Geschäftsführer Gernot Tripcke über die Bedeutung des nördlichsten Standortes, den Fall Kassel und die Imageprobleme der DEL

Hamburg. In diesen Tagen dürfte es wenige Menschen geben, die den Saisonstart in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) so sehr herbeisehnen wie Gernot Tripcke. Der 42 Jahre alte Rechtsanwalt ist hauptamtlicher Geschäftsführer der Eliteklasse, und nach den Querelen um den Ausschluss der insolventen Kassel Huskies ist er froh, dass von Freitag an wieder sportliche Schlagzeilen geschrieben werden können. Dabei ist der Fall Kassel nur die Spitze einer Problem-Pyramide, die sich rund um die DEL aufgetürmt hat.

Auch die Frankfurt Lions mussten sich wegen finanzieller Probleme zurückziehen. Bei Meister Hannover Scorpions und Traditionsklub Kölner Haie gab es ebenfalls anhaltende Zukunftssorgen. Dazu kommen die stetig wiederkehrenden Diskussionen über den nur unklar geregelten Auf- und Abstieg und den in jedem Jahr geänderten Play-off-Modus. Kurz: Tripcke muss ein Produkt verkaufen, das in Sachen Image nur knapp oberhalb von Lehman-Wertpapieren rangiert. Das tut er jedoch mit großer Offenheit.

"Wir können nicht wegdiskutieren, dass wir in den vergangenen Jahren keine Planungssicherheit bieten konnten", sagt er. "Dieser Sommer war besonders hart, weil die Kassel Huskies uns einen Rechtsstreit aufgezwungen haben, der der Liga sehr geschadet hat." Dennoch sieht Tripcke in jenem Konfliktfall auch Positives. "Die Liga und der Verband standen in der Sache Kassel geschlossen beieinander, der Zusammenhalt wurde gestärkt", glaubt er. Auch der oft geäußerte Vorwurf, die DEL würde die Aufbruchstimmung der großartigen Heim-WM im Mai, die Deutschland auf Rang vier beendete, kaputt machen, sei an ihn nie direkt herangetragen worden. "Die meisten haben verstanden, dass wir für die Situation nichts konnten", sagt er.

Tripcke will die finanziellen Probleme einiger Klubs nicht beschönigen, dennoch wehrt er sich gegen den entstandenen Eindruck, dass dies ein auf Eishockey beschränktes Problem sei. "In allen Sportarten gibt es finanzielle Engpässe. Dass in einer Liga mit 14 Vereinen zwei oder drei Probleme haben, ist zu verkraften, wenn sie es letztlich schaffen, diese zu lösen", sagt er. Allerdings habe es im Eishockey der deutsche Meister schwerer als in anderen Sportarten. "Unser Titelträger hat durch den Erfolg nur Kosten. Prämien werden fällig, die Spieler fordern mehr Gehalt, aber es gibt keinen Europapokal wie im Fußball, der Einnahmen bringt." Deshalb würde Tripcke die Wiedereinführung einer Champions League begrüßen, sofern diese nicht mit den nationalen Wettbewerben kollidiert. "Für das Renommee der DEL wäre das wichtig, denn dann würde man sehen, dass wir uns in Europa mit Ausnahme der russischen KHL hinter keiner Liga verstecken müssen", glaubt er.

Die Ausgeglichenheit der DEL, in der in dieser Saison ein halbes Dutzend Teams zu den Titelkandidaten gezählt werden, sei die Stärke der Liga, die über eine feste Auf- und Abstiegsregelung laut Tripcke derzeit nicht diskutieren sollte. "Wenn wir garantieren könnten, dass immer der Letzte absteigt und der Zweitligameister aufsteigt, gäbe es kein Problem. Aber das hat wegen der fehlenden Rahmenbedingungen nie geklappt." Die in der Spielzeit 2006/07 eingeführten Pre-Play-offs, in denen sich die Teams auf den Plätzen sieben bis zehn um zwei Viertelfinalplätze streiten, hätten sich als Antwort auf die ohne Abstiegskampf fehlende Spannung etabliert. Sie sollen ebenso bleiben wie die Teamstärke der Liga, die Tripcke mit 14 richtig bemessen sieht.

Den Freezers wünscht der Ligachef nach dem sportlichen Totalumbruch, "dass die Fans den Klub wieder annehmen. Hamburg ist für die Außendarstellung der DEL ein enorm wichtiger Standort." Und die Außendarstellung kann nach diesem Sommer weitere Rückschläge kaum verkraften.