Die skandinavischen Handballer wehren sich vor dem Länderspiel gegen Deutschland heute in Hamburg gegen düstere Prognosen

Hamburg. Für einen Tag schimmerte das goldene Zeitalter des schwedischen Handballs gestern noch einmal durch. Tomas Svensson, Ljubomir Vranjes, Johan Petersson und Magnus Wislander liefen gemeinsam für eine Weltauswahl beim "Big-Apple-Turnier" in New York auf. Das Gastspiel gegen eine Bundesliga-Auswahl soll den Amerikanern die Reize eines Sports näherbringen, in dem die vier gemeinsam mehrere Welt- und Europameisterschaften gewinnen konnten.

Typen wie sie könnten ihre einstigen Mitstreiter Ola Lindgren und Staffan Olsson gut gebrauchen. Gemeinsam sind sie als Trainergespann für die aktuelle schwedische Nationalmannschaft verantwortlich, die zehn Tage vor Beginn der WM im eigenen Land heute in der O2 World Hamburg gegen Deutschland ihr erstes Vorbereitungsspiel bestreitet (16.55 Uhr/ARD; Vorspiel um 15 Uhr: DHB-Fans gegen DHB-Allstars) und dabei vor einer unerfüllbaren Mission steht: Sie soll den Menschen zu Hause das Gefühl zurückgeben, ein Großer im Welthandball zu sein. "Man träumt noch von den alten Erfolgen", sagt der Jahrhunderthandballer Wislander, 46, "aber sie werden sich nicht wiederholen lassen."

Arne Elovsson lässt sich von solch düsteren Prognosen nicht entmutigen. Der WM-Chef hat sich vorgenommen, unabhängig vom Abschneiden der eigenen Mannschaft die "beste Meisterschaft aller Zeiten" zu organisieren. Er möchte das weniger als konkretes Ziel verstanden wissen, sondern vielmehr als Vision: "Jeder unserer 1200 Helfer soll im Kopf haben, das Beste zu geben." Wenn nach dem Finale am 30. Januar alle den Eindruck mit nach Hause nähmen, ein Turnier mit vielen Zuschauern und einer guten Atmosphäre erlebt zu haben, könne man zufrieden sein.

Die Kartennachfrage stimmt Elovsson zuversichtlich. Von 280 000 verfügbaren Tickets sind etwa 100 000 verkauft worden. Ziel sei allerdings eine durchschnittliche Zuschauerauslastung von 80 Prozent. Auch deshalb entschloss man sich frühzeitig, die Weltmeisterschaft auf das südliche Viertel des Landes zu konzentrieren. "Hier schlägt das Herz des Handballs", sagt Olsson. Zehn der zwölf Erstligisten kommen aus der Region.

Vor allem aber: Für potenzielle Fans aus Dänemark, Deutschland und Polen wird die WM fast mit einer Tagestour zu erreichen sein, wie Elovsson gern vorrechnet: "Von Hamburg gelangt man schneller nach Malmö als von Stockholm."

Die Hauptstadt, beim EM-Finalsieg gegen Deutschland 2002 noch Schauplatz des letzten großen Triumphs des schwedischen Handballs, steht diesmal im Abseits. "Leider ist unser Sport in Stockholm nicht groß", klagt Olsson. Daran konnten auch die drei Meisterschaften, die er als Trainer des Hauptstadtklubs Hammarby gewann, wenig ändern. Offenbar haben sich aber auch die Betreiber des Stockholmer Ericsson Globe, der einstigen Globenarena, bei den Verhandlungen mit den WM-Organisatoren verhoben. So jedenfalls könnte man Elovssons Einlassung verstehen, dass "unsere finanziellen Bedingungen in Malmö besser sind".

Zumindest ist der Ort der Finalrunde somit historisch unbelastet. Den Vergleich mit der ruhmreichen Ära hat die schwedische Mannschaft über Jahre wie einen Rucksack von Turnier zu Turnier geschleppt. Bei der EM in Österreich knickte sie bereits in der Vorrunde ein. Entlasten könnte wohl nur ein Überraschungscoup, wie ihn die Frauen im Dezember mit der EM-Silbermedaille eingeheimst haben. "Dieser Erfolg hat Handball in Schweden wieder auf die Landkarte gebracht", sagt Elovsson und fragt: "Warum sollten die Männer das nicht auch schaffen?" Nationaltrainer Olsson, 46, wüsste da ein paar Gründe. Der wichtigste: "Wir schaffen es als Mannschaft nicht, auf konstant hohem Niveau zu spielen." Genau das hat zu seiner aktiven Zeit die Stärke ausgemacht. Zwischen 1990 und 2002 haben die Schweden zwei WM- und vier EM-Titel gewonnen und dreimal das olympische Finale erreicht. Nur einmal haben sie in dieser Zeit das Halbfinale eines bedeutenden Turniers verpasst.

Seither waren sie nie wieder auch nur im Halbfinale. Diesmal traut es Wislander seinen Nachfolgern zu. Dass von den beiden besten Spielern der eine, Kim Andersson, nach einer langwierigen Verletzung noch nicht fit sei und der andere, sein Kieler Kollege Marcus Ahlm, gar nicht dabei, mache das Unterfangen schwierig. Übers Halbfinale mag Olsson daher gar nicht reden. Er und der gleichaltrige Lindgren hätten sich vorgenommen, "kurzsichtig zu arbeiten" und die Ziele je nach Punktzahl neu zu formulieren. Die Hauptrunde zu erreichen wäre schon mehr als bei der EM vor einem Jahr in Österreich, als man in der Vorrunde punktlos scheiterte. WM-Chef Elovsson hat sich längst damit versöhnt: "Seither weiß auch der Letzte in Schweden, dass wir nicht so gut sind wie früher."

Die Bundesligaauswahl mit Per Sandström und Stefan Schröder vom HSV gewann das Showmatch gegen die Weltauswahl vor 1000 Zuschauern 32:31.