-Auswahl im Vergleich zu Mannschaften anderer Nationen relativ flach erscheint, ist „Klassensprecherin“ Petkovic der Kopf des Kollektivs. „Andy ist so etwas wie die Teamsprecherin. Sie ist das Bindeglied zwischen mir und den anderen“, sagte Rittner. (sid)