Ein Kommentar von Achim Leoni

Jean Todt hat der Formel 1 den epochalen Satz hinterlassen: "Let Michael pass for the championship." Der Franzose hat ihn 2002 in seiner Funktion als Teamchef von Ferrari in der letzten Runde des Großen Preises von Österreich seinem führenden Piloten Rubens Barrichello ins Cockpit gefunkt. Michael Schumacher durfte seinen Stallgefährten ungehindert überholen und am Ende Weltmeister werden. Der Automobil-Weltverband Fia nahm daraufhin den Paragrafen 39.1 ins Formel-1-Regelwerk auf: Er untersagt pauschal "Teamorder, die ein Rennen beeinflusst".

Acht Jahre später ist der Paragraf im ersten Stresstest zerschellt. Nachdem Felipe Massa in Hockenheim Teamkollege Fernando Alonso passieren ließ, musste Ferrari sogar den WM-Ausschluss befürchten. Stattdessen beließ es der Fia-Weltrat bei lächerlichen 100 000 Dollar als Strafe für den Wiederholungstäter - für mehr fehlten angeblich klare Beweise.

Das Urteil kommt einer Einladung an Nachahmer gleich. Es reicht, die Stallorder vage zu halten, und hinterher kauft man sich einfach frei. Im Titelkampf der Formel 1 geht es schließlich um sehr viel mehr Geld und notfalls etwas weniger Ehre. Und wird nicht auch im Radsport durch Stallregie manipuliert, ob es der Leistung des Einzelnen nun gerecht wird oder nicht? Die Fia hat der Teamraison die Vorfahrt vor der Moral gegeben. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, dass Todt inzwischen der Fia vorsitzt. Er kam übrigens zu dem Schluss, dass Ferrari "keine Schuld nachgewiesen werden konnte".