Während die teuren Bankdrücker Mario Gomez und Anatoli Timoschtschuk in der Bayer- Krise helfen, gerät Martin Demichelis noch mehr ins Abseits.

München. Mario Gomez hat seine Chance genutzt. Für die Rückverwandlung vom verhöhnten Bankdrücker zum gefeierten Torjäger brauchte der Nationalspieler nur 70 Bundesliga-Minuten, in denen er erstmals drei Tore in einem Spiel für den FC Bayern München erzielte. „Fußball ist schnelllebig“, bemerkte Gomez nach seinem Dreierpack in der Bundesliga gegen Hannover. „Vor drei Wochen war ich hier weg vom Fenster, jetzt bin ich wieder mittendrin. Das genieße ich.“

Gomez, Timoschtschuk, Pranjic, Altintop, Ottl, Braafheid – die Bank- und Tribünenhocker werden beim Rekordmeister zu Helfern in der Not, erleben lange vermisste Spaßmomente. Die Verletzungsmisere macht's möglich – auch im Champions-League-Spiel am Dienstagabend gegen CFR Cluj war ohne Starkicker wie Robben, van Bommel, Ribéry und Klose wieder die zweite Garde gefragt. „Jetzt spielen die, die so lange gewartet haben. Sie können sich zeigen“, sagte Louis van Gaal.

Zum Beispiel Anatoli Timoschtschuk. Wie für Rekordeinkauf Gomez hatten die Bayern auch für den Ukrainer 2009 einen zweistelligen Millionenbetrag ausgegeben, aber noch bevor van Gaal als Trainer verpflichtet wurde. Gegen Hannover beeindruckte neben Gomez auch Timoschtschuk, und das sogar als Innenverteidiger. „Die sogenannte zweite Garde waren die besten Leute. Das war erste Garde, was sie abgeliefert haben“, sagte Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge entzückt und ergänzte zu Timoschtschuk: „Gut, dass wir ihn gehalten haben.“

Der Ukrainer, der im Mittelfeld nicht an Mark van Bommel und Bastian Schweinsteiger vorbeikommt, stand im Sommer zum Verkauf. Timoschtschuk sei ein Spieler „mit hoher Qualität und sehr gutem Charakter“, lobte Rummenigge: „Und er macht nie Zirkus.“ Dieser Zusatz ist bedeutend, denn ein großer Club wie der FC Bayern, der in drei Wettbewerben spielt, braucht einen großen, qualitativ hochwertig besetzten Kader mit Profis im zweiten Glied, die nicht aufmucken.

Nach dem Ausfall von Daniel van Buyten setzte van Gaal im Deckungszentrum nicht auf Martin Demichelis, sondern den gelernten Mittelfeldspieler Timoschtschuk. Der stolze Argentinier Demichelis hat es sich bei van Gaal verscherzt, mit divenhaftem Eigensinn und Fehlern wie als Einwechselspieler beim 0:2 in Dortmund. Sein Abschied naht – vielleicht schon im Winter. Zumal van Gaal auf Sicht in der Abwehr eher mit dem jungen Brasilianer Breno (21) plant, der nach seinem Kreuzbandriss bald wieder zur Verfügung stehen soll.

Vielleicht gehen die Bayern nach ihrer Sommer-Enthaltsamkeit im Winter nochmals auf Einkaufstour, um personelle Schwachstellen in ihrem Luxuskader auszumerzen. Notnägel wie Edson Braafheid oder Andreas Ottl könnten dann erneut ausgeliehen oder endgültig abgegeben werden. „Es geht derzeit nicht um Einzelschicksale“, wiegelte der gegen Hannover erstmals eingesetzte Mittelfeldmann Ottl noch ab.

Aber auch ein Reservisten-Job beim FC Bayern hat schöne Seiten. Doch Geld allein mache nicht glücklich, versicherte Gomez, der im Sommer auf dem Sprung zum FC Liverpool war. „Ich weiß es zu schätzen, dass ich beim vielleicht besten Club der Welt bin. Aber jedem macht Fußball nur Spaß, wenn er auch spielt. Wenn nicht, muss man eine Lösung finden.“ Den Ausfall und die Torflaute von Miroslav Klose (Muskelfaserriss) und Ivica Olic (Nasenbeinbruch) konnte er nutzen. Seinem neuen Glück traut Gomez jedoch anscheinend noch nicht: „Im Moment bin ich drin. Ich weiß aber auch, dass es genauso schnell wieder in die andere Richtung gehen kann.“