Heute beginnen in Garmisch-Partenkirchen die alpinen Ski-Weltmeisterschaften mit dem Duell Riesch gegen Vonn

Garmisch-Partenkirchen. Maria Riesch hat in den Tagen, die zu den erfolgreichsten ihrer Karriere werden können, einen unschätzbaren Vorteil. Die deutsche Ski-Olympiasiegerin muss sich während der alpinen Weltmeisterschaften in Garmisch-Partenkirchen nur ein paar Schritte vom Mannschaftsquartier entfernen, dann ist sie zu Hause. Daheim in einem Ort, in dem sie jeden Briefkasten kennt, und auf dessen Hängen und Pisten ihr jeder Meter "seit dem Skikurs als kleines Kind" vertraut ist. Von einem Heimvorteil mag die 26-Jährige aber trotzdem nicht sprechen, allenfalls nennt sie die Teilnahme an den Garmischer Skifestspielen ein "Privileg". Allein die Vorstellung einer Siegerehrung in ihrer Heimat bereitet ihr ein Gänsehautgefühl: "Vor so vielen Leuten, die ich kenne, zu jubeln, wäre etwas ganz besonderes. Vielleicht wäre es sogar vergleichbar mit Olympia."

Olympia ist das Stichwort, das in diesen WM-Tagen durch Garmisch geistert. An diesen Hängen sollen in sieben Jahren die olympischen Skiwettbewerbe stattfinden - sollte die Bewerberstadt München am 6. Juli in Durban den Zuschlag für die Austragung der Winterspiele 2018 erhalten. Gemeinsam mit Felix Neureuther, ebenfalls ein Einheimischer, trug Maria Riesch gestern Abend die deutsche Fahne ins Garmischer Skistadion. Um 18.44 Uhr erklärte Gianfranco Kasper, der Präsident des internationalen Skiverbandes Fis, unter den Augen von Bundeskanzlerin Angela Merkel die "Festspiele im Schnee" für eröffnet.

Merkel, die sich als Skifan outete, wünschte sich "mitreißende und unvergessliche Wettkampftage". Garmisch, so die Kanzlerin im Plausch mit Riesch und Neureuther, könne schon mal eine gute Visitenkarte abgeben. Allein die Eröffnung dürfte den Sportlern im Gedächtnis bleiben: Scheinwerfer strahlten in den Nachthimmel, tauchten das Olympia-Skisprungstadion in grünes und blaues Licht, untermalt von der Musik von Richard Strauss. Olympiasiegerin Katja Seizinger sprach von einer "Top-Bewerbung für 2018", Organisationschef Peter Fischer schwärmte gar: "Ich glaube, dass es ein Meilenstein in der Geschichte des alpinen Skisports ist."

Für ähnlich unvergessliche Momente auf den Pisten sollen in den kommenden beiden Wochen in erster Linie Maria Riesch und Lindsey Vonn sorgen.

Wenn am heutigen Dienstag um 11 Uhr (ZDF live) im Super-G der Damen die erste von elf Goldmedaillen vergeben wird, ist Maria Riesch gleich mittendrin. In fünf olympischen Disziplinen geht sie an den Start, Chancen auf Edelmetall hat sie in jeder. Heute wird sie mit Startnummer 17 ins Rennen gehen, ihre ewige Konkurrentin und Freundin, Titelverteidigerin Lindsey Vonn, zog die Nummer 22. Die Amerikanerin zeigte sich aber nach der ersten Besichtigung der Piste am Kandahar-Hang schockiert. "Das ist zu gefährlich, viel zu eisig", sagte sie über die Strecke, "wie eine Streif für Frauen". Wegen ihrer gerade überstandenen Gehirnerschütterung denkt sie über einen Startverzicht nach. "Ich werde nur fahren, wenn ich auch sicher runterkomme", ließ sie die Entscheidung offen.

Auch andere Läuferinnen äußerten sich kritisch. "Man fährt doch auf Schnee, nicht auf Eis", sagte die Österreicherin Anna Fenninger. Gina Stechert aus Oberstdorf, die mit Startnummer 30 antritt, sagte über den eisigen Streckenabschnitt "Hölle": "Da spiegelt man sich fast selber." Auch die deutsche Riesenslalom-Olympiasiegerin Viktoria Rebensburg bangt nach einer fiebrigen Erkrankung um ihren Start (mit Nummer 12). Nur Maria Riesch relativierte die Gefahr am steilen Hang. Sie nannte die Verhältnisse lediglich "sehr anspruchsvoll". Und: "Das ist auch gut bei einer WM."

Riesch gegen Vonn. Das Duell elektrisiert Tausende Zuschauer, Millionen vor den Fernsehgeräten und 1770 akkreditierte Medienvertreter aus aller Welt. "Ob es eine Rivalität ist oder eine Freundschaft - auf jeden Fall ist es sehr gut für den Sport", sagte Skipräsident Kasper. Der Schweizer erwartet eine "Rekord-WM" mit 69 Nationen. 31 Millionen Euro lassen sich die Veranstalter die alpine Leistungsschau kosten. Kasper hofft, dass das sonnenreiche Winterwetter auch noch die nächsten Tage anhalten möge. Schließlich hat es seit 1970 keine WM ohne Verschiebungen und Absagen gegeben.

Auch für die Hauptdarsteller soll sich das Spektakel lohnen. Zum ersten Mal werden bei alpinen Titelkämpfen Preisgelder vergeben. Fis und Veranstalter schütten 100 000 Schweizer Franken, etwa 77 000 Euro, an die besten sechs Einzelsportler und drei Teams jedes Wettbewerbs aus.