Moritz Fürste vom UHC und Alsters Alessio Ress haben eine Wohnung und ein Ziel. Sie wollen beide am Sonntag deutscher Meister werden.

Hamburg. Wie sie so dasitzen auf dem breiten Polstersofa, in Trainingshose und T-Shirt, da wirken Moritz Fürste und Alessio Ress wie zwei junge Männer, wie es sie zu Zehntausenden gibt in Deutschland. Ihr Blick ist auf den Flachbildfernseher gerichtet, Mittelpunkt ihrer 90-m²-Wohnung am Turmweg, und eigentlich würden sie jetzt lieber die Handball-WM schauen, als sich zu unterhalten. Aber Fürste, 26, und Ress, 24, sind eben nicht zwei unter Zehntausenden. Sie sind Hockeyspieler, sie haben an diesem Wochenende in Duisburg die Chance, Historisches zu schaffen. Und darüber ist zu reden.

Fürste spielt für den Uhlenhorster HC, Ress für den Club an der Alster. Seit einem Jahr bilden sie die einzige UHC-Alster-Wohngemeinschaft, zu der auch Benedikt Sperling gehört, der wegen beruflicher Verpflichtungen derzeit allerdings kaum für Alsters Erste Herren auflaufen kann. Wenn sie am Sonnabend bei der Endrunde um die deutsche Hallenmeisterschaft ihre Halbfinals gewinnen - der UHC gegen Feldmeister Rot-Weiß Köln, Alster gegen Titelverteidiger Mannheimer HC -, dann stehen sie sich am Sonntag (14.30 Uhr) im Endspiel gegenüber. Ein rein hamburgisches Finale gab es in der Halle erst einmal, 1996 in Ludwigshafen zwischen Alster und dem Harvestehuder THC. Kein Wunder also, dass beide von einer zweiten Auflage träumen.

"Allerdings sind wir gut beraten, uns erst einmal auf das Spiel Sonnabend zu konzentrieren. Das wird schwer genug", sagt Fürste. Sportler denken gern von Spiel zu Spiel, und tatsächlich sind die Gegner in den Halbfinals eine Klasse für sich, jede der Partien könnte auch ein Endspiel sein. Fürste, der für die Werbeagentur Kemper Trautmann arbeitet, und Jurastudent Ress wollen aber auch aus einem anderen Grund nicht viel über ihr mögliches finales Rendezvous sprechen: Weil sie grundsätzlich nicht über ihre Duelle reden. "Zum Glück ist Hockey bei uns selten ein Thema. Wir unterhalten uns viel über Sport, aber wenn es mal um Hockey geht, dann eher um die Konkurrenz", sagt Fürste. Natürlich gebe es ab und zu Anfragen von den Teamkollegen, wie es dann beim Rivalen so laufe, "aber mir liegt es fern, Mo auszuspionieren", sagt Ress.

Viel Neues würde dabei sowieso nicht herauskommen, beide Mannschaften kennen sich in- und auswendig. Zweimal spielten sie in der Nordgruppe der Hallen-Bundesliga in dieser Saison gegeneinander, einmal siegte der UHC, einmal gab es ein Unentschieden. Zusätzlich standen sie sich in mehreren Testspielen gegenüber, auch in dieser Woche soll es zur Vorbereitung ein weiteres Match geben. Dennoch glauben beide, dass der jeweilige Konkurrent immer noch das Potenzial habe, für eine Überraschung zu sorgen. "Die individuelle Klasse einiger Spieler ist so hoch, dass man sich nie perfekt auf sie vorbereiten kann", glaubt Ress. In Spielen auf Augenhöhe komme es auf die Tagesform an, auf die Torhüter, auf Standardsituationen. Deshalb sei für die Endrunde auch kein eindeutiger Favorit zu benennen.

Klar ist für beide nur eins: Sie wünschen sich gegenseitig den Finaleinzug, was bei dem Konkurrenzkampf in der Hockey-Hochburg Hamburg nicht selbstverständlich ist. "Schade wäre nur, dass so ein Hamburger Finale dann in Duisburg stattfindet", sagt Fürste. Man kann eben nicht alles haben.